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"Duello d’Archi a Venezia" – "Duell der Bögen in Venedig". Musik der "vier Musketiere" der barocken Violine: Vivaldi, Veracini, Tartini und Locatelli. Mit Chouchane Siranossian und dem Venice Baroque Orchestra.

Bildquelle: alpha

Die Geigerin Chouchane Siranossian nennt sie im Booklet ihrer neuen CD "die vier Musketiere der Violine": Vivaldi, Veracini, Tartini und Locatelli. In Anspielung auf die Mantel-und-Degen-Akrobatik der beliebten Musketiere heißt daher das neue Album "Duello d'Archi a Venezia" – "Duell der Bögen in Venedig". Ein schönes Bild vom Geigenbogen als Waffe in einem musikalischen Wettkampf – denn so fassten es die berühmten Virtuosen der Barockzeit auch durchaus selbst auf.

Wettstreit der Virtuosen

Konzipiert hat Chouchane Siranossian das Programm zusammen mit Andrea Marcon und dem Venice Baroque Orchestra, das seit seiner Gründung vor über fünfundzwanzig Jahren quasi in diesem Repertoire zuhause ist. Das besondere an der CD ist nicht unbedingt die Auswahl der Komponisten, deren Werke inzwischen im Konzertleben und auf dem Tonträger-Markt mehr als etabliert sind. Das besondere ist dieser Fokus auf die barocke Liebe zum Duellieren, zum Wettstreit, zum Überbieten auch in der Musik. Das spiegelt sich jedoch kaum in den überlieferten Noten, die nur das blasse Gerippe einer barocken Aufführung abbilden, sondern offenbart sich erst in den improvisierten Kadenzen, die damals Fantasien oder Capricen hießen.

Extravaganz und Brillanz

Das Capriccio war das Florett der Geiger, mit dem sie ihre Konkurrenten ausstechen konnten, mit dem sie das Publikum verblüffen und schockieren konnten – eine Bühne für Extravaganz und Brillanz. Diese Bühne kann man heute oft nur erahnen, erschließen aus den überschwänglichen Berichten von Zeitgenossen. Aber zum Glück hat Pietro Locatelli in seiner Violinschule zwölf Konzerte mit ausnotierten Capricen eröffentlicht, die später auch Paganini zu seinen berühmten Solostücken anregten. Nach Locatellis Vorbild improvisiert Chouchane Siranossian die übrigen Kadenzen auf der Basis von Motiven, die sie sich aus dem überlieferten Schaffen der jeweiligen Komponisten herausgepickt hat – eine klasse Idee, zugleich nah an der Quelle, aber frei in ihrer eigenen künstlerischen Ausgestaltung.

Fliegende Bögen

Freilich: Wie langweilig wäre ein barockes Concerto mit einer bravourösen Solistin, wenn das Orchester nicht auf Augenhöhe agieren würde? Das Venice Baroque Orchestra zeigt in jedem Tutti, dass Virtuosität nicht auf das Solo beschränkt sein muss – virtuos ist alles an diesem Orchester von der Instrumentierung über die Balance im Klangkörper bis zur passionierten Spielweise. Auf dieser CD fliegen die Bögen, dass manchem Musketier mit Sicherheit vor Schwindel der Degen aus der Hand gefallen wäre.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 16. Juli 2023, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK