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Kostprobe | 19.06.2022 Spanische Orgelmusik von Francisco Correa de Arauxo

Vier CDs mit Orgelmusik von der Wende zwischen Renaissance und Barock, von einem völlig unbekannten spanischen Komponisten – das klingt wie ein Nischenprodukt für Nerds. Doch hinter dem klangvollen Namen Francisco Correa de Araujo verbirgt sich ein Genie, dessen Musik es mit den Orgelwerken Bachs aufnehmen kann.

CD-Cover: Francisco Correa de Arauxo: Libro de Tientos | Bildquelle: © Ricercar

Bildquelle: © Ricercar

Spanien um 1600: ein Weltreich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Kirche und Krone sind vereint, das Silber aus den Kolonien bringt Reichtum ins Reich: Das Goldene Zeitalter ist angebrochen. In Segovia hat Kaiser Karl V. eine riesige Kathedrale aus dem Boden stampfen lassen. Wie eine mächtige Burg überragt sie die Stadt. Ihr neuer Organist stammt aus Andalusien, und schon sein Name klingt wie Musik: Francisco Correa de Arauxo.

Für die spanische Orgelmusik ist Correa de Arauxo das, was Bach und Buxtehude für die deutsche Orgelmusik sind. Doch seine Spezialität sind nicht draufgängerische Toccaten mit virtuosem Pedalspiel, sondern die sogenannten Tientos: farbenreich funkelnde Stücke, wo in den Schnörkeln und Verzierungen das maurische Erbe noch nachhallt. Wo herbe Solostimmen den Weihrauchnebel durchbrechen wie ein Lichtstrahl die Dunkelheit.

Die spanische Barockorgel klingt ganz anders als die deutsche, sie ist auch anders gebaut. Ihr Markenzeichen: Es gibt oft nur ein Manual - aber man kann die obere Hälfte anders registrieren als die untere. Francicso Correa de Arauxo lässt daher in manchen Stücken die Oberstimmen singen, in anderen die Bässe virtuos jubilieren.

Sechs Orgeln und ein Virginal

Jahrelang ist der Organist Bernard Foccroulle durch Spanien gereist auf der Suche nach passenden historischen Instrumenten. Sechs Orgeln und ein Virginal hat er am Ende ausgewählt, deren Wurzeln bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen, jedes von ihnen mit einem ganz eigenen, wunderbar charaktervollen Klang. Foccroulle zieht nicht nur fantasievoll alle Register, sondern trifft genau den Geist dieser Musik mit ihren subtilen Verzierungen und Verästelungen und kostet die Dissonanzen auf den mitteltönig gestimmten Instrumenten aus wie ein exotisches Gewürz.

Entdeckungsreise durch das Goldene Zeitalter Spaniens

Dass die vier CDs nie langweilig werden, liegt nicht nur Foccroulles nuancenreichem Spiel, sondern auch am Ensemble InAlto unter der Leitung des Zinkenisten Lambert Colson. Die Bläser und Sänger bereichern die Porträt-CD durch eigene farbenreiche Arrangements - und durch Renaissancemusik, auf die sich Correa de Araujo in seinen Schriften bezieht. So ist diese Box weit mehr als eine weitere editorische Großtat des Labels Ricercar. Sie ist auch eine viereinhalbstündige Entdeckungsreise durch das Goldene Zeitalter Spaniens - voller Schönheit, Überraschungen und Glücksmomente.

Francisco Correa de Arauxo: Libro de Tientos

Bernard Foccroulle
Ensemble InAlto, Lambert Colson (Leitung)
Label: Ricerc

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 19. Juni 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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