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Die "Coronation Anthems", die Georg Friedrich Händel 1727 für die Krönung des englischen Königs George II. komponierte, zählen bis heute zu den besonders prachtvoll glänzenden Musikstücken für eine feierliche sakrale Zeremonie. Hervé Niquet hat die vier Krönungshymnen neu aufgenommen.

Zwei Frauenhände mit schlecht lackierten roten Fingernägeln halten eine kleine Blümchen-Tasse, in der eine Erdbeere schwimmt. Was, bitte, hat das mit Georg Friedrich Händels "Coronation Anthems", den Krönungshymnen, zu tun? Die Welt ist voller Rätsel. Keine Fragen zu Sinn oder Unsinn bleiben hingegen offen, wenn man die CD hört, die sich hinter diesem höchst unmonarchischen Cover-Foto verbirgt: Der französische Dirigent Hervé Niquet und sein Ensemble "Le concert spirituel" haben Händels "Coronation Anthems" neu eingespielt. Alle vier, dazu das "Dettinger Te Deum", einen weiteren Hit aus der Feder des deutsch-britischen Superstars.

"Was für eine Überraschung - eine göttliche Überraschung! Seit mehr als vierzig Jahren tauche ich mit Begeisterung in die Welt von Händel ein. Aber ich muss zugeben, dass die Aufnahmen rund um die Krönungshymnen mir eine weitere Lehrstunde in Sachen Energie und Vergnügen waren." So Hervé Niquet. Und genau diese Energie kann man deutlich spüren, wenn man zuhört, wie er eintaucht in Händels goldschimmernde Klangwelten voller Erhabenheit und Majestät.

Satt und prachtvoll

Der groß besetzte Chor und der üppige Orchesterklang suggerieren akustisch die Weite eines mächtigen Kirchenraums. Hervé Niquet nimmt sich Zeit, setzt auf große Linie, ohne allzu pastos oder gar langweilig zu werden. Sein Händel ist satt und prachtvoll, dabei aber bis ins Kleinste durchdacht. Ein weiteres Plus dieser Aufnahme: die gute Textverständlichkeit. Das alles ist nicht zuletzt auch Verdienst des Chores von "Le concert spirituel", der in Sachen Flexibilität keine Grenzen zu kennen scheint.

Vier Krönungs-Hymnen

Als im Oktober 1727 in London der englische König George II. gekrönt werden sollte, verfügte der Monarch nach seiner Proklamation, dass für die Zeremonie in Westminster Abbey kein Geringerer als Georg Friedrich Händel die Musik komponieren sollte, und zwar "... mit aller Pracht und Großartigkeit, die sich ersinnen lässt!" Händel, der im selben Jahr englischer Staatsbürger geworden war, schrieb daraufhin vier Krönungs-Hymnen, für jeden Teil der pompösen Zeremonie eine. Schon die Uraufführung bei der Krönung von George II. geriet zum Triumph. Danach war Händel endgültig der gefeierte Star, dessen Ruhm durch ganz Europa hallte.

Wie genau die bevorstehende Krönung von Charles III. in Westminster Abbey ablaufen wird, ist noch nicht genau bekannt - bis auf ein wichtiges Detail: Erklingen wird nämlich mindestens eines der Händelschen Coronation-Anthems. Denn das ist seit 1727 unumstößlicher Teil jeder Inthronisation in Merry Old England.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 6. November 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK