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Barock Unregelmäßige Perle

Die Etablierung der Oper und des instrumentalen Solokonzerts fallen in die Epoche des Barocks. Heute boomt die Barockmusik – dabei war der Begriff "Barock" anfangs negativ gemeint.

Frau spielt Viola da Gamba | Gabriel Metsu | Bildquelle: © Fine Arts Museums of San Francisco

Bildquelle: © Fine Arts Museums of San Francisco

Die etymologischen Wurzeln des Wortes "Barock" gehen auf Begriffe zurück, die allesamt negativ besetzt sind oder sein können: unregelmäßige, schiefe Perle, bizarr, missraten, absonderlich oder auch warzig. Im 18.Jahrhundert setzte sich "Barock" als Bezeichnung für die alte, vergangene Kunstepoche durch. Die Künstler der neuen Epoche, die wir heute Klassik nennen, grenzten sich somit gegen das Alte, gegen das Überkommene ab. Insbesondere die Verworrenheit in der Harmonik wurde von den Musikern als unschön betrachtet.

SCHWÜLSTIG, OPULENT, INNOVATIV

Etwa seit den 1920er Jahren wird "Barock" wertneutral als Epochenbegriff verwendet. In der Musik wird die Zeit etwa zwischen 1600 und 1750 als das barocke Zeitalter bezeichnet. Wie jede Einordnung, die in einer späteren Zeit über Vergangenes gestülpt wird, können auch diese beiden Jahreszahlen nur als ungefähre Anhaltspunkte angesehen werden.

Ende des 16. Jahrhunderts war der Ruf nach einer besseren Verständlichkeit der Kompositionen laut geworden. Die bisher vorherrschende Polyphonie verschleierte zuviel. Der Wunsch nach Einfachheit ließ die Monodie entstehen, eine einzelne Melodiestimme mit einfacher Begleitung. Diese wurde Bestandteil der Oper. Diese Abkehr von der alten Kompositionsidee und die Begründung der bis heute enorm wichtigen Gattung der Oper stehen am Anfang des Barock.

NEUE IDEEN

Als typisch barock gelten Gattungen wie das Concerto Grosso, Kammermusikformationen wie die Triosonate, die eben genannte Oper oder das Oratorium werden begründet. Die ersten großen Solokonzerte werden im Barock geschrieben. Die Tonartenunterteilung in Dur und Moll verdrängt die Kirchentonarten. Die Affektenlehre lässt Gemüts- und Erregungszustände deutlich hervortreten. Der Generalbass steht als wichtige grundsätzliche Idee im Mittelpunkt. Allerdings werden auch noch klassische Komponisten wie Haydn oder Mozart Werke in dieser Satztechnik schreiben.

Die Jahreszahl 1750 ist das Todesjahr Johann Sebastian Bachs. Mag Bach einer der letzten bedeutenden Komponisten sein, der in barocker Manier komponiert und sein Tod somit vielleicht den Schluss des Barocks markieren, so hat die darauffolgende Epoche längst begonnen. Seit den 1720er Jahren strebten einige Komponisten nach mehr Einfachheit in der Musik. Der Barock, an dessen Anfang eben dieser Wunsch gestanden hatte, sollte nach nicht einmal 150 Jahren genau diesen Wunsch wieder hervorrufen!

UND WIEDER: ES SOLL EINFACHER WERDEN!

Diesmal heißen die Früchte der Idee allerdings empfindsamer oder galanter Stil. Heute wird der Begriff "Barock" wertneutral verwendet. Glücklicherweise liegt es im Auge des Betrachters oder besser natürlich im Ohr des Hörers, ob Unregelmäßiges, Bizarres oder auch Schwülstiges als unschön empfunden wird. Oder ob man im Unvorhergesehenen und eben gerade nicht Glatten und Reinen etwas Aufregendes und Spannendes entdecken kann.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 21. August 2011, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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