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Das MAFestival Brügge Eine Pionierveranstaltung

Es ist eines der ältesten Alte-Musik-Festivals der Welt und überzeugt nicht nur mit großartigen Konzerten, sondern auch mit einer atemberaubend schönen Kulisse: Der Stadt Brügge in Westflandern, seit 2002 UNESCO-Weltkulturerbe.

Rathaus in Brügge | Bildquelle: colourbox.com

Bildquelle: colourbox.com

Die flämische Stadt Brügge - da denkt man an gotische Architektur, Pralinen, Nieselregen und Touristen. Doch in Brügge findet auch alljährlich im Juli oder August das MAfestival statt, ein Alte Musik-Festival, das - seinerzeit unter dem Namen Musica Antiqua - im Jahr 1964 von dem inzwischen verstorbenen Robrecht Dewitte gegründet wurde. Er erzählt:

"Jedes zweite Jahr hatten wir hier eine richtige Weltausstellung mit Malereien, und ab '62 war es nicht mehr möglich, die großen Gemälde für die Ausstellungen zu bekommen. Dann haben wir uns entschieden, ein musikalisches Festival anzufangen und in '64 haben wir zum ersten Mal ein Orgelfestival organisiert. Ein Jahr später haben wir zum ersten Mal eine Cembalowoche organisiert, mit einer Ausstellung, und wir hatten sechs oder sieben Aussteller, die meisten waren moderne Cembali, d. h. mit Pedal u. s. w. Nur einer war da, der Nachbauten historischer Instrumente gemacht hat." Robrecht Dewitte

HOCHKARÄTIGE MUSIKER VON ANFANG AN

In den folgenden Jahren konzertierten fast alle Pioniere der Alten Musik Szene in Brügge, und viele etwa der britischen Ensembles traten hier das erste Mal auf dem Kontinent auf. Dazu zog das Festival jedes Jahr mehr Besucher, zunehmend auch aus dem Ausland an, die hier ganz neue Hörerfahrungen machten: Etwa mit einem Countertenor.

"Zum ersten Mal war das Alfred Deller. Die haben sich angekuckt, sie haben gelacht und so weiter. Ein Jahr, zwei Jahr später war das noch so, aber dann hat man sich damit versöhnt, und das war kein Problem mehr." Robrecht Dewitte

NACHWUCHSFÖRDERUNG

Von Anfang an veranstaltete man in Brügge während des Festivals auch eine Instrumentenausstellung und einen Wettbewerb für den Nachwuchs in der Alten Musik - abwechselnd für Cembalo, Orgel, Ensembles und Solisten. Dieser entwickelte sich bald zu einer wahren Kaderschmiede der Szene: Als Juryvorsitzender für die Cembalisten fungierte seit der ersten Edition der legendäre Gustav Leonhardt; und Musiker, wie Ton Koopman, Christophe Rousset, Masaaki Suzuki oder Andrea Marcon gewannen hier einen Preis und starteten ihre internationalen Karrieren.

ALTE MUSIK NEU DEFINIERT

Bis heute kann man in Brügge allsommerlich die Größen und auch diverse Neuentdeckungen der Szene in Aktion erleben. Doch auch in der Alten Musik wandeln sich die Zeiten: Stefan Dewitte, der Sohn von Robrecht, streute als Festivalchef zwischen 2004 bis 2007 bereits behutsam ein wenig neueres Repertoire ins Programm ein, und für seinen Nachfolger Tomas Bischop ist die zeitgenössische Musik nun - in Zeiten, in denen historische Aufführungspraxis in Belgien ja selbst für Beethoven, Bruckner oder Debussy zur Normalität geworden ist - ein Muss. Aber natürlich nicht wahllos, sondern stets mit Bezug zur Alten Musik:

"Was ist Alte Musik heute, im 21. Jahrhundert, wie gehen Musiker, wie gehen heutige Komponisten damit um? Das steuern wir auch aktiv und vergeben Kompositionsaufträge für Stücke, die auf Werken des 17., 18. Jahrhunderts basieren, mit dem Instrumentarium dieser Zeit arbeiten, oder auf damalige Formen zurückgehen. Damit versuchen wir, mehr zu bieten, als nur Konzerte: Wir wollen die Alte-Musik-Bewegung wirklich lebendig erhalten." Tomas Bischop

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 7. August 2011, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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