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16. August 1841 – Anton Bruckner ärgert sich Nur ein "gut" im Orgelspiel

Linz, 16. August 1841. Anton Bruckner bekommt sein Schullehrer-Zeugnis. Bruckners Wangen glühen. Stolz nimmt er das Zeugnis entgegen. Er wird Schullehrer – genau wie sein Vater. Wenn der das noch erlebt hätte! Er wäre bestimmt stolz auf ihn. Zurecht, denn Anton Bruckner hat zusammen mit nur zwei von insgesamt 22 Lehramts-Kandidaten die große Abschlussprüfung bestanden – gleich beim ersten Mal. Und sein Zeugnis kann sich sehen lassen: Vierzehn Mal die Note "gut", neun Mal sogar "sehr gut" – unter anderem in Rechtschreibung, Religion und Sittenlehre.

Anton Bruckner, Foto, 1863 | Bildquelle: picture alliance / akg

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Die Sendung zum Anhören

Aber Bruckner selbst ist nicht zufrieden. Etwas wurmt ihn gewaltig: Ausgerechnet in seiner musikwissenschaftlichen Prüfung im Fach Orgel hat Bruckner eine zwei bekommen. Dabei ist das, was man als angehender Trivialschul-Lehrer können muss, lächerlich. Bruckner ist mit seinen knapp 17 Jahren bereits ein Meister auf dem Instrument! Sehnsüchtig denkt er an die große Orgel von St. Florian, wo er in seiner Zeit als Chorknabe spielen durfte. Wie hatte er die Pfeifen aufbrausen lassen! Die verrücktesten Improvisationen ausprobiert! Und sich in den majestätischen Klangwolken dem Göttlichen näher gefühlt als je zuvor! Ob Bruckner damals schon geahnt hat, dass die Orgel weit mehr war als ein Hobby? Sein Schicksal?

Frondienst in Windhaag

Die Note "gut" will Bruckner jedenfalls nicht auf sich sitzen lassen. Im Moment bleibt ihm aber nichts anderes übrig. Er muss nach Windhaag, um dort seinen Dienst als Schulgehilfe anzutreten. Eine harte Zeit, in der er neben dem Unterrichten auch Rasenmähen und Schneeschippen muss. Die wenige Freizeit verbringt Bruckner an der Orgel oder brütet über seinen Kompositionen.

Revanche nach vier Jahren

Vier Jahre später bietet sich die Gelegenheit zur Revanche: Bruckner erscheint erneut vor der Prüfungskommission. Diesmal zieht er buchstäblich alle Register. Er improvisiert derart virtuos über zwei ihm gestellte Themen, dass selbst sein ehemaliger Orgellehrer Johann August Dürrnberger ganz nachdenklich wird. Selbstverständlich wird die Zeugnisnote in "sehr gut" korrigiert. Und Bruckner? Ist zufrieden und geht zurück in die Schule, um den Kindern die ersten Buchstaben beizubringen. Es soll noch etliche Jahre dauern, bis er endlich den Mut aufbringen wird, seiner wahren Bestimmung zu folgen.

Ein Orgelstück des ganz jungen Anton Bruckner (1837)

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Bruckner - Präludium Es-Dur (Roman Jungegger, Orgel) | Bildquelle: NewAmadeus (via YouTube)

Bruckner - Präludium Es-Dur (Roman Jungegger, Orgel)

Was heute geschah

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Sendung: "Allegro" am 16. August 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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