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6. Juni 1880 - Eine Drahtseilbahn für den Vesuv "Funiculì, Funiculà" - nur ein Werbegag?

Wo immer man hinsieht und hinhört – nichts als Reklame. Im Jahr 1886 steht der junge Richard Strauss am Fuß des Vesuvs, und ganz Neapel singt eine schwungvolle Melodie im typischen Sechsachteltakt. Strauss ist der Meinung, es handele sich um ein Volkslied, und weil er mit so etwas zuhause die deutschen Spießer provozieren kann, nimmt er die Melodie in seine symphonische Fantasie "Aus Italien" auf. Aber Strauss hat sich geirrt.

Aufzugsbahn zum Krater des Vesuvs, Fotografie um 1880 | Bildquelle: picture-alliance / akg-images

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Was heute geschah zum Anhören

"Funiculì, Funiculà" ist gar kein Volkslied, sondern Werbung – ein Reklamelied für eine Seilbahn auf den Vesuv. Der Weg hinauf zum Krater ist nämlich mühsam. Und so waren eines Tages ein paar Unternehmer in Neapel auf die Idee gekommen, für die Touristen eine Standseilbahn bauen zu lassen – von unten bis fast ganz nach oben. Dafür haben sie sich ein raffiniertes Pendel-System ausgedacht: Der Wagen, der abwärts fährt, zieht seinen 'Kollegen' an einem dünnen Stahlseil nach oben. "Funicolare" nennt man das in Italien; von lateinisch "funis" – das Seil, "funiculus" – das dünne Seil und "funicolare" – die Bahn am Seil.

Einweihung stößt auf Skepsis

Am 6. Juni 1880 wird die "Funicolare del Vesuvio" in Neapel eingeweiht. Den Leuten jedoch gefällt sie überhaupt nicht. Den Vesuv zu befahren, ist unromantisch. Und die Bergführer haben Angst, sie könnten arbeitslos werden. Aber die Seilbahngesellschaft weiß Abhilfe: Musik – die zieht immer. Peppino Turco und Luigi Denza, beide Neapolitaner, schreiben einen Schlager, der wie ein Volkslied klingt.

Funiculì, Funiculà – ein fantastisches Werbelied

"Gestern Abend, mein Mädchen, bin ich raufgefahren, bis ganz nach oben, wo das Feuer brodelt und wo dein schnödes Herz mich nicht mehr kränken kann. Ohne einen Schritt zu tun, fährt man jetzt den Berg hinan, wie der Wind fahren wir, funiculì, funiculà, und jetzt, mein Mädchen, sei so gut und heirate mich."

Ein fantastisches Werbelied: Ganz Neapel singt es, der Verlag Ricordi verkauft etliche Millionen davon, und mit einem Mal hat niemand mehr was gegen die Seilbahn einzuwenden. Richard Strauss dagegen, heißt es, sei vom Verlag Ricordi wegen Plagiats verklagt worden. Angeblich hat er einen Teil seiner Tantiemen von "Aus Italien" an Denza und seinen Verlag abgeben müssen. Ob das wirklich stimmt, weiß man aber nicht so recht.

Richard Strauss: Ausschnitt aus der Symphonischen Fantasie "Aus Italien", op. 16

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