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24. Oktober 1968 – Das Rockmusical "Haare" wird uraufgeführt "Hair" macht in München Furore

München, 24. Oktober 1968. Langhaarige, Barfüßige, Friedensbewegte Hippies mit Glocken-Jeans, Fransenweste und Stirnband im Haar belagern die Bühne im Theater an der Brienner Straße in München. Sie singen über Drogen oder die Freude am Sex und liefern gleich noch ein paar Praxistipps, zum Beispiel im Song "Sodomie".

Plakat für die Aufführung des Rockmusicals "Haare" 1968 in München | Bildquelle: PR

Bildquelle: PR

Die Sendung zum Anhören

Das Musical "Haare" ist ein Exportschlager aus Amerika. Mitten im Vietnamkrieg 1968 geht "Hair" an den Broadway. Und auch wenn Leonard Bernstein es so schlecht findet, dass er den Saal verlässt – das Ganze geht ab wie eine Rakete und bringt es auf mehr als 1800 Aufführungen. "Hair" trifft das Lebensgefühl der Zeit und streift so ziemlich alle Themen, die damals anstanden: Rassismus, Vietnamkrieg, Gewalt in der Familie, Umweltzerstörung, Armut. Die Story – geschrieben von zwei Mittzwanzigern in einem Theaterworkshop – setzt all dem die Vision von einem fröhlichen, friedvollen, freien Flower Power Leben entgegen. Und Galt MacDermot haut mal eben 40 Hits dazu raus.

Revue oder zeitkritisches Theater?

Aber: Nackerte auf der Bühne – das ist zu viel für die bayerischen Sittenwächter. Sie wollen das Musical kippen. Also stufen sie es als Revue ein und die bedarf laut dem bayerischen Landesstraf- und Verordnungsgesetz der behördlichen Genehmigung. So leicht lassen sich die Produzenten Werner Schmid und Regisseur Bertrand Castelli natürlich nicht abspeisen. Sie sehen "Haare" als eine ganz neue Gattung: zeitkritisches Popmusiktheater.

Unter der Gürtellinie geht nix

Was dem Bayer nicht schmeckt, frisst er aber nicht. Und deswegen schickt die Stadt München Bußgeldbescheide und droht damit, den Laden zuzusperren. Am Ende heißt es: Decke drauf! Die Schauspielerinnen und Schauspieler dürfen sich nur unter einer Decke wälzen und die ist beschriftet: "Zensiert!" steht da drauf. Eine 20 Sekunden dauernde Nacktszene wird auch ziemlich zurechtgestutzt: Unter der Gürtellinie geht da gar nix. Nicht mal im Wassermannzeitalter, das im Song "Aquarius" beschworen wird.

Donna Summer bleibt in München

Discoqueen Donna Summer singt dieses Lied. Sie zieht als 19-Jährige extra für diese Uraufführung der deutschen "Hair"-Fassung aus Amerika nach München und bleibt hier. Da hatten dann nicht mal die bayerischen Sittenwächter was dagegen.

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Schweben Im Raum  - Donna Summer clip Hair 1969 Germany | Bildquelle: rikymira1 (via YouTube)

Schweben Im Raum - Donna Summer clip Hair 1969 Germany

Was heute geschah

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Sendung: "Allegro" am 24. Oktober 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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