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Was heute geschah – 11. September 1825 Eduard Hanslick wird geboren

Prag, 11. September 1825: Eduard Hanslick wird geboren. Er wurde zum wahrscheinlich einflussreichsten, sicher aber gefürchtetsten Musikkritiker des 19. Jahrhunderts.

"Eduard Hanslick belehrt Richard Wagner, wie man komponiere". Scherenschnitt von Otto Böhler . | Bildquelle: picture alliance / akg

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Bild: "Eduard Hanslick belehrt Richard Wagner, wie man komponiere". Scherenschnitt von Otto Böhler.

"Schlagt ihn tot den Hund, es ist ein Rezensent!" Goethe wusste, wie man mit kritischem Gesindel umzugehen hat. Sein wenig zartfühlender Ratschlag ist sicher auch so manchem Komponisten aus dem Herzen gesprochen. Eduard Hanslick jedenfalls, der brillanteste und mächtigste Musik-Kritiker des 19. Jahrhunderts, hat sich nicht nur beliebt gemacht. Schließlich konnte er austeilen – und zwar nicht nur mit dem Florett, sondern auch mit dem Säbel. "Tschaikowskys Violinkonzert bringt uns zum ersten Mal auf die schauerliche Idee, ob es nicht auch Musikstücke geben könnte, die man stinken hört", heißt es etwa über ein Werk, das heute zu den beliebtesten Instrumentalkonzerten überhaupt gehört.

Wagner schlug zurück

Bruckners 7. Symphonie erging es kaum besser: "Ich bekenne unumwunden, daß ich über Bruckners Symphonie kaum gerecht urteilen könnte, so unnatürlich, aufgeblasen, krankhaft und verderblich erscheint sie mir", giftete der Kritiker. Auch Richard Wagner wurde oft genug zur Zielscheibe für Hanslicks spitze Feder. Und Wagner schlug zurück – nicht ganz so martialisch, wie von Goethe scherzhaft empfohlen, aber äußerst wirkungsvoll. Die Gestalt des penibel auf die Regeln pochenden Sixtus Beckmesser aus den "Meistersingern" sollte ursprünglich Hans Lich heißen. Das Publikum verstand auch ohne diesen Wink mit dem Zaunpfahl, wer mit Beckmesser gemeint war.

Der Inhalt der Musik sind tönend bewegte Formen.
Eduard Hanslicks Credo

Oft zitierte Streitschrift

Der Musikkritiker Eduard Hanslick | Bildquelle: picture alliance / akg Eduard Hanslick | Bildquelle: picture alliance / akg Hanslick revanchierte sich auf seine Weise: Er schrieb eine sorgfältig formulierte, klug abwägende Kritik der "Meistersinger" – ohne den Angriff auf seine Person mit einem Wort zu erwähnen. Überhaupt verstand sich der Kritikerpapst durchaus aufs Differenzieren – und wusste wie kaum ein Zweiter, wovon er sprach. Schließlich hatte er sich mit seiner Streitschrift "Vom Musikalisch-Schönen" habilitiert; 1861 wurde er zum Professor für Geschichte und Ästhetik der Tonkunst an der Wiener Universität berufen. Die zentrale These des Buches wurde zum geflügelten Wort: "Der Inhalt der Musik sind tönend bewegte Formen".

Brahms als Vorbild

Das zielte gegen die Programm-Musik, wie sie Liszt und die sogenannte Neudeutsche Schule vertraten. Musik, darauf beharrte der traditionsbewusste Eduard Hanslick, soll nicht Romane erzählen oder Bilder malen, sondern nur mit ihren ureigenen Mitteln wirken. Exemplarisch verwirklichte das Hanslicks Freund Johannes Brahms. Dieser Parteienstreit ist heute Geschichte. Aktuell bleibt Hanslicks Anspruch auf eine fundierte Musikkritik, die ihre Urteile mit Argumenten begründet – und ganz nebenbei auch noch ihre Leser zu unterhalten versteht. Es hat schon seinen Grund, dass ausgerechnet Beckmesser die farbigste und interessanteste Gestalt der "Meistersinger" ist.

WAS HEUTE GESCHAH

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

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