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Was heute geschah - 29. Juni 1941 Ignacy Jan Paderewski stirbt

Er war eine faszinierende Bühnenerscheinung, tourte durch Europa und die USA und wusste sowohl auf dem Konzertpodium wie auch am Rednerpult zu überzeugen: der polnische Pianist, Komponist und Staatsmann Ignacy Jan Paderewski. Vor 75 Jahren starb er in New York.

Der polnische Pianist, Komponist und Politiker Ignacy Jan Paderewski in einer zeitgenössischen Aufnahme. Als einer der bedeutensten Klaviervirtuosen seiner Zeit gab er Konzerte in Europa und Amerika.  | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Pianist, Komponist, Staatsmann

Paderewski hatte ein strapaziöses, produktives, vor allem aber rastloses Leben hinter sich. 80 Jahre alt wurde er. Sein Werkkatalog umfasst eine international erfolgreiche Oper, mehrere Bände mit Klaviermusik, Symphonisches und Lieder. In den 20er Jahren fährt er mit einem eigenen Eisenbahnwaggon quer durch Europa und die Vereinigten Staaten. Zu seinen besten Zeiten kommt er auf an die 200 Konzerte pro Jahr, stets gefolgt von Empfängen, Reden, Dinners. In den seltenen Erholungsphasen zieht er sich auf seine amerikanische Ranch oder die herrschaftliche Villa in der Schweiz zurück, wo er Hof hält wie ein Monarch der Musik.

Faszinierende Bühnenerscheinung

Eine faszinierende Bühnenerscheinung muss er gewesen sein. Die erhaltenen Plattenaufnahmen geben angeblich nur einen schwachen Widerschein seiner magnetischen Ausstrahlung auf dem Podium. Als Pianist kannte er technisch offenbar keine Grenzen, als Interpret ignorierte er sie:

Es geht nicht um das, was geschrieben steht, sondern um das, was musikalisch Wirkung macht.
Ignacy Jan Paderewski

Dass er ziemlich selbstherrlich mit Tempo und Dynamik umging und auch vor weitgehenden Eingriffen in den Notentext nicht zurückschreckte, verzieh ihm sein Publikum, hypnotisiert von seiner Ausstrahlung. Mit der wirkte Paderewski auch auf dem Rednerpult. Eine umjubelte Ansprache zum 100. Geburtstag von Frédéric Chopin im Jahr 1910 brachte ein außergewöhnliches rhetorisches Talent an den Tag. Von da an widmete er sich mehr und mehr der Politik.

Botschafter des polnischen Volkes

Paderewski wurde zu einer Art Botschafter des polnischen Volkes, das bis 1919 von fremden Mächten beherrscht wurde. Könige und Minister empfingen ihn. Mit dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson schloss er persönliche Freundschaft. 1917 setzte dieser beim Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg die Unabhängigkeit Polens auf die Liste der amerikanischen Kriegsziele. Zwei Jahre später war es soweit. Paderewski, der Vorkämpfer der polnischen Freiheit, wurde zum ersten Ministerpräsidenten und gleichzeitig zum Außenminister der neu geborenen Republik berufen. Er verhandelte in Paris und unterschrieb für sein Vaterland den Versailler Vertrag. Wenige Wochen später trat er zurück.

Rückkehr aufs Konzertpodium

Desillusioniert von den Intrigen der politischen Bühne kehrte Paderewski aufs Konzertpodium zurück. Die Nachricht vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erreichte ihn während einer Tournee durch die USA. Als Paderewski dort 1941 starb, war Polen erneut unterjocht. Und die Zeit, in der Konzertpianisten auf Anhieb ein offenes Ohr bei den Mächtigen dieser Welt fanden, war endgültig vorüber.

Was heute geschah

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