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BR-Klassik vergibt 2022/2023 einen Operetten-Frosch Der Frosch geht an das Nordharzer Städtebundtheater für "Schön ist die Welt"

BR-KLASSIK gratuliert dem Nordharzer Städtebundtheater, dem Regieteam und allen Mitwirkenden zu großem Operettenmut.

Steckbrief

"Schön ist die Welt" von Franz Lehár im Nordharzer Städtebundtheater Halberstadt/Quedlinburg - inszeniert von Holger Pototzki

Los geht´s ...
in einem Theaterraum, dessen Backsteinästhetik noch voller DDR-Anmutungen steckt. Eine kleine Zeitreise zurück, gespannte Premierenstimmung am Sonntagnachmittag. Geschlossener Vorhang, Orchestervorspiel: Dirigent Harutyun Muradyan - mit sicherem Gespür für Tempi - animiert die Harzer Sinfoniker zu einer musikalischen Bergpartie, die aller Ehren wert ist, auch wenn es manchmal Fehltritte gibt.

Urkunde Operettenpreis 2022/2023 für "Schön ist die Welt" an das Nordharzer Städtebundtheater | Bildquelle: © BR-KLASSIK/Operetten-Boulevard Bildquelle: © BR-KLASSIK/Operetten-Boulevard

Aha-Effekt:
Szenenapplaus für das Bühnenbild: eine Art-Deco Hotellobby mit großem Panoramafenster, dahinter eine grandiose Alpenlandschaft. Davor exzentrisches Personal. Keine Operettenfiguren, sondern Menschen von heute, die Handys benutzen oder Motorrad fahren, wie Prinzessin Elisabeth, die mit Helm und in Lederjacke auftritt, während ihre Tante, von ihrem Kosmetiker dauerversorgt, die Männerwelt unsicher macht...

Verblüffend:
...wie gut bei einer derart internationalen Besetzung (ein koreanischer Tenor, eine amerikanische Sopranistin, eine französische Soubrette, ein spanischer Buffo und ein finnischer Komiker) die Dialoge funktionieren. Das Schöne an solchen Ausflügen an kleinere Häuser – die Erwartungen können nur übertroffen werden. Und hier werden sie es - dank einer beherzten Regie, dank eines engagierten Ensembles. Herausgekommen ist eine frische, moderne, absolut stimmige Inszenierung, die so manches größere Haus klein aussehen lässt. Dass die Stimmen nicht immer perfekt zur Partie passen, auch nicht immer schön klingen, stört hier kaum, solange der Ausdruck stimmt. Und der stimmt bis zur kleinsten Pointe.

Mitreissend:
..wie frisch, fröhlich, frei Max An und Jessey-Joy Spronk das junge Liebespaar spielen, diese Leonce und Lena-Geschichte der zwei Königskinder, die - einander versprochen - voneinander nichts wissen wollen, sich aber dann inkognito verlieben. Das tun sie völlig selbstverständlich und heutig, besonders bei der Bergtour im durchkomponierten zweiten Akt. Das ist wunderbar inszeniert, mit einfachen Theatermitteln, die dem Ganzen den gehörigen Hauch Ironie verliehen: Das Paar klettert nämlich aus dem Orchestergraben auf die Bühne - eine Alpenkulisse mit praktikablem Gipfel: Die Backsteinwände des Theaterbaus bilden die Felswände, an denen sich beide entlang hangeln, im Bühnenboden tun sich unsichtbare Abgründe auf, über die sie gekonnt springen, bis sie schließlich den Gipfel erklimmen, wo auf sie zum Aktschluss eine Übernachtung im Wurfzelt wartet.

Erstaunlich:
...wie auch die komödiantische Rahmenhandlung im Hotel funktioniert. Das ist leichtfüßig erzählt, mit Sinn für Pointen. Das Buffopaar Bénédicte Hilbert und Francisco Huerte agiert temperamentvoll und frech, das alte Adelspaar Thea Rein und Juha Koskela rührend komisch. Dazu gibt es herrliche Chargen wie Hoteldirektor Tobias Amadeus-Schöner und der Oberhofmeister Thomas Kiunke. So funktioniert Operette auch mit wenig Mitteln, zumal die Ausstattung von Bernhard Burchhardt nicht nur ein grandioses Gipfelpanorama bietet, sondern auch prächtige Kostüme, wie die zur 20er-Jahre-Party im ersten Akt. Auch das eine gute Idee des Regisseurs Holger Potocki, dem es so gelingt, das Zeitkolorit des Stücks in die Gegenwart zu retten.

Sei kein Frosch, küss ihn: Das Team vom BR-KLASSIK Operetten-Boulevard ist begeistert und gratuliert dem Nordharzer Städtebundtheater Halberstadt/Quedlinburg zu großem Operettenmut!

Inszenierung: Holger Pototzki
Musikalische Leitung:
Harutyun Muradyan
Ausstattung:
Bernhard Burchhardt
Choreographie:
Rebecca Gollwitzer

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