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Album der Woche – Jordi Savall dirigiert "Symphonies oublieés"

So weit hat sich der katalanische Altmeister Jordi Savall mit seinem Originalklang-Orchester Le Concert des Nations noch nie in die Romantik vorgewagt: Nach Beethoven, Schubert und Mendelssohn präsentiert er jetzt Raritäten von Schumann und Bruckner. Das Album „Vergessene Symphonien“ ist bei Jordi Savalls eigenem Label AliaVox erschienen.

Bildquelle: Alia Vox

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Schon in seinem ersten symphonischen Versuch ist Robert Schumann ganz bei sich und seinem aufgewühlten Tonfall. Nur zwei Sätze einer geplanten g-Moll-Symphonie hat der 22-jährige Komponist hinterlassen, benannt ist das Fragment nach dem Uraufführungsort Zwickau. Dass alle Romantiker vom übergroßen Vorbild Beethoven beeinflusst waren, zeigt auch die „Zwickauer Symphonie“, Schumanns Unvollendete. Und Dirigent Jordi Savall führt das mit dem knackigen Paukenklang und dem historischen Instrumentarium seines Orchesters Le Concert des Nations packend vor.

Bruckners "Nullte"

Ganz anders dagegen Anton Bruckner, der ein Spätentwickler war und erst mit knapp 40 Jahren eine erste Studiensymphonie vorlegte. Savall hat nun mit seinem Orchester ein Unikum von Bruckner eingespielt, das zwischen den ersten beiden gültigen Symphonien entstand und bis heute ein Schattendasein führt: die sogenannte „Nullte“. Der kuriose Name rührt daher, dass der selbstkritische Bruckner diese d-Moll-Symphonie für „null und nichtig“ erklärte, also „annullierte“. Dabei ist Bruckners kraftvoller Scherzo-Typ hier bereits voll ausgeprägt.

Mit wildem Furor entfesselt Jordi Savall den heiligen Zorn Bruckners auch in der „Nullten“. Selbst wenn diese Symphonie formal noch unausgegoren wirkt und das gesangliche Andante ohne Höhepunkte bleibt – was Bruckner damals schon handwerklich draufhatte, beweist er im Finale mit einer krönenden Fuge.

Spannender Blick in Schumanns und Bruckners Werkstatt

Jordi Savalls Album erlaubt einen spannenden Blick in die Werkstatt von Schumann und Bruckner. In ihren frühen Talentproben schlummert bereits viel Typisches, das Savall mit Le Concert des Nations gekonnt herausarbeitet. Es tut gut, vor allem Bruckner mal nicht im glattpolierten, stahlgehärteten Klangbad zu erleben. Sondern im rauen, charakteristischen Sound der alten Instrumente.

Infos zum Album

Jordi Savall – "Symphonies oublieés"

Robert Schumann:
Symphonie g-Moll "Zwickauer"
Anton Bruckner:
Symphonie d-moll "Die Nullte" (Version 1869)

Le Concert des Nations
Leitung: Jordi Savall

Label: Alia Vox

Autor des Artikels: Fridemann Leipold

Sendung: "Piazza" am 14. Juni 2025 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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