BR-KLASSIK

Inhalt

Zum Tod von Komponist Aribert Reimann Meister der Vokalmusik

Aribert Reimann war einer der profiliertesten Komponisten der Nachkriegsgeneration, insbesondere für Vokalmusik und Musiktheater. Am 13. März ist er im Alter von 88 Jahren in Berlin gestorben. Ein Nachruf.

Aribert Reimann | Bildquelle: Aldus Rietveld

Bildquelle: Aldus Rietveld

Spätestens seit der Uraufführung von "Lear" an der Bayerischen Staatsoper Ende der 1970er Jahre galt Aribert Reimann als zentrale Komponistengestalt der Gegenwart, vor allem: als "unumstrittener Meister der Vokalmusik". Er selbst führte den starken Bezug zur Stimme darauf zurück, dass er als Kind selbst viel gesungen hatte: "Ich habe 1946 den 'Jasager' von Brecht/Weill in Berlin im Hebbel-Theater auf der Bühne gesungen. Wenn man zehn Jahre alt ist, zwei Monate Proben hat und dann die Bühne erlebt und riecht, hat das Folgen."

Die menschliche Stimme als Ausgangspunkt

Aribert Reimann ist in Berlin umgeben von Musik aufgewachsen. Sein Vater war Kirchenmusiker, seine Mutter eine Oratoriensängerin und gesuchte Gesangspädagogin. Im Alter von zehn Jahren komponierte Reimann seine ersten Klavierlieder. Nach dem Abitur arbeitete er als Korrepetitor am Studio der Städtischen Oper in Berlin und studierte zugleich an der Berliner Musikhochschule Komposition bei Boris Blacher und Ernst Pepping sowie Klavier bei Otto Rausch. Sehr schnell konnte er sich ein zweites Standbein mit Liedbegleitung schaffen und kompositorisch seinen ganz eigenen Personalstil entwickeln. Dieser nahm bis zuletzt seinen Ausgang von der menschlichen Stimme. "Das Singen kommt immer wieder in mir hoch, auch wenn ich nicht für Stimme schreibe", sagte Aribert Reimann einmal im Interview mit BR-KLASSIK. "Ich habe ja auch sehr viele Stücke geschrieben, die überhaupt gar nicht für Stimme sind – Instrumentalwerke, Orchesterstücke und Kammermusik. Ich habe immer das Gefühl, wenn ich einmal etwas gesagt habe, kann ich es nicht so, wie ich es gesagt habe, noch mal sagen. Wenn ich ein Stück geschrieben habe, dann wird das nächste garantiert ein Gegenstück dazu sein."

Oper und Lied im Zentrum

Mit ersten Aufführungen in Berlin und durch Kontakte zu renommierten Sängern wie Elisabeth Grümmer, Brigitte Fassbaender oder Dietrich Fischer-Dieskau machte sich Reimann schnell einen Namen als Liedkomponist. 1974 wurde er Professor für zeitgenössisches Lied an der Hamburger Musikhochschule. In gleicher Funktion berief man ihn 1983 an die Berliner Hochschule der Künste. Kompromisslos und mit Erfolg entwickelte der Komponist Reimann bis ins Alter seine eigene Sprache weiter, abseits der vorherrschenden Avantgarde-Zentren in Donaueschingen oder Darmstadt.

Ein Blick auf Reimanns Gesamtwerk rückt Oper und Lied ins Zentrum. Mit Zyklen wie etwa den Celan-Liedern erweiterte er das Ausdrucksspektrum des Kunstliedes, seine Bühnenwerke aus den 80er und 90er Jahren wie "Troades", die Kafka-Oper "Das Schloss" und die Strindberg-Oper "Gespenstersonate" sind neben "Lear" bereits Klassiker des modernen Musiktheaters. Seine Oper "Medea" nach Franz Grillparzers gleichnamigem Schauspiel – ein Auftragswerk der Wiener Staatsoper – wählten Kritiker 2010 zur Uraufführung des Jahres.

BR-KLASSIK Horizonte: In memoriam Aribert Reimann

Am 19. März 2024 ab 22:05 Uhr widmet BR-KLASSIK die Sendereihe "Horizonte" dem verstorbenen Komponisten Aribert Reimann. Zur Sendung.

Aribert Reimann: Ernst von Siemens-Musikpreisträger

Reimann wurde mit vielen Ehrungen und Preisen ausgezeichnet, im Alter von 75 Jahren 2011 auch mit dem Ernst von Siemens-Musikpreis. Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt im Februar hatte Reimann den Deutschen Musikautorenpreis der GEMA für sein Lebenswerk entgegengenommen. 

Pianist, Pädagoge und Komponist, der die letzten Jahrzehnte prägend mitgestaltet hat: Aribert Reimann nahm am Musikleben interessiert und leidenschaftlich teil und blieb immer ein sympathischer, bescheidener Einzelgänger: "Der glücklichste Moment ist für mich immer, wenn ich am Tag gut arbeiten konnte und gut weitergekommen bin. Dann habe ich das Gefühl, jetzt bin ich der glücklichste Mensch von der Welt."

Sendung: "Leporello" am 14. März 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Sendung: "Horizonte - In memoriam Aribert Reimann" am 19. März 2024 ab 22:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Sonntag, 17.März, 13:08 Uhr

Trappe

Großartiger Komponist

Es ist schon merkwürdig, dass Reimann nicht den Stellenwert genießt, den er qualitativ haben müsste. Das liegt natürlich auch daran, dass er nicht groß Aufhebens um seine Person gemacht hat, sich also nicht so in Szene setzte wie heute Jörg Widmann. Dabei halte ich ihn und Henze (vielleicht sogar noch mehr) für wirklich die größten deutschen Komponisten der Nachkriegszeit. Und medial stürzt man sich eben auf Leute, die medial mehr agieren, Reimann war ein dagegen mehr introvertiert, aber er hinterlässt viele wunderbare Kompositionen, die im Gegensatz zu anderen auch noch in vielen Jahren gespielt werden.

Freitag, 15.März, 16:20 Uhr

Matthias Rademacher

Aribert Reimann

Von Seiten des BR würde ich ene Gesamtsendung des in München uraufgeführten Lear als einzig angemessene Würdigung ansehen. Das dürfte die erfolgreichste Deutsche Oper der zweiten Jahrhunderthälfte des 20. Jahrhunderts sein.

Mehr zum Thema

Neu bei BR-KLASSIK

    AV-Player