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Interview mit Corinna Harfouch Warum sie Beethoven tanzt

Die Schauspielerin Corinna Harfouch gibt beim Mozartfest Würzburg einen literarischen Abend, wo es um die Phänomene Eros und Dämon geht. Grundlage sind Mozarts Opern "Die Hochzeit des Figaro" und "Don Giovanni". Im Interview mit BR-KLASSIK verrät Corinna Harfouch, wie sie zur klassischen Musik kam und warum sie Beethovens Violinkonzert tanzend erforschte.

Corinna Harfouch | Bildquelle: Dirk Dunkelberger

Bildquelle: Dirk Dunkelberger

BR-KLASSIK: Der Don Giovanni ist dämonisch und erotisch zugleich - und eine typisch männliche Figur. Was interessiert Sie an diesem Verführer?

Corinna Harfouch: Mich interessiert natürlich irgendwie auch das Asoziale an dieser Figur, an diesem Mythos. Mich interessiert das Sich-in-gar-nichts-Einordnen - in keine Gesellschaft, keine Vorschriften oder Gesetz. Nicht, weil ich das so toll finde, so jemandem in Wirklichkeit zu begegnen, aber ich mag es, mich damit auseinanderzusetzen, was das eigentlich heißt, und was so eine Kraft anrichtet.

Wenn ich eine wirklich gute Opernaufführung sehe, dann muss ich sagen: Das kann ein Schauspieler nicht schaffen.
Corinna Harfouch

BR-KLASSIK: Es wird oft gesagt, Musik würde da beginnen oder vielleicht auch da weitermachen, wo Worte nicht mehr weiter können. Würden Sie so einem Satz als Schauspielerin überhaupt zustimmen?

Corinna Harfouch: Ja, leider. Das Zusammenspiel zwischen Körper und Sprache ist ja unser Metier als Schauspieler auf der Bühne. Da kann man schon eine Menge erzählen. Und da gibt es auch manchmal so einen Neid von Opernsängern oder -sängerinnen, die dieses Spiel auf der Bühne nicht so beherrschen. Aber wenn ich eine wirklich gute Opernaufführung sehe, dann muss ich sagen: Das kann ein Schauspieler nicht schaffen.

Corinna Harfouch

Geboren 1954 in der DDR, gehört Corinna Harfouch zu den bekanntesten deutschen Schauspielerinnen. Sie arbeitet regelmäßig für Theater, Film und Fernsehen. Neben Engagements an den Berliner Bühnen, der Volksbühne, der Schaubühne und seit 2004 dem Deutschen Theater arbeitet Harfouch mit bekannten Filmregisseuren wie Bernd Eichinger und Dietrich Brüggemann zusammen. Im Fernsehen ist sie immer wieder in Tatortproduktionen und anderen Kriminalreihen zu sehen.

Klassik als Teenager-Protest

BR-KLASSIK: Wie sind Sie eigentlich zur Klassischen Musik gekommen? Woher kommt diese große Liebe?

Corinna Harfouch: Ich komme nicht aus Verhältnissen, in denen Klassische Musik irgendeine Rolle gespielt hätte. Ich habe irgendwann mit 16, 17 aus Protest angefangen, Klassische Musik zu hören. Und dann hatte ich das Glück, dass ich immer mal jemanden getroffen habe, der mir wirklich etwas erzählen konnte. Eine Zeit lang habe ich zuhause zu Klassischer Musik getanzt - zum Beispiel zum Violinkonzert von Beethoven. Wenn du das machst, und einmal das Orchester und einmal die Violine tanzt, oder im Orchester ein Instrument tanzt, weil du das heraushörst, dann zerlegt sich für dich die Musik quasi auf deine ganz eigene Weise. Dann hörst du so viele Sachen.

BR-KLASSIK: Dieser körperliche Bezug bringt einen ja unglaublich nah in die Musik hinein.

Corinna Harfouch: Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Ich habe auch so viele Geschichten entdeckt. Es gibt Musiker oder Musikwissenschaftler, die sagen, Musik sei abstrakt. Ich sehe immer Bilder, rauschhaft, Bilder im Zusammenhang mit Musik. Und ich folge der Geschichte, die mir ein Instrument gerade erzählt. Oder bei Violine und Orchester im Konzertsaal, da steht der Einzelne für mich gegen die Menge. Wie die Masse und der Einzelne miteinander agieren, das ist für mich so unfassbar spannend, die Art von Austausch, wie die einen die anderen ablehnen und doch auch aufnehmen. Ich kann das nicht von meinem Musikhören ablösen.

Bei Musik sehe ich Bilder und höre Geschichten.
Corinna Harfouch

BR-KLASSIK: Wie ist es umgekehrt, Frau Harfouch, wenn Sie Sich einen Text vornehmen? Achten Sie da besonders auf die Musikalität?

Corinna Harfouch: Auf jeden Fall. Jamben zum Beispiel: Es ist ein unglaublicher, ein körperlicher Genuss, einen guten Jambus zu sprechen. Es muss kein regelmäßiger Rhythmus sein, überhaupt nicht. Aber es muss irgendwie einen Schwung haben. Und das hat auch gar nicht so sehr viel mit dem Inhalt zu tun.

Mozartfest Würzburg

Samstag, 15. Juni 2019 um 20 Uhr
Kloster Bronnbach bei Wertheim

Literarisch-musikalischer Abend mit der Schauspielerin Corinna Harfouch und der Pianistin Hideyo Harada

Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage vom Mozartfest Würzburg.

Sendung: "Leporello" am 13. Juni 2019 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

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