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Iván Fischer beim BRSO "Man kann hier so schön musizieren"

Iván Fischer ist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gern gesehener Gastdirigent. Die Chemie stimmt: Er könne locker und frei mit den Musikerinnen und Musikern kreativ sein, sagt der Ungar im BR-KLASSIK-Interview. Diesmal gibt es ein besonders spannendes Programm mit französischem Schwerpunkt.

Dirigent Iván Fischer | Bildquelle: Marco Borggreve

Bildquelle: Marco Borggreve

BR-KLASSIK: Sie sind erneut zu Gast beim BRSO. Was schürt Ihre Begeisterung für dieses Orchester? Schließlich kommen Sie immer wieder.

Iván Fischer: Man kann hier so schön musizieren. Das ist das Gefühl, das ich beim Bayerischen Rundfunk habe. Ich gehe jetzt nur noch zu drei oder vier Gastorchestern. Da habe ich sehr stark reduziert – und absolut an der Spitze steht das BRSO.

BR-KLASSIK: Und andersherum gefragt: Warum sind Sie der Richtige für dieses Orchester?

Iván Fischer: Da müssen Sie vielleicht die Musiker fragen. Ich habe einfach ein natürliches Gefühl, dass ich hier frei und locker und kreativ musizieren kann. Dass nichts im Weg steht, dass Leute da sind, die motiviert sind und die gerne zusammen das Essenzielle der Musik ergründen, die wir spielen.

Iván Fischer: München hat mehr Humor als Berlin

BR-KLASSIK: Nun sind Sie als Dirigent mit einem Orchester auch in einer Art Dienstleisterrolle und jede Stadt hat eine eigene Dynamik. Wie tickt denn das Münchner Publikum im Vergleich zu anderen Städten?

Der ungarische Dirigent Iván Fischer mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. | Bildquelle: Sonja Werner Dirigent Iván Fischer | Bildquelle: Sonja Werner Iván Fischer: Das Orchester kenne ich jetzt sehr gut, das Münchner Publikum eher weniger. Obwohl ich die Stadt gut kenne und überhaupt ein gutes Gefühl dafür habe, wie die Leute in Bayern und in München im Allgemeinen ticken. Ich wohne ja in Berlin, und Berlin ist da doch etwas anders. München erfahre ich als ein Zwischending zwischen Berlin und Wien, wo ich studiert habe. München hat mehr Humor als Berlin und auch eine gewisse Geselligkeit, aber nicht so viel wie Wien. Im Vergleich zu Wien ist es seriöser. München ist so ein Zwischending.

Ich habe das Gefühl, dass ich hier frei und locker musizieren kann.
Iván Fischer über das Dirigieren beim BRSO

Die Motivation: Liebe zur Musik

BR-KLASSIK: Wie würden Sie Ihren persönlichen Stil als Dirigent beschreiben?

Iván Fischer: Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, warum ich dirigiere. Aber wenn ich eine Motivation nennen muss, dann, weil ich manchmal die Musik, die ich sehr liebe, von anderen Dirigenten höre. Und dann stören mich hundert Sachen. Der Charakter ist falsch, das Tempo ist falsch, das, was das Stück aussagt, ist daneben. Und dann denke ich, wenn ich das dirigieren würde, würde ich das so und so machen. Und wenn ich selbst dirigiere, habe ich das Gefühl, dass Gott sei Dank gerade kein anderer Dirigent hier ist, der das Stück kaputtmacht. Also das ist eigentlich meine Motivation. Vielleicht könnte man sagen: Es ist die Liebe zur Musik. Und ich möchte für die Kompositionen sorgen, und dafür, dass die schöner aufgeführt werden.

Fischer: Ernst von Dohnanyi wird unterschätzt

BR-KLASSIK: Im Konzert mit dem BRSO sorgen Sie vor allem für französische Musik. Auf dem Programm stehen Satie, Debussy und Ravel. Und dann noch Musik Ihres ungarischen Landsmanns Ernst von Dohnanyi, der hierzulande wahnsinnig selten aufgeführt wird. Woran liegt es?

Dirigent Iván Fischer | Bildquelle: picture-alliance/dpa Dirigent Iván Fischer | Bildquelle: picture-alliance/dpa Iván Fischer: Er ist unterschätzt. Er war ein tonaler Komponist, in seiner Generation eher ein konservativer und traditioneller Komponist. Damals hat man Moderneres erwartet von den Komponisten. Bartok, Strawinsky, Schönberg waren die aufregende Sensation. Und Leute, die ein bisschen konservativer waren, haben sich erst später so wirklich durchgesetzt. Heute hat man kein Problem mehr damit, dass Rachmaninow oder Richard Strauss in ihrer Zeit konservativ waren. Heute lassen wir das alles zu. Und Ernst von Dohnanyi war ein typisch altmodischer Komponist, der in der Tradition von Johannes Brahms und Richard Strauss komponiert hat. Aber genial! Und damals hat man gedacht, er ist nicht modern genug. Jetzt können wir das zulassen.

Es ist die Liebe zur Musik.
Iván Fischer über seine Motivation

Programm in München: ungarische und französische Musik

BR-KLASSIK: Wie ist das Programm für das Konzert in München entstanden? Wie konzipieren Sie so ein Programm?

Iván Fischer: Drei große französische Komponisten stehen auf dem Programm: Debussy, Satie und Ravel. Die Kombination mit dem ungarischen Komponisten Dohnanyi liegt vielleicht nicht so sehr auf der Hand, aber die Generation um Bartok, Kodaly und Dohnanyi hat französische Musik sehr geschätzt, sogar als Inspiration benutzt. Die französische Musik war für die ungarischen Komponisten weit genug und interessant und neu genug. Gerade Debussy war da sehr, sehr wichtig.

BR-KLASSIK: Lassen Sie uns noch über den Solisten des Konzerts sprechen, den Pianisten Zoltán Fejérvári. Der ist noch ein Unbekannter, jedenfalls hierzulande. Sie haben ihn mitgebracht. Was zeichnet ihn als Pianisten aus?

Iván Fischer: Es ist eine große Freude, dass Zoltán Fejérvári in München mit mir spielt. Er ist einer der Besten! Und was er besser kann als andere, ist diese stilistische Vielfalt. Gerade bei der Musik von Ernst von Dohnanyi werden so viele verschiedene Musikstile gezeigt, es ist wie eine Palette. Da muss man Brahms spielen können, da muss man manchmal Mozart spielen können, aber auch Kaffeemusik, Barmusik, so ein bisschen in der Ecke einer Kneipe Klavier spielen können. Und diese Lockerheit hat er, und die Virtuosität und alles, was dazugehört.

BR-KLASSIK überträgt das Konzert live

Am 29. Februar und am 1. März finden die Konzerte im Herkulessaal der Münchner Residenz statt. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Nähere Informationen zu den Konzertkarten finden Sie hier.


Programm:


Ernst von Dohnanyi:
"Symphonische Minuten", op. 36
"Variationen über ein Kinderlied" für Klavier und Orchester op. 25

Claude Debussy:
"Printemps", Symphonische Suite

Erik Satie: "Gymnopédie" Nr. 1 (Orchesterfassung von Claude Debussy)
"Gnossienne" Nr. 3 (Orchesterfassung von Francis Poulenc)

Maurice Ravel:
"Daphnis et Chloé", Suite Nr. 2


Zoltán Fejérvári, Klavier
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Iván Fischer


Das Konzert am 1. März wird live auf BR-KLASSIK übertragen.

Sendung: "Leporello" am 28. Februar ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Samstag, 02.März, 21:15 Uhr

Peter Kochs

Konzert letzten Donnerstag

2. Teil nach der Pause überwältigend, das BRSO eines der besten Debussy-Orchester des Welt, man fühlte sich an die wunderbaren Zeiten von Charles Munch erinnert, dessen Daphnis unter Liebhabern bis heute unerreichbar bleibt. Tausend Dank an die wunderbare 1. Flötistin, ist die Dame Nachfolgerin von Herrn Boucly?
Mit den besten Grüßen, P. Kochs

Freitag, 01.März, 23:59 Uhr

Anneliese de la Grandville

Life Konzert heute Abend im Herkulessaal

Ein ausserordentliches Programm das uns die Feinheiten der
französischen Musik und deren Interpretation aufzeigen will
und so an einem wunderbaren musikalischen Erlebnis teilnehmen können. Danke!

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