Sie erneuerte den Fado, den traditionellen portugiesischen Gesang, der aus den Arbeitervierteln Lissabons kam und dann die Bühnen der Welt eroberte. Am 18. Juni 1955 wurde Mísia, die so unnachahmlich schön mit viel "Saudade" den Weltschmerz und die unerfüllte Sehnsucht besang, in Porto geboren. In ihrem Leben hatte es die Sängerin bis zu ihrem Tod am 27. Juli 2024 nicht immer leicht.
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Mísia, die mit bürgerlichem Namen Susana Maria Alfonso de Aguiar hieß, war schon früh im Leben gezwungen, viel allein zu machen. Als Tochter einer katalanischen Mutter und eines Vaters aus Porto, die sich trennten, als sie vier Jahre alt war, hatte sie keine leichte Kindheit, so die spanische Zeitung "El País". Unterstützung fand sie vor allem bei ihrer katalanischen Großmutter. Ihre Jugendjahre verbrachte sie in Porto, bevor sie vor ihrem 20. Geburtstag nach Barcelona und dann nach Madrid zog. 1991 kehrte sie nach Portugal zurück und ließ sich in Lissabon nieder.
Ihr erstes Album "Mísia" stammt aus jenem Jahr, gefolgt von "Fado" (1993) und "Tanto Menos Tanto Mais" (1995). Dabei war der Weg zum Erfolg steinig. Denn Mísia wagte sich an Neuerungen, nahm zur traditionellen portugiesischen Gitarre Instrumente wie Klavier, Akkordeon oder Violine hinzu, beauftragte Schriftstellerinnen und Dichter, auf alte Melodien neue Texte zu schreiben. Damit stieß sie bei etablierten Fado-Zirkeln auf Widerstand und Ablehnung. "Sie sagten, ich sei eine Kommunistin, eine Lesbe, verstimmt und habe alles nur horizontal erreicht", zitiert "El País" aus ihren 2022 erschienenen Erinnerungen. Doch die Sängerin ging ihren Weg.
In ihrer 34-jährigen Karriere trat sie auf den unterschiedlichsten Bühnen der Welt auf und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den französischen Charles-Cross-Academy-Preis für ihr Album "Garra dos Sentidos", auf dem sie Gedichte von Natália Correia, Mário Cláudio, Lídia Jorge, José Saramago, Lobo Antunes, Fernando Pessoa, Mário de Sá Carneiro und António Botto verwendete.
Musik der Welt am 22. Juni
Die schillernde Stimme des Fado: Mísia
Eine Sendung anlässlich des 70. Geburtstages der großen Fadista
Von und mit Uta Sailer
2016 wurde bei ihr eine Krebserkrankung diagnostiziert, Mísia kämpfte lange Zeit, konzertierte trotz allem, ging auf Tournee, hatte die Krankheit für kurze Zeit besiegt. Am 27. Juli 2024 ist sie mit 69 Jahren in Lissabon gestorben und die Nachricht ihres Todes erschütterte die Musikwelt.
Portugals Kulturministerin Dalila Rodrigues bezeichnete die Künstlerin als "eine fundamentale Stimme bei der Erneuerung des Fado" und brachte ihre Trauer über den Tod Mísias zum Ausdruck. "Mit ihrer langen Karriere war Mísia eine fundamentale Stimme in der Erneuerung des Fado, die sich nicht scheute, mit neuen Klängen und weniger konventionellen Ansätzen zu experimentieren", sagte Rodrigues. Auf dem Friedhof Alto de São João in Lissabon ist die große Fadista beerdigt.
Fado ist tiefe Melancholie und unerfüllte Sehnsucht nach besseren Zeiten. Zu Fado gehört das portugiesische Lebensgefühl "Saudade", das aber nicht nur Weltschmerz bedeutet, sondern auch Lebensfreude. Im Fado-Gesang, der Anfang des 19. Jahrhunderts in den Armenvierteln Lissabons entstand und später die feinen Salons der Stadt eroberte, wird dieser reiche Gefühlskosmos ausgelotet.
Vor allem in Deutschland verbindet man mit Fado die Vorstellung von Nostalgie, Pathos und Schwermut. Doch Mísia begegnet diesem Vorurteil mit diesen Worten: "Es gibt auch fröhliche, lebenslustige Fados. Aber das ausländische Publikum möchte immer die traurigen Fados hören! Das ist deren Verantwortung. Ich sage immer wieder: Fado ist nicht traurig, Fado ist tief. Wie Rilke, oder überhaupt die deutschen romantischen Dichter. Es ist einfach nur tiefgründig."
Autorin des Artikels: Susanne Schmerda
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