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Was darf Opernkritik? Shitstorm nach Bodyshaming-Äußerungen über Sopranistin

Wie weit darf Kritik gehen? Diese Frage ist erneut entbrannt. Anlass: Äußerungen in einer Kritik auf deropernfreund.de über die jüngste Premiere von "Orpheus in der Unterwelt" von Jaques Offenbach in Leipzig, für die der Autor einen Shit-Storm erntete.

"Orpheus in der Unterwelt" von Jacques Offenbach an der Musikalischen Komödie Leipzig – Aristeus / Pluto (Björn Christian Kuhn), Eurydike (Friederike Meinke) | Bildquelle: © Kirsten Nijhof

Bildquelle: © Kirsten Nijhof

Es geht um die Freiheit der Kulturkritik – und um die Frage: Wo endet sie, wo wird eine Grenze überschritten? Im aktuellen Fall dreht sich die Debatte um den Vorwurf des Bodyshamings, also die Herabwürdigung von Menschen aufgrund ihres Körpers oder Aussehens.

Kritiker schreibt über "nicht ansehnliche Weiblichkeit"

Am 26. Mai 2025 erschien auf der Online-Plattform deropernfreund.de eine Rezension zur Premiere von Jacques Offenbachs Orpheus in der Unterwelt an der Oper Leipzig. Der Autor, Dieter David Scholz, beschreibt darin die Darstellung der Eurydike-Sängerin, Friederike Meinke, unter anderem so:

"Ihr recht plump erotisches Spiel dagegen, gepaart mit geradezu obszön exhibitionistischer Zurschaustellung ihrer allzu üppigen, kaum verhüllten, nicht eben ansehnlichen Weiblichkeit grenzte ans Peinliche, was der ganzen Aufführung zum Nachteil gereichte, zumal die Phonstärke ihres Singens gewiss nicht im Sinne Offenbachs war und befremdete wie ihr häufig ordinäres Lachen."

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Laut deropernfreund.de gingen im Minutentakt E-Mails bei der Redaktion ein. Bereits am folgenden Tag veröffentlichte Chefredakteur Michael Demel unter dem Titel "Kontrapunkt: Über 'Bodyshaming' und das Wesen von Kritik – Anmerkungen zu einem Shitstorm" eine Stellungnahme. Darin verteidigt er die Position des Autors: Die Kritik richte sich nicht gegen die Körpermaße der Sängerin, sondern gegen die bewusste Art ihrer Darstellung auf der Bühne – bezogen auf die Kunstfigur Eurydike.

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Oper betont Freiheit für Kunst wie für Kritik

Auch die Oper Leipzig hat sich mittlerweile zu dem Vorfall geäußert und eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem:

"Künstlerische Darbietungen können und sollen also zur Diskussion stehen. Diese Diskussion verliert jedoch an Qualität und Respekt, wenn sie in abwertende Kommentare z. B. über körperliche Merkmale mündet. Solche Aussagen verletzen die Würde der Ausübenden und fördern diskriminierende Denkmuster."

Die Bühne, so betont das Haus weiter, sei ein Ort der Freiheit – sowohl für Kunst als auch für Kritik. Beides erfordere Haltung, Verantwortung, sorgfältige Differenzierung und gegenseitigen Respekt. Man habe zudem persönlichen Kontakt zum Rezensenten aufgenommen, um die eigene Haltung klar zu vermitteln.

Sendung: "Leporello" am 28. Mai ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Mittwoch, 28.Mai, 13:42 Uhr

Maria

Die Wertung "nicht eben ansehnlichen Weiblichkeit" soll also über die Darstellung der Eurydike sein? Klingt nicht danach. Hätte er ja nicht geschrieben, hätte er den Körper der Sängerin ansehnlich gefunden. Eine Wertung, die nicht nur nichts zur Sache tut, sondern wirklich unter aller Würde ist.
Wahrscheinlich hatte das Team hinter der Inszenierung ja einen Plan, wieso die Bekleidung knapp ist? Darüber hätte sich der Herr doch Gedanken machen können - und nicht darüber, dass er "üppige" Körper nicht ansehnlich findet. Oberflächlich ist es also noch dazu.

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