Intensiv-Coaching und Karriere-Booster: In der Hermann-Levi-Akademie des Bayerischen Staatsorchesters sammeln junge Musiker:innen Erfahrungen im Profiorchester. Doch einen der begehrten Plätze zu ergattern, ist hart. Am 26. Mai präsentieren sich die Akademist:innen bei einem Konzert in der Alten Pinakothek in München.
Bildquelle: Wilfried Hösl
BR-KLASSIK: Die Orchesterakademie des Bayerischen Staatsorchesters heißt seit 2012 Hermann-Levi-Akademie. Frau Arnold, Herr Bloedhorn, Sie sind die Künstlerischen Leiter der Akademie. Woher kommen Ihre Kandidatinnen und Kandidaten?
Frank Bloedhorn: Unsere Kandidatinnen und Kandidaten kommen mittlerweile aus allen Ländern. Wir sind – wie das Bayerische Staatsorchester selbst – mit 29 Nationen sehr international aufgestellt.
BR-KLASSIK: Was müssen die Kandidatinnen und Kandidaten schon können, um in die Akademie aufgenommen zu werden?
Christiane Arnold: Sie müssen ein instrumentales Niveau mitbringen, das gewährleistet, dass sie bei uns gut mitspielen können. Das ist vor allem bei den Bläsern wichtig, wo jeder seine einzelne Stimme hat. Auch klanglich muss ihr Spiel unseren Vorstellungen entsprechen. Das Bayerische Staatsorchester hat einen sehr eigenen Klang und wir legen sehr viel Wert darauf, dass die Kandidaten und Kandidatinnen gut dazu passen.
BR-KLASSIK: Gibt es Aufnahmeprüfungen oder wird vorher mit Videos entschieden?
Frank Bloedhorn: Wir machen ein Probespiel, wie es auch für eine feste Stelle üblich ist. Manchmal sind Videorunden im Spiel, das hängt von der Organisation ab. Wir haben eine Partnerschaft mit Australien, da funktioniert die Auswahl nur über Video. Ansonsten ist es live.
BR-KLASSIK: Wie viele Bewerbungen bekommen Sie?
Frank Bloedhorn: Wir werden überrollt von Anfragen, kann man sagen.
Christiane Arnold: Vor ein paar Tagen hatten wir ein Probespiel für einen Posaunenplatz. 45 Kandidaten sind gekommen.
Frank Bloedhorn: Und über 50 wurden eingeladen.
Die BRSO Akademie: Junge Musiker für Job im Orchester fit machen
BR-KLASSIK: Früher hieß es, Akademien seien das Sprungbrett in die großen Orchester. Gilt das immer noch?
Christiane Arnold: Definitiv. Wenn man die Engagements betrachtet, kommen fast alle, die wir fest engagieren, von einer der großen Orchesterakademien, inklusive unserer eigenen. Wir haben inzwischen 17 Kollegen aus der Akademie engagieren können. Einer ist inzwischen weitergezogen, er ist Solo-Pauker an der Mailänder Scala. Aber die Quote spricht für den Erfolg des Prinzips Orchesterakademie.
BR-KLASSIK: Wie umfassend ist denn die Ausbildung in der Akademie?
Frank Bloedhorn: Wir haben natürlich die Eins-zu-Eins-Betreuung von unseren eigenen Kolleginnen und Kollegen am Instrument. Für das mentale Training ist bei uns seit Jahrzehnten Ulrike Klees zuständig.
Christiane Arnold: Ulrike Klees kommt aus dem Leistungssport und arbeitet viel mit Bewegung und Bewegungsabläufen. Insofern ist auch diese physische Komponente in der Betreuung vorhanden.
Frank Bloedhorn: Und es gibt Kurse, die wir selber geben: mit Probespieltraining, mit Kammermusik, mit Solo-Literatur. Wir reden viel miteinander, das ist wichtig. Man muss ja nicht nur spielen können, auch das Soziale ist ein wichtiger Faktor im Orchester. Der Umgang miteinander, vor allen Dingen mit den unterschiedlichen Generationen.
BR-KLASSIK: Irgendwann stehen die Akademisten und Akademistinnen im Dienstplan und spielen unter den großen Dirigenten und Dirigentinnen. Wie lange genießen sie denn "Welpenschutz"?
Christiane Arnold: Der "Welpenschutz" gilt eigentlich sehr lange. Denn wir wissen selbst noch aus unseren Anfängen, wie anstrengend es ist, diese ganzen langen Stücke zu lernen. Bei uns dauert ein Abend im Schnitt mindestens eine Stunde länger als in einem reinen Konzertorchester. Wenn es an die ganz großen Werke geht, sind es wirklich Notenbücher, die vor allem die Streicher zu lernen haben. Während der Akademie geht es im Wesentlichen darum, zu sehen: Wie gehen die Akademistinnen und Akademisten mit der Situation um, wie schnell setzen sie etwas um? Da gilt der Welpenschutz eigentlich fast die ganzen zwei Jahre über.
Frank Bloedhorn: Wir haben uns für die zwei Jahre entschieden, weil schnell klar war, dass das erste Jahr für viele ein Beschnuppern ist. Auch für die alten Hasen im Orchester, die jetzt mit jungen Leuten zu tun haben. Da reicht ein Jahr nicht. Wir teilen auch die Proben und Dienste am Anfang so ein, dass man nicht ins kalte Wasser geworfen wird, sondern sich den größeren Werken und schweren Herausforderungen langsam annähert. Dafür sind die zwei Jahre wunderbar geeignet.
Montag, 26. Mai 2025, 19:00 Uhr
Alte Pinakothek, München
UN:ERHÖRT - Kammerkonzert der Hermann-Levi-Akademie
Werke von Wynton Marsalis, Zdeněk Lukáš, Philipp Glas, Julio Medaglia, Jacques Ibert, Astor Piazzolla, Markus Stockhausen und Maurice Ravel
BR-KLASSIK: Was bringt Ihnen und dem Orchester die Akademie? Die bestens ausgebildeten Musiker und Musikerinnen bleiben ja vielleicht nicht unbedingt hier.
Christiane Arnold: Wir profitieren schon sehr davon. Aber ja, es ist nicht für jeden der richtige Platz. Die meisten müssen auch weiterziehen, weil es einfach Gruppen gibt, in denen gerade keine Stelle frei ist.
Frank Bloedhorn: Wir profitieren auch selber durch die Arbeit mit jungen Menschen. Ich merke das bei den Wünschen oder Vorstellungen: Wie kann man ein Kammerkonzert organisieren? Zum Beispiel das nächste am 26. Mai in der Alten Pinakothek in München. Da haben die jungen Musikerinnen und Musiken Ideen zu Komponisten, auf die ich jetzt auf Anhieb nicht kommen würde. In dem Fall sind es außergewöhnliche Komponisten, die sich am Abend zum Thema "Tänze" wunderbar ergänzen. Neue Ideen zu haben und frisch zu sein, das tut ja dem Bayerischen Staatsorchester in jedem Fall gut.
Sendung: "Allegro" am 21. Mai 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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