BR-KLASSIK

Inhalt

Ildar Abdrazakov Absage bei den Münchner Opernfestspielen

Obwohl er vom Kreml gesponsert wird und auch die Nähe zum Putin-Regime nicht scheut, sollte der Star-Bassist Ildar Abdrazakov bei den Münchner Opernfestspielen singen. Doch nun hat er selbst abgesagt.

Ildar Abdrazakov  | Bildquelle: Ildar Abdrazakov

Bildquelle: Ildar Abdrazakov

Wie die Bayerische Staatsoper am Freitag mitteilte, habe Ildar Abdrazakov seinen Auftritt in München aus familiären Gründen absagen müssen. In den Vorstellungen Boris Godunov am 4. am 6. Juli 2023 übernimmt Alexander Tsymbalyuk die Partie des "Boris" anstelle von Ildar Abdrazakov.

BR-KLASSIK hatte bereits ausführlich über Ildar Abdrazakov berichtet. Er tritt regelmäßig in Russland auf, bekam letztes Jahr bei einem von ihm ausgerichteten Talente-Festival Glückwünsche von Putin und den Ehrentitel "Verdienter Künstler Russlands". Hinzu kamen umgerechnet 200.000 Euro Staatszuschuss. "Es ist erfreulich, dass das bemerkenswerte Projekt eines der führenden Opernsänger Russlands und der Welt solides Ansehen erlangt und treue Fans gewonnen hat und jedes Jahr sein kreatives Potenzial stärkt und seine Grenzen erweitert", so die Glückwünsche des russischen Präsidenten.

"Kumpel von Verteidigungsminister Schoigu"

Mit dem russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu versteht sich Abdrazakov einer Recherche des österreichischen Musikportals "Opern-News" zufolge bestens. Er habe mit ihm auf einer Silvesterparty "Moskauer Nächte" angestimmt und sei "beliebter Gast bei Propagandaveranstaltungen", auch auf dem Roten Platz, wo er in zehn Minuten 50.000 US-Dollar verdient haben soll – was ein Blick in russischsprachige Medien bestätigt.

Bayerische Staatsoper hielt zunächst am Auftritt fest

Trotz seiner Nähe zum Kreml, dem er mit seinem internationalen Ruhm als Werbefigur dient, sollte der aus Ufa stammende Star-Bassist auch bei den Münchner Opernfestspielen im Juli vier Mal auf der Bühne stehen: in der Titelrolle von Mussorgskys "Boris Godunow" und als spanischer König Philipp II. in Verdis "Don Carlo". Das sorgte für Aufsehen. Ein Sprecher der Bayerischen Staatsoper sagte dem BR zu den geplanten Auftritten von Abdrazakov Mitte Juni: "Wir haben die beiden bestehenden Verträge für die Opernfestspiele. Wir schätzen ihn als Künstler sehr. Darüber hinaus ist aber erst mal nichts angedacht. Er wird in nächster Zeit also nicht mehr am Haus singen, allerdings tritt er in der nächsten Spielzeit an der Staatsoper in Wien auf, in Paris, Rom, Zürich und Monte Carlo. Es ist also nicht so, dass ihn die ganze Welt nicht mehr singen lässt und München eine Ausnahme wäre, so ist es nicht."

Ein "eindeutiges Bild" der politischen Verstrickung von Abdrazakov gebe es nicht, hieß es damals, der Fall sei auch anders gelagert als bei Star-Sopranistin Anna Netrebko, die vorerst nicht mehr in München engagiert werden soll: "Im Fall von Abdrazakov waren die Verträge fertig, und in der Abwägung kam heraus, dass es Indizien dafür gibt, dass er dem Putin-Regime sehr nahesteht. Es gibt aber auch gegenteilige Aussagen, und es ist in die Waagschale zu werfen, dass er Familie und Kinder in Russland hat."

"Leben nimmt seine eigenen Wendungen"

Auch an der Mailänder Scala hatte Abdrazakov behauptet, er habe seine Termine aus familiären Gründen gestrichen, was allgemein als wenig glaubwürdig bezeichnet wurde: "Mein Zeitplan ist auf mehrere Jahre im Voraus festgelegt, aber das Leben nimmt seine eigenen Wendungen vor und familiäre Umstände zwingen mich, einige Pläne abzusagen. Nun erlauben mir diese Umstände nicht, meine Familie für längere Zeit zu verlassen – vier kleine Kinder und vor allem meine Mutter, die vor mehr als einem Jahr einen schweren Schlaganfall erlitten hat und in Ufa lebt, wo ich sie regelmäßig besuche." Russische Medien behaupteten, der Sänger habe in seinem Heimatland "genug zu tun".

Staatsoper gegen "Berufsverbote"

Peter Gelb, der Chef der New Yorker Met, hatte gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press gesagt, dass er "sich selbst nicht mehr im Spiegel betrachten" könne, wenn er wüsste, dass "Putins Anhänger auf der Bühne seines Theaters" aufträten. Um Haltung geht es auch der Bayerischen Staatsoper, die allerdings deutlich vorsichtiger ist, wenn es um ihre Besetzungspolitik geht: "Was vollkommen klar sein muss: Jeder, der auf der Bühne steht, kennt die Einstellung des Hauses. Die Bayerische Staatsoper verurteilt diesen Angriffskrieg durch Russland. Und da muss dann jeder damit umgehen. Ansonsten machten wir einen massiven Fehler, wenn wir Berufsverbote aussprechen würden, dann hätten wir aus der Geschichte nichts gelernt. So einfach ist die Welt leider nicht."

Kommentare (2)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Sonntag, 02.Juli, 15:15 Uhr

Sabine Schubert

Ist Ihr Beitrag ironisch gemeint...

Herr Eusebius? Ansonsten, wären Sie ziemlich anmaßend. Die russischen Sänger sind nicht kriminell und im Ausland werden sie auch als Sänger geschätzt. Ich war gerade in der Scala, wo die wunderbare Netrebko vom Publikum gefeiert wurde. Nur in Deutschland herrscht in manchen Kreisen so ein Art Inquisition.

Freitag, 30.Juni, 21:15 Uhr

Eusebius

Wie kann man nur?

Ein Kreml- naher Russ. Solist hat einfach nichts auf Bühnen außerhalb Russlands zu suchen. Kultur ist kein Geschäft sonst können wir gleich unsere Seele verkaufen! Wie man in der Kultur Branche so denken kann? Weil für solche Leute gerne gezahlt wird? Weil Unverbesserliche einem leeren Belcanto nachhecheln? Auf welche banale Stufe stellt sich eine Opernbühne?

Mehr zum Thema

Neu bei BR-KLASSIK

    AV-Player