BR-KLASSIK

Inhalt

Krieg in der Ukraine 2022 Solidarität mit Künstlerinnen und Künstlern

Als Ende Februar der russische Angriffskrieg in der Ukraine losgeht, ist das Entsetzen groß. Schnell wächst die Solidarität für die betroffenen Menschen. Auch Künstlerinnen und Künstler erfahren Hilfe – auf ganz unterschiedliche Art und Weise.

Eine Fahne der Ukraine steckt vor Beginn eines Konzerts an einem Instrument des Kyiv Symphony Orchestra. | Bildquelle: picture alliance/dpa | Robert Michael

Bildquelle: picture alliance/dpa | Robert Michael

Diesen einen Satz konnte man im März und April des vergangenen Jahres sehr oft auf Konzertprogrammen lesen: "Spenden und Einnahmen gehen an Hilfsorganisationen in der Ukraine." Kirchenchöre, kleine Ensembles, Solokünstlerinnen, Laienmusiker, ganze Orchester oder auch engagierte Stars wie Igor Levit – sie alle wollten der Ukraine helfen. Überall in Deutschland finden bis heute Benefizkonzerte statt. Die Stimmung: Hilfsbereitschaft, wo man hinsieht.

Großes Benefizkonzert für die Ukraine mit Anne-Sophie Mutter

Solistin: Geigerin Anne-Sophie Mutter. | Bildquelle: BR /Tobias Hase/Tobias Hase Gemeinsam mit den drei großen Orchestern der Stadt München veranstaltet Anne-Sophie Mutter ein Benefizkonzert für die Ukraine. | Bildquelle: BR /Tobias Hase/Tobias Hase Ein Highlight unter diesen Konzerten ist sicherlich das von Anne-Sophie Mutter und den drei großen Orchestern der Stadt München am 8. März. 85.000 Euro kommen an diesem Abend zusammen – und gehen an die Organisation "Save the children". Für die Stargeigerin, die in München lebt, ist die Aktion eine Herzensangelegenheit: "Es ist uns allen sehr wichtig, auch als Partnerstadt von Kiew zusammenzustehen, uns gegen diesen Wahnsinn des Krieges anzustemmen, zu versuchen, mit Musik dagegen anzuklingen. Und vor allen Dingen da Hoffnung und Hilfe hinzubringen, wo es am dringendsten notwendig ist, nämlich bei den Kindern".

Musik bietet Zuhause und ist Mission

Die Spenden sind wichtig. Doch bei allen Konzerten entfaltet sich auch immer wieder die Kraft der Musik. Sie ist ein Anker vor allem für die ukrainischen Künstlerinnen und Künstler, denen sie das Gefühl gibt: Ich bin nicht allein. "Es ist sehr schwer, sich auf die Musik zu konzentrieren, aber zusammenzuspielen, fühlt sich nach Zuhause an. Da können wir gerade nicht sein, aber wir haben es mit uns hier", so ein Musiker aus dem Symphonieorchester Kiew, das im Frühling im Allgäu untergekommen ist. Die 80 Musikerinnen und Musiker samt Familien wurden offiziell vom Kriegsdienst befreit und konnten so über Wochen durch Europa touren. Ihre Mission war nicht zuletzt, die Musikszene der Ukraine auch bekannter zu machen. "Wir haben wirklich viele hochklassige Komponisten mit hochklassiger Musik", erklärt der Musiker aus Kiew. "Sie müssen gehört werden, nicht nur in der Ukraine, auch in Europa und in der Welt. Das ist unsere Mission."

Hilfe für ukrainische Musikerinnen, Studierende und Balletttänzer

Das Kiewer Symphonieorchester im Allgäu | Bildquelle: Axinja Weyrauch Im Allgäu findet das Kiewer Symphonieorchester Konzerte, Unterkunft sowie einen Probenraum. | Bildquelle: Axinja Weyrauch Trotzdem sind diejenigen, die es nach Deutschland geschafft haben, angewiesen auf Unterstützung vor Ort. Der Rotary-Club organisiert Konzerte, Unterkunft, einen Probenraum und Essen – für die Musikerinnen und Musiker kostenlos. Die Spenden, die bei den Konzerten zusammenkommen, gehen wieder an die Ukraine. Viele Geflüchtete finden bei Privatfamilien Unterkunft, werden verpflegt und bekommen die Möglichkeit, zu üben. Und auch große Institutionen bieten ihre Hilfe an. Das Berliner Staatsballett etwa nimmt ukrainische Balletttänzerinnen und Balletttänzer auf und bietet ihnen Unterstützung fürs regelmäßige Training. "Schon schlimm genug, wenn man keine Vorstellungen tanzen kann. Aber kein tägliches Training zu haben, ist natürlich ganz fürchterlich", so die kommissarische Berliner Intendantin Christiane Theobald.

Ukrainian Freedom Orchestra

Viel hilft in diesen Wochen und Monaten auch die seelische Unterstützung. Auf Initiative der kanadisch-ukrainischen Dirigentin Keri-Lynn Wilson gründet sich im Frühjahr ein ukrainisches Orchester, das "Ukrainian Freedom Orchestra". Es setzt sich zusammen aus geflüchteten Musikerinnen und Musikern, aus ukrainischen Mitgliedern europäischer Orchester und aus Mitgliedern ukrainischer Orchester. "Ich wollte die besten Orchestermusiker der Ukraine aus dem In- und Ausland zusammenbringen, um eine stolze künstlerische Einheit zu demonstrieren", erklärt Wilson. Bei der Orchestertour im Sommer kommt auch eine Sinfonie des ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov mit ins Programm.

Komponieren auf der Flucht

Der Komponist Valentin Silvestrov war gleich zu Beginn des Krieges aus der Ukraine geflohen und konnte sich in Deutschland innerhalb kürzester Zeit einen Namen machen. Im September wurde er mit dem Opus Klassik ausgezeichnet – ein Symbol für Solidarität, aber auch dafür, dass ukrainische Kunst und Kultur in Europa eine immer größere Rolle spielen. Auch Silvestrov hatte bei seiner Flucht Hilfe bekommen. Über Freunde und Bekannte schaffte er es, in drei Tagen nach Deutschland zu gelangen. Der Musiker Vitali Alekseenok holte ihn an der Grenze ab. Später erinnert er sich: "Als Valentin Silvestrov in Deutschland ankam, hat er sofort einen Flügel zur Verfügung gestellt bekommen und angefangen, etwas zu spielen. Danach hat er mir erzählt, dass er das Stück während der Fahrt komponiert hatte, in diesen drei schrecklichen Tagen. Aber die Musik war so friedlich und fröhlich. Er hat selbst gesagt: Interessant, ich habe so schreckliche Sachen erlebt, aber diese Musik, die ich in mir drin gehört habe, war so schön."

Sendung: "Allegro" am 27. Dezember 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (0)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.
Zu diesem Inhalt gibt es noch keine Kommentare.

    AV-Player