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Kommentar - Mädchenchor bei den Windsbachern Eine gute Nachricht!

Nach Jahren des Zauderns kündigt der Windsbacher Knabenchor für das Schuljahr 2025/26 die Gründung eines zusätzlichen Mädchenchors an. Gut so, findet unsere Redakteurin Ursula Adamski-Störmer. Denn die Zeit ist reif!

Windsbacher Knabenchor im Neuen Museum Nürnberg, 2024 | Bildquelle: Katharina Gebauer

Bildquelle: Katharina Gebauer

Die Windsbacher packen's an und demonstrieren, wie es geht: Nach Jahren des Bangens, Zauderns und der Zukunftsängste verkündigen sie für das Schuljahr 2025/26 die Gründung eines zusätzlichen Mädchenchors. Ein Paradigmenwechsel in der 78-jährigen Geschichte des international erfolgreichen Vorzeige-Traditionsknabenchores aus Mittelfranken. 

Der Windsbacher Knabenchor hat die Zeichen der Zeit verstanden

Angesichts der jüngeren Geschichte reibt man sich die Augen und staunt. Wer hätte in den letzten drei Jahren gedacht, dass nach den langen und bedrohlichen Einsparungsszenarien der Evangelischen Landeskirche, dem Hauptträger des Konstrukts Windsbacher Knabenchor und Internat, sowie der pandemisch bedingten, zurückgehenden Anmeldezahl junger Sänger, das Rad noch einmal gedreht werden könnte. Es konnte und es wurde, dank eines mutigen Kuratoriums, eines kreativen und vorausschauenden Chorleiters Ludwig Böhme und des ebenso entschlossen zupackenden Kommissarischen Geschäftsführers Klaus-Ulrich Feiler. Sie alle haben die Zeichen der Zeit verstanden und sind ins Handeln gekommen.

Knabenchöre sind im 21. Jahrhundert keine auratisch abgeschlossene, verschworene Gemeinschaft mehr. Neben ihr haben Mädchenchöre sehr wohl Platz. Gleichberechtigt und kompetent. Nichts weniger will man in Windsbach erreichen als eine hochkarätige, musikalisch-sängerische Ausbildungsstätte für Jungen und Mädchen von gleichem künstlerischen Niveau. Ludwig Böhme hat Recht, wenn er sagt: "Es ist ein wichtiger und notwendiger Schritt." Was für eine weltoffene Weitsicht.   

Mädchenchor: Die Regensburger Domspatzen haben es vorgemacht

Denn die Zeit ist reif. Vorgemacht haben es 2022 schon die Regensburger Domspatzen, die nach 1.047 (!) Jahren ihres Bestehens als Erste die Schranken öffneten und einen Mädchenchor gründeten. In Berlin versuchte 2019 eine Mutter, ihre Tochter in den Staats- und Domchor – einen Knabenchor – einzuklagen. Zwar ohne direkten Erfolg. Indirekt aber kroch die Diskussion weiter und weiter durch die Gesellschaft bis nach Windsbach und löste dort endlich den gordischen Knoten.  

Freistaat und Evangelische Landeskirche erhöhen Zuschüsse

Der Windsbacher Knabenchor auf dem Internatscampus, 2022 | Bildquelle: Anne Hornemann Der Windsbacher Knabenchor. Bald werden auf dem Internatscampus auch Mädchen zu Hause sein. | Bildquelle: Anne Hornemann Natürlich ziehen die musikalische Ausbildung und Unterbringung eines zweiten Chors erhebliche finanzielle Bedarfe nach sich. Die Nachwuchssängerinnen zwischen neun und zwölf Jahren werden ebenfalls ins Internat und Tagesheim aufgenommen. Die baulichen Voraussetzungen sind vorhanden. Zwar muss ein komplettes Stockwerk im Windsbacher Internat generalsaniert werden, es braucht eine zusätzliche Chorleitung für den zweiten Chor, es braucht ein neues künstlerisches Konzept für den zukünftigen gemeinsamen Vorbereitungschor und es braucht neues Repertoire für einen reinen Mädchenchor. Da gibt es nicht viel. Aber genau dieses innovative musikpädagogische Ziel hat enormes Zukunftspotential und eine erfrischende Dynamik – auch für die Weiterentwicklung des Knabenchors. Und der Clou ist: Die evangelische Landeskirche konnte von dieser Idee überzeugt werden. Sie hat ihre finanzielle Unterstützung zugesagt und ihren Zuschuss von 1,6 auf 1,8 Millionen Euro erhöht. Das sind Zeichen, die auch der Freistaat gerne sieht und flugs verkündet Innenminister Herrmann (CSU), dass auch der Freistaat mehr Geld zur Verfügung stellen wird. Es geht also doch! 

Kunst und Kultur sind zukunftsfähig

Diese Initiative beweist auf vorbildliche Weise, wieviel Stärke Institutionen aus ihrer eigenen Kraft gewinnen können. Und sie zeigt, dass es für Kunst und Kultur eben doch gelingen kann, Zukunft zu gestalten. Dafür braucht es das, was man den Windsbacher E-Motor nennen kann: Kultur darf sich nicht ducken! Nicht den Mangel beklagen und sich im Klein-Klein verzetteln, sondern Kopf öffnen, nach Alternativen in der Zukunft suchen, Ärmel aufkrempeln, dranbleiben, überzeugen und ebenso geräuschlos wie emissionsarm zum Ziel gelangen.  

Think big! Im Windsbacher E-Motor ist echte Musik drin. Eine sehr gute Nachricht aus der Welt der Kunst und Musik in diesen Tagen. Damit kann der neue geschäftsführende Direktor Thomas Babel ab 1. Januar 2025 richtig Fahrt aufnehmen und das musikalische Niveau der Windsbacher auch weiterhin international auf Spitzenniveau halten. 

Sendung: "Leporello" am 27. November 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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