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Kritik – "Le nozze di Figaro" in Nürnberg Paar-Probleme zum Abschied

Mozart-Spezialistin Joana Mallwitz und Operndirektor Jens-Daniel Herzog bringen zum Abschied der Nürnberger Generalmusikdirektorin Mozarts Klassiker "Figaros Hochzeit" musikalisch wie szenisch völlig staubfrei auf die Nürnberger Opernbühne. In Mathis Neidhardts beweglichen Altbauzimmern der wohlhabenden Familie Almaviva wackeln die Wände vor Emotionen. Premiere war am 15. April 2023.

Szene aus "Le nozze di Figaro" am Staatstheater Nürnberg, Inszenierung Jens-Daniel Herzog (Premiere 15. April 2023) | Bildquelle: Bettina Stöss

Bildquelle: Bettina Stöss

Kritik

"Le Nozze di Figaro" in Nürnberg

Graf und Gräfin sind nämlich nur auf dem großen Familienporträt glücklich, und auch ihr etwa auchtjähriges Kind, gespielt von Ottilie Herzog, leidet unter der Entfremdung des einstigen Traumpaares und versucht ständig, zu vermitteln. Mama Rosina erreicht ihren Mann nicht mal mehr mobil, obwohl er nur ein Zimmer weiter sitzt und vom Kindermädchen Susanna im Blümchenkleid träumt.

Regiearbeit mit ordentlich Zucker

Sopranistin Julia Grüter ist großartig in ihrer darstellerischen Natürlichkeit und gestaltet die Riesenpartie der Susanna stimmlich absolut ausgewogen und stilsicher. Auch Samuel Hasselhorn als triebgesteuerter, unzufriedener Graf folgt der ausgefeilten musikalischen Interpretation von Joana Mallwitz und der Staatsphilharmonie Nürnberg mühelos und kultiviert. Jens- Daniel Herzog zeichnet alle Figuren mit Hintersinn und gibt auch dem komödiantischen Aspekt in den Nebenrollen von Marcellina, Bartolo und Basilio ordentlich Zucker.

Temporeich und bitter

Szene aus "Le nozze di Figaro" am Staatstheater Nürnberg, Inszenierung Jens-Daniel Herzog (Premiere 15. April 2023) | Bildquelle: Bettina Stöss Bildquelle: Bettina Stöss Das Nürnberger Ensemble zeigt sich gut aufgelegt, und die großen Finali sitzen perfekt. Temporeich und federnd schnurrt der "Tolle Tag" vorbei, und die witzige deutsche Textfassung in den Übertiteln lässt das Nürnberger Publikum herzlich auflachen und der rasanten Handlung folgen. Dabei steckt in Herzogs Lesart durchaus viel Bitterstoff: Die Gräfin ertränkt ihren Kummer in Alkohol, ihr Sohn springt aus dem Fenster und bricht sich den Arm und Barbarina wird von ihrem Vater geschlagen. Außerdem kann sie tätowieren, und so löst Figaro hier mit einem nagelneuen Tattoo sein Problem mit der heiratswütigen Marcellina, die sich ja als seine Mutter herausstellt. Wonyong Kang als Figaro wirkt den ganzen Abend leider etwas gestresst, wie auch die überspannte Gräfin von Emily Newton stimmlich nicht die mozartsche Leichtigkeit findet.

Staatsphilharmonie brilliert unter GMD Joana Mallwitz

Doch der Cherubino von Corinna Scheurle wechselt fröhlich zwischen den Geschlechtern und den Objekten seiner unstillbaren Begierde und zeigt nicht nur mit coolen Dance-Moves zum Smartphone, dass Mozarts Vertonung des Beaumarchais-Stoffes nicht von seiner Brisanz und Aktualität verloren hat. Das Nürnberger Publikum feiert am Schluss zurecht sein Opernensemble und die brillierende Staatsphilharmonie unter Joana Mallwitz.

Sendung: "Allegro" am 17. April 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (6)

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Dienstag, 18.April, 09:15 Uhr

Apfelböck Kaspar

Figaro Staatsoper Nürnberg

Wirklich gefeiert wurden nur Joana Mallwitz und "ihr" Orchester.
Das Ensemble der Nürnberger Oper geriet sängerisch und darstellerisch zum Teil an seine Grenzen, vor allem gilt das für die Hauptrolle Figaro, aber auch für die Susanne. Die Regie gab aber der einzelnen Rollen auch keinerlei Möglichkeiten der Entfaltung und Profilierung, vor allem leider auch der Gräfin nicht. Newton war deshalb nicht über-, sondern unterfordert. Anderes gilt für einige der Nebenrollen, Cherubino, Bartolo und Basilio. Unter der Regie von Herzog schnurrte die Oper ziemlich reibungslos ab, das ist aber gerade bei den daPonte-Opern Mozarts nur ein sehr eingeschränktes Lob. Erstklassig nur die Musik von Mallwitz und ihrem Orchester.

Montag, 17.April, 19:37 Uhr

Renate Eggenhofer

Korrektur

Die Gräfin ertrinkt nicht. Sie ertränkt(!) ihren Kummer.

Anm. der Red.
Vielen Dank für den Hinweis, wir haben den Text entsprechend korrigiert.

Montag, 17.April, 16:05 Uhr

Andreas

Premiere Figaros Hochzeit.

Am 15.04! Das war ein für uns toller Abend. Und der Figaro (der Wonyong Kang) war einfach Fantastisch, und seine Stimme hat überzeugt!! Wir waren begeistert von der Aufführung.

Montag, 17.April, 11:02 Uhr

Hermann

Figaro Nürnberg

Ich fand die Aufführung rundum gelungen, überragend! Und es wäre sehr fair, wenn die Kritikerin auch erzählen würde, daß Frau Newton als Gräfin sich frei gesungen hat und im 3. und 4. Akt ein schönes Piano gefunden hat. Und wie toll es ist, daß der Bariton des Grafen und der von Figaro sich so klar unterscheiden - überhaupt, daß hier ein festes Ensemble singt, das teilweise ja auch im Rosenkavalier zusammen war. Das macht heutzutage die Qualität eines Opernhauses aus und ist halt leider rar! Und leider hat sich Frau Stürz mit ihrer Rezension ein bisschen wenig Mühe gegeben. AndereKritiker auf der HP von BR Klassik gönnen sich durchaus mehr Tiefgang...aber wie gut, daß die besprochene Aufführung die Qualität der Rezension haushoch überragt hat.

Sonntag, 16.April, 19:57 Uhr

Thorsten

Premiere Le Nozze di Figaro

Sehr geehrte Silvia, meine Frau & ich sind genau derselben Meinung wie Sie!
Ohne Kenntnis der oben stehenden Rezension von Frau Franziska Stürz waren wir uns einig, dass Wonyong Kang einen Superpart abgeliefert hat.
Wir Beide waren sowohl von der gesamten Präsentation des Ensembles begeistert, als auch insbesondere mit der Vorstellung von Wonyong Kang sehr, sehr zufrieden.
So schnell wird mit einem einzigen Pinselstrich einer wahrscheinlich einzelnen Person die außerordentlich tolle Darstellung eines Künstlers klein geredet (kleingeschrieben).
Ich bin sehr froh, an dieser Stelle eine gegenteilige Meinung äußern zu können.

Es war gestern Abend insgesamt einfach nur schön und ausgesprochen überragend, dabei gewesen zu sein; ohne jeden Abstrich an der Leistung aller Protagonisten!

Sonntag, 16.April, 10:56 Uhr

Silvia

Premiere Le Nozze di Figaro

Die fulminante und temporeiche Oper ist zu Recht jubelnd vom Publikum aufgenommen worden! Figaro, Wonyong Kang mag dem einen oder anderem gestreßt aufgefallen sein, hat ja auch allen Grund dazu! Aber seine Stimme hat überzeugt, das dürfen Sie ruhig erwähnen! Wir waren jedenfalls begeistert von der Aufführung. Unbedingt sehens-und hörenswert!

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