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Christian Thielemann Abschied von der Sächsischen Staatskapelle

"Angekommen" hieß die große Werbekampagne zum Amtsantritt von Christian Thielemann als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle. Zwölf Jahre ist das her. Jetzt stehen die Zeichen auf Abschied. Aus dem Anlass dirigiert Christian Thielemann die "Sinfonie der Tausend" von Gustav Mahler – mit dabei: der Chor des Bayerischen Rundfunks. Eine Ära geht zu Ende.

Christian Thielemann | Bildquelle: © Matthias Creutziger

Bildquelle: © Matthias Creutziger

Damit fing alles an. Bruckners 8. Symphonie war quasi das Hochzeitsgeschenk von Christian Thielemann an die Sächsische Staatskapelle. Und selbst fünf Jahre später sprach er noch immer von einem Flitterwochen-Gefühl, "denn wir entdecken ja gemeinsam neue Sachen." Es seien ruhige, gemäßigte Flitterwochen, weil man sich besser kennt. "Ich glaub, die erleben keine Überraschungen mehr mit mir", erklärte Thielemann. "Die können jetzt abschätzen, wie ich auf etwas reagiere, und ich kann die abschätzen."

Von Flitterwochen und großer Vertrautheit

Überhaupt war – in der Öffentlichkeit – immer gern von Harmonie und Vertrautheit die Rede. "Die Verbundenheit hier zu dem Hause ist doch bei mir sehr, sehr groß – eigentlich von Anbeginn an. Es war sowas wie Liebe auf den ersten Blick. Auch mit dem Orchester war das so. Und wir verstehen uns nach wie vor wunderbar", betonte Thielemann. "Hier kommt ja viel zusammen: Eine wunderbare Akustik, ein fabelhaftes künstlerisches Personal, ein Weltklasse-Orchester und -Chor und auch das rein Optische ist nicht zu verachten. Das muss man erstmal alles zusammen haben."

Thielemanns Engagement nach Einspringer-Dirigat

Christian Thielemann  | Bildquelle: picture-alliance/dpa Christian Thielemann wurde 2012 Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle | Bildquelle: picture-alliance/dpa Dabei kannten sich Thielemann und Orchester schon etwas eher. Sein erstes Dirigat war – damals noch als Gast – "Ein deutsches Requiem" von Johannes Brahms beim Gedenkkonzert an die Zerstörung Dresdens. Eine kurzfristige Einladung als Einspringer. Christian Thielemann erinnert sich: "Dann kam der Anruf aus Dresden. Und mein kleiner Finger sagte mir: fahr da hin. Und dann bin ich hierhergefahren. Und ich hätte nie damit gerechnet, aber dann hieß es mit einem Mal: Wollen Sie nach Dresden oder nicht? Und da war mir natürlich völlig klar, ich will wieder ans Theater. Und dieses Orchester macht einem so ein Angebot nur ein Mal."

Es hat sich herausgestellt, dass die Entscheidung goldrichtig war.
Christian Thielemann über den Beginn der Zusammenarbeit mit der Sächsischen Staatskapelle

Es war eine Entscheidung, die allen Beteiligten zugutekam: dem Dirigenten, der Kapelle und natürlich dem Publikum. "Es hat sich nur noch verdichtet", sagt Thielemann. "Es hat sich herausgestellt, dass die Entscheidung, das Angebot der Kapelle aufzugreifen, goldrichtig war. Das hat auch unsere gesamte Arbeit gezeigt. Und es ist auch menschlich sehr schön. Es muss auch furchtbar viel Menschliches, Positives mitschwingen. Wenn da so ein Grundton vorherrscht, dann ist man sehr froh darüber."

Umstritten: Thielemanns Abschied aus Dresden

Ein scheidender Dirigent, der rundum zufrieden wirkt. Gänzlich unkritisch macht ihn das nicht – zumal sein Abschied von Dresden nicht ganz freiwillig ist, sondern politisch gewollt war. Christian Thielemann zieht Resümee: "Viele Dinge sind einfach ganz famos gelaufen, andere nicht so. Das gehört zu jedem menschlichen Leben dazu."

Kommentar

Ab September 2024 tritt Christian Thielemann die Nachfolge von Daniel Barenboim an der Staatsoper Berlin an. Lesen Sie unseren Kommentar dazu, ebenso wie Reaktionen auf die Ernennung.

Auf der Habenseite stehen großartige Opern- und Konzertaufführungen. Wenn Thielemann dirigierte, war das Haus regelmäßig ausverkauft (jedenfalls fast immer!). Er bestand auf erstklassige Sänger- und Solistenbesetzung (ein gewisser Schwerpunkt im Budget) und – Thielemann tourte mit der Staatskapelle durch Deutschland, Europa, in die USA sowie in den Nahen und Fernen Osten.

Viele Dinge sind einfach ganz famos gelaufen, andere nicht so.
Christian Thielemann

Dabei verstand er die Internationalität aber nicht als Einbahnstraße: "Wir spielen das Beste der Literatur – egal, woher es stammt. Wir versuchen, mit den Besten in der Kunst zu arbeiten – egal, woher sie stammen. Wir müssen uns dann eben nur bei Beethoven treffen, das ist die Grundbedingung. Ansonsten gibt es keine Beschränkung. Wer das täte, würde künstlerischen Selbstmord begehen. Dann wären wir raus aus dem Wettbewerb. Wenn wir nicht das ganze Repertoire auch stilistisch abdecken würden, dann wären wir auch musikalisch nicht mehr so gut. Insofern ist das für mich eine Selbstverständlichkeit."

Eine Ära geht zu Ende

Chritian Thielemann im Oktober 2023 - der künftige Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden lächelt vor Beginn der Pressekonferenz zu seiner Vorstellung.  | Bildquelle: picture alliance/dpa | Soeren Stache Christian Thielemann wird neuer Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden. | Bildquelle: picture alliance/dpa | Soeren Stache Ganze zehn Jahre lang prägten Thielemann und die Staatskapelle mit diesem Anspruch auch die Osterfestspiele Salzburg. Mit großem Nutzen für Dresden, findet Thielemann: "Dann sagen sich viele Leute, wenn das so gut hier in Salzburg ist, wird’s wahrscheinlich in Dresden nicht schlechter sein. Und so ist es." Bleibende Spuren wurden zudem auf dem Tonträgermarkt hinterlassen. "Wir haben ja so viele Aufnahmen gemacht wie kaum jemand anderes", betont Thielemann. "Ich wüsste nicht, welches Opernhaus oder Orchester in den letzten Jahren so viele Aufnahmen gemacht hat wie die Sächsische Staatskapelle."

Ich kann mich nicht daran erinnern, mich jemals wohler gefühlt zu haben als mit dem Orchester und mir. Das kann ich mit Fug und Recht sagen.
Christian Thielemann

Abschiedskonzert auf BR-KLASSIK

Christian Thielemann dirigiert am 7., 8. und 9. Juli Mahlers "Sinfonie der Tausend" in Dresden. Mit dabei sind neben hochkarätigen Solistinnen und Solisten und der Staatskapelle Dresden auch der Chor des Bayerischen Rundfunks, der Sächsische Staatsopernchor Dresden, der Kinderchor der Semperoper und das Gustav Mahler Jugendorchester. BR-KLASSIK sendet das letzte Konzert am 10. Juli um 20.05 Uhr im Radio.

Rückblickend sieht der Dirigent auch eigene Veränderungen durch sein Wirken in Dresden. "Ich probiere jetzt auch anders, als ich früher probiert habe", sagt Thielemann. "Mit einem Mal sind die Dinge da, die man wollte. Das ist das Schöne, wenn Sie mit einem Orchester wie jetzt mit der Staatskapelle schon längere Zeit zusammen sind. Das können Sie gar nicht mit Geld bezahlen." Wäre ja auch gelacht, wenn die jahrelangen Flitterwochen im Nachhinein noch überschattet würden. "Ich bin sehr, sehr froh über die menschliche Atmosphäre mit dem Orchester. Ich kann mich nicht daran erinnern, mich jemals wohler gefühlt zu haben als mit dem Orchester und mir. Das kann ich mit Fug und Recht sagen."

Sendung: "Leporello" am 8. Juli 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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