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Waltraud Meier zurück auf der Bühne "Eine neue Aufgabe, mal was anderes"

Im Oktober 2023 hat sich Waltraud Meier von der Bühne verabschiedet. Vorerst aber auch nur als Sängerin. Denn jetzt kommt sie schon zurück aufs Podium. Als Sprecherin in Strawinskys "Oedipus Rex".

Waltraud Meier | Bildquelle: Nomi Baumgartl

Bildquelle: Nomi Baumgartl

"Eine neue Aufgabe, mal was anderes"

Interview mit Waltraud Meier

BR-KLASSIK: "Sprecherin: Waltraud Meier", wie klingt das für Sie?

Waltraud Meier: Noch ein bisschen ungewohnt. Aber in manchen Opern, wie dem "Fidelio", konnte ich ja auch schon ein bisschen sprechen. Der einzige Unterschied wird jetzt sein, dass ich wahrscheinlich ein Mikrofon haben werde. Das war in der Oper nicht so. Ich muss schauen, wie ich mich balanciere und natürlich meine eigene Melodie finden.

BR-KLASSIK: Muss man da besonders aufpassen, dass man vielleicht nicht zu deklamatorisch wird?

Waltraud Meier: Ja, man muss eine Balance finden zwischen zu viel Pathos und zu viel normalem Sprechen. Die Sprechstimme muss auf der Höhe von der Musik sein, aber sich natürlich dennoch von der Musik absetzen.

Waltraud Meier: Mit Strawinskys Gesangspartie vertraut

BR-KLASSIK: Haben Sie sich das mit jemandem zusammen erarbeitet, oder arbeiten Sie für sich selbst daran?

Waltraud Meier: Beides. Ich habe die Iokaste in Strawinskys "Oedipus Rex" ja schon gesungen. Und da habe ich das von den beiden Schauspielern noch ein bisschen im Ohr, wie die das gestaltet haben. Ich möchte aber trotzdem auch meine eigene Version finden und dem Umstand Rechnung tragen, dass ich doch eine Sprecherin bin und nicht ein Sprecher. Ich glaube, ein bisschen Freiheit kann ich mir da nehmen und das vielleicht ein bisschen weiblicher angehen.

Waltraud Meier mit den Münchner Philharmonikern

Strawinskys "Oedipus Rex" mit Waltraud Meier als Sprecherin unter der Leitung von Santtu-Matias Rouvali: Freitag, 22. März, 19:30 Uhr, und Samstag, 23. März, 19:00 Uhr in der Isarphilharmonie in München.

BR-KLASSIK: War es eine spontane Entscheidung, als Sprecherin auf die Bühne zurückzukehren?

Waltraud Meier: Es war die Idee von den Münchner Philharmonikern, und als die mich das gefragt haben, fand ich das super und habe sofort zugesagt. Eine neue Aufgabe, mal was anderes, dachte ich mir. Das hat zwar nichts mit Singen zu tun, ist aber trotzdem etwas, was mich schon immer gereizt hat, nämlich die Gestaltung. Und natürlich ist dieser Text sehr sachlich, also ist die Gestaltung reduziert. Aber dennoch möchte ich innerhalb dieser Grenzen und innerhalb des Rahmens doch so weit wie möglich ausgestalten können, um aus dem Text etwas zu machen.

Zwischen Oper und Oratorium: Strawinskys "Oedipus Rex"

BR-KLASSIK: Bezugspunkt des Stoffs von "Oedipus Rex" ist das Ödipus-Drama von Sophokles. Was macht Strawinsky aus diesem Stoff?

Waltraud Meier: Es ist eine oratorische Oper, also nicht wirklich eine Oper, aber auch nicht wirklich ein Oratorium. Es ist so ein Zwischending. Und durch den lateinischen Text hat es auch eine Distanz. Insofern ist es auch wichtig, dass der Sprecher immer wieder das Geschehnis und die Erzählung vorantreibt und vorwegnimmt.

BR-KLASSIK: Und Sie sind als deutsche Sprecherin dann vielleicht doch noch näher am Publikum als die Sänger und Sängerinnen, oder?

Waltraud Meier: Das denke ich auch. Igor Strawinsky hat den Sprecher im Original auf Französisch getextet. Aber in den Aufführungen wird der Text in der Landessprache vorgetragen.

Waltraud Meier als Klytämnestra in Salzburg 2010. | Bildquelle: picture-alliance / Schaadfoto/ Andreas Schaad | Andreas Schaad Waltraud Meier als Klytämnestra in Richard Strauss' "Elektra" 2010 in Salzburg | Bildquelle: picture-alliance / Schaadfoto/ Andreas Schaad | Andreas Schaad BR-KLASSIK: In der griechischen Mythologie kennen Sie sich ja bestens aus. Ich sage nur: Klytämnestra. Hilft das beim Erarbeiten dieser Sprechpartie?

Waltraud Meier: Unbedingt. Ich habe mich aber auch sehr reingekniet, ich wollte genau wissen: Wo ist Korinth? Wo ist Delphi? Wie spricht man bestimmte Namen richtig aus? Wo ist Theben? Wo ist die Kreuzung, wo dieser Mord stattgefunden hat, und so weiter … Solche Sachen haben mich sehr interessiert. Das finde ich höchstspannend.

Doch noch ein bisschen auf der Bühne bleiben

BR-KLASSIK: Haben Sie jetzt vielleicht Blut geleckt? Was kommt als Nächstes? Gibt es schon Pläne?

Waltraud Meier: Ich weiß gar nicht, wie viele Sprechrollen es im musikalischen Bereich gibt. Natürlich würde mich das dann sehr interessieren. Aber vielleicht kann man mein Sprechen auch in Liederabenden mit einbinden. Da bin ich gerade gemeinsame mit meinem Pianisten und dem wunderbaren Bariton Samuel Hasselhorn am Überlegen. Vielleicht ein Liederabend, an dem die beiden Lieder zur Aufführung bringen, zum Beispiel von Brahms und Schumann. Und ich lese dann Texte aus dem Briefwechsel mit Clara Schumann, Robert Schumann und Johannes Brahms. Oder die Lieder von Mahler und Zemlinsky mit den Briefen von Alma Mahler. Vielleicht wird da ja was draus.

Ich habe mich, seitdem ich aufgehört habe, nicht mal mehr eingesungen.
Waltraud Meier

BR-KLASSIK: Wann höre ich auf zu singen? Diese Frage ist bestimmt nicht einfach zu beantworten. Können Sie mit ihrer Entscheidung leben?

Waltraud Meier: Ich kann sehr gut damit leben. Ich habe mich, seitdem ich aufgehört habe, nicht mal mehr eingesungen. Ich finde es wunderbar, wenn ich Kolleginnen zuhöre, wenn die das wunderbar singen und mit herrlichem Ausdruck, dann kann ich es genießen und kann sagen: Meine Zeit ist vorbei. Ich hatte eine wundervolle Zeit, und jetzt kommt etwas anderes.

Sendung: "Allegro" am 20. März 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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