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Kostprobe | 12.02.2023 Jordi Savall spielt Stücke aus dem Codex Las Huelgas

Alle haben schon Stücke daraus vertont. Jetzt nimmt sich Jordi Savall den Las Huelgas Codex vor mit überzeugendem Ergebnis.

CD-Cover: Codex las Huelgas | Bildquelle: © Alia Vox

Bildquelle: © Alia Vox

Schwarze, eckige Notenköpfe auf roten Linien, aufgeschrieben vor gut 700 Jahren: Der Codex Las Huelgas ist ein Klassiker unter den mittelalterlichen Musikhandschriften. Höchste Zeit, dass sich Jordi Savall, einer der Altmeister der Alten Musik, dieses spannende Repertoire vornimmt. Aber wo anfangen? 185 Stücke enthält die Handschrift. Einstimmige Gesänge, aber auch mehrstimmige, wie wir sie aus dem Saint Martial-Repertoire kennen. Außerdem ist die reiche Polyphone der sogenannten ars nova hier schon in Grundzügen zu erkennen. Jordi Savall wäre nicht Jordi Savall, wenn er seine Stückauswahl nicht als spannende Geschichte verpacken würde. "Bestiarium und Symbole des Göttlichen" lautet der Untertitel. Die Protagonisten der Stücke werden der mittelalterlichen Symbolik entsprechend Tieren zugeordnet. Adler, Löwe, Stier und Mensch stehen z.B. für die vier Evangelisten und werden im Text des ersten Stücks erwähnt. Ansonsten bleibt das Thema ein eher vager roter Faden.

Volles und ausschweifendes Klangbild

Die meisten der ausgewählten Stücke kennt man schon aus der ein oder anderen Einspielung von Ensembles wie Discantus, Per-Sonat, Gilles Binchois oder Anonymus 4. Das Einzigartige auf dieser Aufnahme ist das Klangbild: Jordi Savall packt das große Besteck aus. Schließlich kann sein Ensemble Hesperion XXI da aus den Vollen schöpfen mit Harfe, Psalter, Orgel, Flöten, Laute, Fidel, Drehleier und allerhand Glocken. Kreativ setzt er auch in den einstimmigen Gesängen Gegen- und Bordunstimmen ein, wählt sportliche Tempi und lässt die Sängerinnen und Sänger der Capella Reial de Catalunya solistisch, chorisch und in abwechselnden Gruppen alterieren. So entsteht ein volles und ausschweifendes Klangbild, das diese Gesänge auf eine ganz eigene und überzeugende Art erfahrbar macht.

Musiker und Musikwissenschaftler

Wie bei Savalls Label Alia Vox üblich kommt die CD mit dickem, mehrsprachigem Booklet. Die Essays richten sich an ein musikhistorisch informiertes Publikum mit spannenden Einblicken in die christliche Tiersymbolik des Mittelalters und in die Forschung zum Las Huelgas Codex. Natürlich sind auch die Texte mit Übersetzungen aufgeführt und die Quellen bis hin zur Seitenangabe genau verzeichnet. Da zeigt sich nicht nur der Musiker, sondern auch der Musikwissenschaftler Jordi Savall. Seine Expertise ist der Aufnahme anzuhören. Sein Blick auf dieses bedeutende Repertoire der mittelalterlichen Musik ist in jedem Fall eine Bereicherung.

Codex las Huelgas. Bestiarium und Symbole des Göttlichen

La Capella Reial de Catalunya
Hesperion XXI
Jordi Savall
Label: Alia Vox

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 12. Februar 2023, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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