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Kostprobe | 27.02.2022 La Grazia delle Donne

Ein ganzes Album voller weiblicher Barockmusik. Das kanadische Ensemble La Cigale hebt Schätze von Isabella Leonarda, Vittoria Aleotti und Co.

CD-Cover: La Grazia delle Donne | Bildquelle: © Analekta

Bildquelle: © Analekta

Wer die virtuellen wie realen CD-Regale in der Alten Musik-Ecke nach Neu-Einspielungen von Komponistinnen durchsucht, bleibt ernüchtert zurück: das Angebot ist gelinde gesagt übersichtlich. Hie und da trifft man auf Elisabeth Jacquet de la Guerre oder Barbara Strozzi, aber meistens gut versteckt zwischen den männlichen Kollegen. Umso erfreulicher, dass das Ensemble La Cigale das Prinzip herumdreht: Auf ihrem jüngsten Album dürfen sich die Herren Vivaldi und Caccini, die ja immerhin an der Ausbildung von Nachwuchskomponistinnen beteiligt waren, zwar unter ihre Kolleginnen mischen. Ansonsten ist "La Grazia delle Donna" aber ganz der barocken Damenwelt Italiens gewidmet.

Zerbrechliches Lamento

Da wäre z.B. Isabella Leonarda, 1620 in Novara geboren. Sie gilt als die erste Frau, die Instrumentalmusik veröffentlicht hat. Oder Vittoria Aleotti, Ende des 16. Jahrhunderts geboren und von der Musikgeschichtsschreibung derart stiefmütterlich behandelt, dass sie lange Zeit für zwei verschiedene Frauen gehalten wurde. Inzwischen geht man davon aus, dass Raffaela Aleotti nicht Vittorias Schwester, sondern ihr Name als Ordensschwester war. Mit 14 Jahren trat sie nämlich ins Kloster ein. Das hinderte sie aber nicht daran, die sinnlichen Madrigale ihrer Zeitgenossen zu vertonen. Auch die vielleicht bekannteste Vertreterin der italienischen Barockmusik Barbara Strozzi ist vertreten. Ihre Arie "Lagrime mie" interpretiert die Sopranistin Myriam Leblanc als einfühlsam-zerbrechliches Lamento.

Weibliche Barockmusik

Zusammen mit der Sopranistin Myriam Leblanc liefert das kanadische Ensemble La Cigale mit "La Grazia delle Donne" eine solide Einspielung bislang leider zu selten gehörter weiblicher Barockmusik. Von Frauen wird oft nur in den toten Winkeln der Geschichte erzählt, schreibt Madeleine Owen, die Leiterin des Ensembles im Booklet. Wie sich auf dem neuen Album zeigt, lohnt es sich aber, in diese schlecht ausgeleuchteten Ecken der Musikgeschichte vorzustoßen. Und das regt hoffentlich zur Nachahmung an!

La Grazia delle Donne

Isabella Leonarda, Vittoria Aleotti, Barbara Strozzi, Francesca Caccini, Settima Caccini, Giulio Caccini, Alessia Adobrandini, Antonio Vivaldi
Ensemble: La Cigale (Ltg: Madeleine Owen), Myriam Leblanc (Sopran)
Label: Analekta

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 27. Februar 2022, 12.30 Uhr auf BR-KLASSIK

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