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Kostprobe | 05.05.2024 Sonaten und Ballettmusik von David Pohle

Zwischen Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach: Die deutsche Musik ist auf dem Weg, ihre eigene Identität zu finden. Ein Baustein sind die Werke von David Pohle. Das belgische Ensemble Clematis hat seine Instrumentalmusik komplett eingespielt.

Sonaten und Ballettmusik von David Pohle | Bildquelle: © Ricercar

Bildquelle: © Ricercar

Es muss eine anregende Zeit gewesen sein, damals in Dresden. Heinrich Schütz war Hofkapellmeister und brachte von seinen Venedig Reisen zahlreiche Neuerungen mit nach Hause. Dazu kamen die Impulse einer hochkarätigen Musikerschaft von europäischem Rang. In diesem kreativen Klima der 1630er Jahre erhielt David Pohle seine Ausbildung, ein junger Instrumentalist, der heute nur noch ein paar wenigen Kennern etwas sagt.

Formale Vielfalt

David Pohle wurde über mehrere Stationen, unter anderem in Kassel und Halle, schließlich Kapellmeister in Merseburg. Zeitlebens wurde kein Werk von ihm gedruckt. Und doch ist sein Beitrag zur Entwicklung der Musik in Deutschland nicht zu unterschätzen. Seine Kirchenkantaten sind ein wichtiger Entwicklungsschritt in der Gattungsgeschichte. Und dann ist da noch die Instrumentalmusik. Die knapp 30 Sonaten und zwei Suiten für mehrere Streichinstrumente hat jetzt das belgische Ensemble Clematis komplett eingespielt. Auffällig gleich beim ersten Hören ist die große formale Vielfalt. Die Sonaten sind oft kleinteilig mit mehreren Sätzen, die zum Teil starke Kontraste aufweisen. Der Stylus Phantasticus bahnt sich den Weg von Italien hin zur Norddeutschen Orgelschule.

Auf dem Weg zum vermischten Geschmack

Stilistisch vereinen Pohles Instrumentalwerke die virtuose italienische Sonate mit dem tänzerischen Gestus französischer Vorbilder. Dazu kommt noch die in Deutschland gepflegte instrumentale Polyphonie. Wieder etwas im Werden, nämliche der vermischte Geschmack, der später für die deutsche Barockmusik charakteristisch werden sollte.

Gelungene Rekonstruktion

Das Ensemble Clematis widmet sich diesem Repertoire, das so lange im Dornröschenschlaf verbracht hat, mit großer Sorgfalt und Frische, die Musikerinnen und Musiker lassen David Pohles Sonaten unter ihren Fingern förmlich erblühen. Dass diese Musik nicht früher bekannt wurde, hat vielleicht auch damit zu tun, dass bei vielen Stücken die Stimme der ersten Geige rekonstruiert werden musste. Eine entsprechende Ausgabe liegt seit einiger Zeit vor und ist so gut gelungen, dass man ohne dieses Wissen die Authentizität gar nicht in Frage stellen würde. Dank Clematis steht einer umfassenderen Entdeckung dieser hörenswerten Musik nun nichts mehr im Wege.

Sonaten und Ballettmusik von David Pohle

David Pohle
Ensemble Clematis
Label: Ricercar

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 5. Mai 2024, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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