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Kostprobe | 04.12.2022 Feuerwerk im tiefen Register

Alles andere als brummig: Sophie Dervaux zeigt in einer neuen Aufnahme unbekannter Fagottkonzerte von Johann Christian Bach und Michael Haydn, wie leicht und brillant ein Fagott klingen kann.

CD-Cover: Fagottkonzerte von J. C. Bach und M. Haydn | Bildquelle: Berlin Classics

Bildquelle: Berlin Classics

So kennen wir das Fagott: Brummig und schlurfend – wie der Großvater in Sergej Prokofieffs "Peter und der Wolf". Aber ein Fagott kann auch anders:

Vergessen sind da Trägheit und Schwerfälligkeit. Völlig mühelos klingt das und so selbstverständlich, als könne jeder ein Fagott in die Hand nehmen und loslegen. Natürlich ein Irrtum, denn das, was die französische Virtuosin Sophie Dervaux da abbrennt, ist ein Feuerwerk der Extraklasse, grenzenlose Souveränität und höchste Musikalität in einem.

Neues Repertoire

Seit 2015 ist Sophie Dervaux Solofagottistin der Wiener Philharmoniker, eine Musikerin voller Neugierde und Experimentierfreude, immer auf der Suche nach neuem Repertoire für ihr Instrument. Die Konzerte von Mozart, Weber und Hummel, altgediente Schlachtrösser der Fagott-Literatur, genügen ihr nicht, sie möchte neues Repertoire entdecken. So in ihrer soeben erschienenen Einspielung mit Fagottkonzerten von Johann Christian Bach und Michael Haydn, bei der Sophie Dervaux vom Münchener Kammerorchester begleitet wird.

Über die Qualität der Konzerte von Johann Sebastian Bachs jüngstem Sohn und Joseph Haydns jüngerem Bruder kann man geteilter Meinung sein. Selbstverständlich sind diese eleganten, graziösen Stücke tadellos gearbeitet, entbehren allerdings dann doch zuweilen der charaktervollen Individualität. Vielleicht würde man sich sogar da und dort ein wenig langweilen, hätte sich nicht Sophie Dervaux – in dieser Einspielung übrigens auch als Dirigentin – diese Musik vorgeknöpft. Vergessen sind Konventionalität und Bravheit, plötzlich haben Witz, Charme und Esprit die Oberhand. Dabei fällt kaum auf, dass es sich nicht um eine Originalklang-Aufnahme handelt, denn Solistin und Orchester musizieren historisch informiert und mit bestechender, immer klarer Phrasierung.

Glücksmomente

Sophie Dervaux spannt mit scheinbar endlosem Atem weite Bögen, lässt die Töne hüpfen wie warme Sommerregentropfen. Das Münchener Kammerorchester ist dabei stets ein ebenbürtiger Partner. Wahrhafte Glücksmomente beim Hören stellen sich ein, wenn Sophie Dervaux ansetzt zu den Kadenzen, jenen kurzen freien Einschüben in klassischen Konzerten, die allein dem Soloinstrument gehören. So viel Fantasie und Spielfreude würden auch dem brummigen Fagott-Großvater aus "Peter und der Wolf" in die steifen Beine fahren und ihn tanzen lassen wie einen jungen Gott.

Fagottkonzerte von J. C. Bach und M. Haydn

Sophie Dervaux
Münchener Kammerorchester
Label: Berlin Classics

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 4. Dezember 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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