Hamburg, 06. Juni 1859. Manchmal geht's schnell: Johannes Brahms spielt bei einer Hochzeit und entdeckt dabei ein paar talentierte junge Sängerinnen. Kurzentschlossen lädt er sie zu einer unverbindlichen Probe ein. Und dann wird schnell Ernst daraus.
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"Was heute geschah" zum Anhören
Johannes Brahms' Augen leuchten – und seine Ohren erst! Dieser silbrige Klang! Vor ihm steht die Crème de la Crème dessen, was die Hansestadt zu bieten hat: eine Schar talentierter junger Sängerinnen. Sein frisch gegründeter Frauenchor. Die Mädchen strahlen Brahms an, während sie seine Musik singen. Manch eine von ihnen schwärmt sicherlich auch für den hübschen, jungen Dirigenten mit den blonden Haaren.
Brahms ist 26 Jahre alt und vor kurzem aus Detmold, wo er beim Hof angestellt ist, nach Hamburg zurückgekehrt, seine Heimatstadt. Den Sommer hat er frei – und nutzt die Zeit zum Komponieren und gibt Konzerte als Pianist. Bei einer Hochzeit im Mai hat er eine Gruppe singender Frauen an der Orgel begleitet. Ein bunt zusammengewürfelter Haufen, aber mit Potenzial. Brahms war so fasziniert von ihren Stimmen, dass er fragte, ob sie nicht mal Lust hätten, mit ihm sein "Ave Maria" einzustudieren. Und da stehen sie nun: 28 junge Sängerinnen.
Es ist die erste offizielle Probe des Frauenchores, am 6. Juni. Und weil das "Ave Maria" so gut klappt, zieht Brahms gleich noch zwei weitere Kompositionen aus der Tasche. Die jungen Frauen kriegen gar nicht genug von Brahms' Musik – und verabreden sich gleich wieder für den nächsten Tag. Ab dann proben sie wöchentlich. Und Brahms schreibt eine ganze Reihe neuer Stücke für Frauenstimmen: Deutsche Volkslieder, Geistliche Gesänge, seinen 13. Psalm.
Brahms trifft die Mädchen aber nicht nur zum Singen. Sie verbringen auch gesellige Nachmittage an der Alster. Es entwickeln sich Freundschaften, vielleicht auch die ein oder andere Schwärmerei. Ende September aber heißt es erstmal Abschied nehmen. Brahms muss zurück nach Detmold. Er erinnert sich: "Das war ein rührender Abschied. Alles wurde noch einmal gesungen… Als ich den Nachmittag nach Hause kam, fand ich ein Kistchen. Unter Blumen versteckt, fand ich ein silbernes Schreibzeug: Zum Andenken an den Sommer 59 vom Frauenchor."
Im nächsten Frühjahr kehrt Brahms nach Hamburg zurück. Noch zwei Jahre wird er den Hamburger Frauenchor leiten, ehe es ihn weiterzieht – in die Musikstadt Wien.
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Johannes Brahms // Ave Maria
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Autorin des Artikels: Susanna Felix
Sendung: "Allegro" am 06. Juni 2025 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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