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01. Juli 1959 – "Take Five" wird aufgenommen Die harte Arbeit, bis fünf zu zählen

Es ist der 1. Juli 1959. Vier Musiker arbeiten an einem Experiment: an den Aufnahmen für ein Album mit Stücken in ungewöhnlichen Zählzeiten. Eines davon steht im 5/4-Takt. Es war eigentlich ein Lückenfüller – und wurde zu einem Hit. Es war das erste Jazz-Stück, das sich über eine Million Mal verkaufte. "Take Five" hieß es, abgeleitet von der Empfehlung, sich mal fünf Minuten Zeit zu nehmen. Hier waren auch die fünf Viertel eines Taktes gemeint. Und fünf Viertel, das lernte die Welt von da an, können richtig gut swingen.

Jazzpianist Dave Brubeck in den 60ern | Bildquelle: picture alliance / Everett Collection

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Man erkennt es gleich am Anfang, wenn der Rhythmus sich formt. Und erst recht natürlich, wenn das Saxophon einsetzt: das elegant sich in die Höhe räkelnde Altsaxophon von Paul Desmond. Es ist eines der berühmtesten Jazzstücke überhaupt. Wenn man mitzählt, erkennt man schnell die titelgebende Besonderheit. Das Stück steht im 5/4-Takt. Deswegen heißt es so. "Take Five". Der Titel bedeutet aber auch. Nimm Dir mal fünf – und zwar: Minuten Zeit.

Ein Lückenfüller wurde zum Millionenseller

Paul Desmond | Bildquelle: Courtesy Everett Collection-dpa Saxophonist Paul Desmond | Bildquelle: Courtesy Everett Collection-dpa Dieses Stück des Dave Brubeck Quartets war die erste Jazz-Single, die sich über eine Million Mal verkaufte. Das war ein völlig unerwarteter Erfolg. Das Stück war Teil eines Experiments und im Grunde: ein Lückenfüller. Der Bandleader Dave Brubeck hatte eine Langspielplatte mit lauter Stücken in ungewöhnlichen Taktarten in Arbeit. Er brauchte noch eines im 5/4-Takt. Bei den Proben hatte er mitbekommen, wie sich der Saxophonist Paul Desmond und der Schlagzeuger Joe Morello über einem 5/4-Takt warmspielten. Da bat er Paul Desmond, sich ein Stück in diesem Metrum zu überlegen.

Zwei Melodien zur Wahl – man nahm beide

Desmond brachte das nächste Mal zwei Melodien zur Auswahl mit, und Dave Brubeck kam auf die Idee, beide zu verwenden. Die in es-Moll ist diejenige Melodie, die schließlich in der Aufnahme am Anfang stand: Cool und etwas melancholisch klingt sie und hat einen besonderen Reiz durch drei direkt aufeinanderfolgende Halbtonschritte; diejenige in Ces-Dur – mit den schwungvoll gespielten hohen Einzeltönen eines Dur-Akkords – folgt als kontrastreiches, hell und optimistisch klingendes zweites Thema.

Ein hartes Stück Arbeit

In der schließlich veröffentlichten Aufnahme klingt alles so locker, so unbeschwert. Wie der Schein trügen kann! Extreme Mühe hatten die vier Musiker damit: neben Pianist Brubeck, Saxophonist Desmond und Schlagzeuger Morello der Bassist Gene Wright. Dem Schlagzeuger sollte das Stück besonders zum Glänzen verhelfen mit einer langen Solo-Einlage. Doch der Rhythmus wollte sich bei den Aufnahmen zunächst nicht fügen.

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Dave Brubeck, The Dave Brubeck Quartet - Take Five (Audio) | Bildquelle: DaveBrubeckVEVO (via YouTube)

Dave Brubeck, The Dave Brubeck Quartet - Take Five (Audio)

Suchen nach dem Groove

Offenbar gut gelaunt waren sie am ersten Aufnahmetag, dem 25. Juni 1959, ans Werk gegangen – zumindest lassen das Gesprächsfetzen aus dem Studio schließen, die unlängst auf einem Album mit bisher unveröffentlichtem Material erschienen. Bei "Take Five" kamen sie nur zu einem Zwischen-Ergebnis. Die Aufnahme, die sie fertigstellten, hat noch nicht den zwingenden Groove jener Einspielung, die später berühmt wurde.

Auf die Single musste man noch warten

Am 1. Juli 1959 war es dann soweit. Es entstanden mindestens zwei gute Takes, einer für die Langspielplatte, einer für die Single. Die aber erschien erst knapp zwei Jahre nach der Aufnahme – und brachte dann ganz schnell viele Menschen dazu, beim Zählen bis fünf nicht ins Stocken zu kommen.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 01. Juli 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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