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14. Juli 1897 – Edward Elgars "Dorabella-Chiffre" Ein bis heute nicht gelöstes Rätsel

Great Malvern, Worcestershire, 14. Juli 1897. Edward Elgar schreibt einen verschlüsselten Brief an eine junge Bekannte. Die sogenannte Dorabella-Chiffre wirkt auf den Betrachter, als wäre sie ganz leicht zu entschlüsseln, als müsse er nur die Augen auf eine bestimmte Weise zusammenkneifen, um den Sinn dahinter zu verstehen.

Der Komponist Edward Elgar | Bildquelle: picture alliance/United Archives | 91050/United_Archives/TopFot

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Die Botschaft an die Missionarstochter Dora Penny besteht aus insgesamt 87 Zeichen – und diese wiederum sind aus kleinen Halbkreisen zusammengesetzt. Sie sehen aus wie etwas aus der Form geratene Schreibschrift-„E“s oder aufgerichtete „M“s, denen Elgar manchmal noch zusätzliche Bögen verpasst hat. Teils liegend, teils stehend oder schräg dahinwandernd verteilen sie sich auf drei Zeilen. An der Botschaft beißen sich seit Jahrzehnten Musikwissenschaftler und Kryptographen die Zähne aus. Die Lösungsversuche muten nicht weniger seltsam an als die Chiffre selbst – zum Beispiel: Beginnt. Flausen. Es ist chaotisch, aber ein Umhang verhüllt meine neuen Buchstaben.

Der Dankesbrief enthält ein Rätsel

Edward Elgar und seine Frau besuchen im Sommer des Jahres 1897 den Missionar Alfred Penny in Wolverhampton. Caroline Elgar ist mit der Frau des Reverend befreundet, Edward Elgar und die Tochter des Geistlichen, Dora Penny, unterhalten sich intensiv über Musik – die junge Frau nimmt Gesangsunterricht und gehört dem Chor von Wolverhampton an. Zurück in Great Malvern schreibt Caroline einen Dankesbrief an die Familie Penny – und ihr Ehemann legt eine eigene Notiz in den Umschlag, adressiert an Miss Penny – die Dorabella-Chiffre.

Die Chiffre steht in Doras Memoiren

Eineinhalb Jahre später verewigt Elgar Dora Penny in seinen "Enigma-Variationen" – in Variation Nummer 10, "Dorabella". Die Dorabella-Chiffre hingegen wird erst Jahrzehnte später bekannt. Und zwar, als Dora ihre Memoiren veröffentlicht und die Chiffre darin abdrucken lässt.

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Elgar Variations on an Original Theme Enigma, Op. 36; Variation X; Dorabella - Dora Penny | Bildquelle: Gonzaga Symphony Orchestra (via YouTube)

Elgar Variations on an Original Theme Enigma, Op. 36; Variation X; Dorabella - Dora Penny

Doch gab es die Chiffre überhaupt?

Edward Elgar erschuf ein endlos-ergiebiges Enigma, ein erstaunlich ehrgeiziges, ehernes Erzeugnis, ewig entzogen erzwungener Entschlüsselung. Es entstehen erneut einige Erklärungen, Erläuterungen für die offenbar unlösbare Chiffre. Die eine besagt, dass es nie eine verschlüsselte Botschaft gegeben hat – die angebliche Originalnotiz Elgars an Dora ist verschwunden, der einzige Beleg für ihre Existenz sind die Memoiren von Dora Penny. Und die könnte die Chiffre einfach selbst erfunden haben. Die andere Lösung: Es gab nie eine. Der für seinen Humor bekannte Elgar könnte sich ganz einfach einen Scherz erlaubt haben.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 14. Juli 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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