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Erik Satie soll ins Gefängnis Muss er aber doch nicht ...

Paris 12. Juli 1917. Die fünfte Kammer des Tribunal d’Instance de Paris verurteilt den Komponisten Erik Satie zu acht Tagen Gefängnis und einer saftigen Geldstrafe von über 1000 Franc. Wegen öffentlicher Beleidigung und Verleumdung hatte der Musikkritiker Jean Poueigh den Komponisten Erik Satie vor Gericht gebracht. Was war passiert?

Der Komponist Erik Satie | Bildquelle: picture alliance/Mary Evans Picture Library

Bildquelle: picture alliance/Mary Evans Picture Library

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Jean Poueigh hatte zu der Uraufführung von Saties Balletts "Parade", die einige Wochen zuvor einen Eklat verursacht hatte, eine vernichtende Kritik geschrieben. Weder an der Inszenierung, noch an der Musik von Satie, noch an dem Libretto von Jean Cocteau hatte er ein gutes Haar gelassen, sprach von "Dummheit, Banalität und Albernheit". Saties Reaktion darauf: Er schickte dem Kritiker Postkarten mit eindeutigen Statements: "Mein Herr und lieber Freund, Sie sind nur ein Arsch, aber ein Arsch ohne Musik. Gezeichnet Satie".

Mein Herr und lieber Freund, Sie sind nur ein Arsch, aber ein Arsch ohne Musik.
Erik Satie zu einem Kritiker

Satie stellt sich vor Gericht ungeschickt an

Eine Anspielung auf den Komiker Pétomane, der zu der Zeit im Moulin Rouge auftrat und dessen Furznummer jeder Pariser kannte. Wieviele Postkarten dieser Art Satie verschickt hat, ist nicht bekannt, aber sie waren der Grund, warum der Komponist, eine der schillernsten Persönlichkeiten der französischen Musik, jetzt vor Gericht steht und seine Verurteilung entgegennimmt. In der Verhandlung stellt er sich nicht sonderlich geschickt an, berichtet sein Freund Apollinaire: "Satie war ganz offensichtlich unbesonnen. Er hat sich wie ein alter Student aus Mürgers Zeiten benommen. Aber man hat ihn selbst derart beleidigt, dass ich mich frage, ob es gerecht ist, dass die Kritiker ihre Opfer auch noch ausplündern, nachdem sie sie gemordet haben."

Zwei Ohrfeigen und eine Petition

Nach der Urteilsverkündung legt Satie sofort Berufung ein. Im November treffen sich die Parteien vor dem Berufungsgericht wieder, das das Urteil jedoch bestätigt. Saties Freunde sind außer sich. Als der Anwalt des Gegners an ihnen vorbeigeht, schreit Jean Cocteau: "Ich schlage ihm den Schädel ein!" und verpasst dem Anwalt zwei Ohrfeigen. Die Nerven liegen blank, aber nicht bei Cocteaus Mutter. Sie verfasst eine Petition, die einige Prominente unterschreiben und schickt sie an den Justizminister.

Et voilà: Satie muss doch nicht ins Gefängnis.

Der Stein des Anstoßes: Saties Ballett "Parade"

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Erik Satie «Parade» | Bildquelle: Ян Голубь (via YouTube)

Erik Satie «Parade»

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Sendung: "Allegro" am 12. Juli 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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