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03. November 1843 – Marie d'Agoult beginnt ihren Roman "Nélida" Literarische Rache an Franz Liszt

Paris, 3. November 1843. Marie d'Agoult schnappt sich die Feder und rammt sie ins Tintenfass. Jetzt reicht's. Sie zerrt einen Stapel Papier hervor und beginnt zu schreiben. Während sie hier mit den Kindern in Paris rumhockt, treibt sich ihr lieber Franz mal wieder irgendwo auf Konzerttournee herum. Wer weiß, mit welcher Frau er diesmal im Bett liegt. Maries Finger krampfen, die Feder kratzt übers Papier. Dieser aufgeblasene Gockel! Marie schreibt sich die Wut von der Seele, ihre Enttäuschung und den Schmerz. Dabei liebt sie ihn doch.

Marie D'Agoult, zeitwweise Lebensgefährtin von Franz Liszt | Bildquelle: picture alliance / Heritage Images | Henri Lehmann

Bildquelle: picture alliance / Heritage Images | Henri Lehmann

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Es tropft aufs Papier – nicht nur Tinte. Hastig schreibt Marie weiter. An diesem 3. November notiert sie in ihr Tagebuch: "Nélida angefangen mit äußerstem Schwung." Es wird ihr erster Roman. Marie schreibt unter ihrem Pseudonym Daniel Stern. Daniel, Nélida –  ein Anagramm. Kein Zufall. Dieser Roman erzählt ihre Geschichte. Die einer zermürbenden Liebesbeziehung – zwischen ihr, Marie, und Franz Liszt.

Wenig schmeichelhaftes Porträt Liszts

Der Komponist Franz Liszt | Bildquelle: picture-alliance/dpa Franz Liszt | Bildquelle: picture-alliance/dpa Die Parallelen sind mehr als deutlich: Nélida, eine junge Adlige, heiratet einen Mann ihres Standes. Dabei liebt sie einen anderen: den Maler Guermann Régnier – alias Franz Liszt. Sie stürzt sich in eine Affäre. Doch Guermann entpuppt sich bald als Frauenheld, arrogant, eitel und herzlos. Für einen lukrativen Auftrag im Ausland verlässt er Nélida – "ohne Kummer, ohne Gewissensbisse, bitteren Herzens, nur von Erfolg, Triumph und Rache träumend". Dabei ist es mit Guermanns Schöpferkraft nicht weit her: "Guermann fühlte bei dem Anblick dieser endlosen Galerie einen schmerzhaften Druck im Herzen; kalter Schweiß perlte über seine Stirn."

Ein Roman als finale Abrechnung

Am Ende bleiben die Wände weiß. Ebenso wie viele von Liszts Partituren. Vergeblich hatte Marie gehofft, aus ihm würde ein großer Komponist werden. Stattdessen dieses Lotterleben als reisender Virtuose, der sich im Rampenlicht sonnt, angeberisch über die Tasten turnt – und anschließend durch fremde Betten. Was will Marie mit ihrem Roman erreichen? Mit Liszt abrechnen? Ihre Gefühle verarbeiten? Marie ist am Ende. Kurz darauf trennt sie sich von Liszt. Ihren Roman veröffentlicht sie zwei Jahre später.

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Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 03. November 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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