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Ludwig van Beethoven Klavierkonzert Nr. 5

Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 5 ist, anders als es sein Beiname "Emperor Concerto" suggeriert, kein allein von Heroismus geprägtes Werk. Es hat überraschend sanfte, intime Momente. Ulrich Möller-Arnsberg stellt das Starke Stück zusammen mit dem Pianisten Paul Lewis vor.

Ludwig van Beethoven | Bildquelle: picture alliance / Glasshouse Images

Bildquelle: picture alliance / Glasshouse Images

Die Sendung zum Anhören

Als Beethoven im Jahr 1809 sein 5. Klavierkonzert schrieb, war er von Kriegslärm umgeben. Napoleon Bonaparte stand mit seinen Truppen vor Wien. Das wirkte sich in zweierlei Hinsicht auf die Arbeit des Komponisten aus. Zum einen war die wirtschaftliche Existenz Beethovens unsicher geworden, weil sein Mäzen, Erzherzog Rudolf, die Stadt verlassen hatte und als Geldgeber nicht mehr zur Verfügung stand. Zum anderen nahm der Kriegslärm unmittelbar Einfluss auf Beethovens Schaffensprozess. Am Ende war ein Stück entstanden mit einer für das Genre ungewöhnlich neuen Form, in der der Solist zwischen heroischen und friedfertigen Momenten wechselt.

Explosive Einleitung

Mit Fortissimo-Schlägen des Orchesters, unterbrochen von einem lebhaft präludierenden Klavier beginnt das 5. Klavierkonzert Ludwig van Beethovens. Der englische Pianist Paul Lewis sieht allerdings keinen Grund, diese heroisch wirkenden Anfangstakte als bezeichnend für das Konzert überhaupt zu nehmen, wie es der Beiname "Emperor Concerto" suggeriert. Schon bald nach dem Thema des ersten Satzes, das sich an die explosive Einleitung anschließt, wandelt sich das musikalische Wechselspiel zwischen Solist und Orchester in fast intime, kammermusikalische Momente. "Es gibt in dem Konzert noch eine ganz andere Seite", sagt Paul Lewis. "Ein Pianissimo im Solopart gegenüber pizzicato bei den Streichern oder gegenüber einem einzelnen Blasinstrument. Diese Intimität ist sehr extrem. Ein Kontrast zu dem volltönenden symphonischen Charakter. Und das ist die Schwierigkeit bei der Interpretation. Nämlich diese beiden Gegensätze überzeugend herauszuarbeiten. So, dass sie auch zusammen funktionieren."

Hin zu fernen Tonarten

Auffällig in diesem Zusammenhang ist ein punktiertes Motiv im ersten Satz, das zu dem marschartigem Thema zurückführt. Dieses wird dann aber vom Solisten mit überraschend verhaltener Gesanglichkeit vorgetragen. Der weitere Verlauf des Klavierparts mutet dann wie ein Rückzug an von den allzu martialisch, lauten Tönen, hin zu fernen Tonarten wie ces und ges, als wolle sich der Pianist aus der Realität wegträumen, in die er dann wieder zurückgeholt wird. Paul Lewsi sagt dazu: "Ich würde nicht behaupten, dass man im ersten Satz etwas wirklich Martialisches findet, trotz des damaligen Krieges. Eher ist da eine Art Souveränität, als ob eine Aggression überwunden wird. Danach folgt der introvertierte zweite Satz."

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Einer von Beethovens Überraschungs-Tricks ist es, sich auf nur eine Note zu konzentrieren.
Paul Lewis

Eine einzige große Idylle im langsamen Satz

Paul Lewis | Bildquelle: www.paullewispiano.co.uk Pianist Paul Lewis | Bildquelle: www.paullewispiano.co.uk Tritt das Orchester im ersten Satz von Beethovens 5. Klavierkonzert in einem martialischen Gegenpart gegenüber dem Solisten auf, so wird es im Adagio un poco moto zum freundlichen Begleiter. Ganz so, als wäre der napoleonische Kanonendonner um Wien, der Beethoven umgab, als er 1809 sein Konzert schrieb, verflogen. Schwebend leicht gleiten die Töne des Klaviers über dem Klangteppich des Orchesters dahin. Eine einzige große Idylle tut sich auf. Der langsame Satz, sagt der englische Pianist Paul Lewis, sei von seinem meditativen Charakter her zwar keine Ausnahme in Beethovens Musik. Aber er sei doch ein außergewöhnliche empfindsamer Part im 5. Klavierkonzert. Und er verbinde klug die Ecksätze, indem er die Gedanken des Finales vorwegnehme: "Einer von Beethovens Überraschungs-Tricks ist es, sich auf nur eine Note zu konzentrieren. Der langsame zweite Satz endet in B-Dur auf dem H, das einen Halbton nach unten auf B rutscht. Das kann alles Mögliche bedeuten. Zuerst wissen wir nicht, wohin das harmonisch führt. Doch dann erklärt er es und gibt einen Vorgeschmack auf ein Theme des letzten Satzes – aber im Pianissimo. Auf einmal explodiert es. Der letzte Satz wird schon angekündigt – in Es-Dur und von Ferne – bis es auf einmal Peng macht und los geht's. Darin besteht die Überraschung und genauso muss man es spielen: als etwas Unerwartetes. Auch wenn jeder das Stück kennt und genau das im Endeffekt erwartet."

Finale mit tänzerischem Charakter

Das Finale des 5. Klavierkonzertes von Beethoven greift nicht mehr die martialische Seite des ersten Satzes auf. Es hat, ähnlich wie die Schlusssätze der anderen Klavierkonzerte, tänzerischen Charakter. Die große Spannung, so Pianist Paul Lewis, die dem Anfang des Konzerts innewohnte, hat sich gelöst: "Ich frage mich, ob dies nicht ausdrücken soll, dass etwas durchlebt wurde – dass man über etwas hinausgewachsen ist. Dieser letzte Satz handelt nicht von irgendeiner Sorge über Krieg oder so etwas. Er ist leichter, er tanzt, er atmet und beansprucht Raum. Man fühlt sich, als hätte man etwas überwunden – als hätte man ein Problem bewältigt."

Musik-Info

Ludwig van Beethoven:
Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73


Paul Lewis (Klavier)
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Daniel Harding
Eigenproduktion

Sendung: "Das starke Stück" am 26. September 2023, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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