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Wolfgang Amadeus Mozart Symphonie Nr. 41 C-Dur "Jupiter"

Die C-Dur-Symphonie mit dem Beinamen "Jupiter" ist Mozarts letztes und zugleich größtes symphonisches Werk. BR-KLASSIK hat sich mit dem ehemaligen Konzertmeister des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks Andreas Röhn über dieses Starke Stück unterhalten.

'Mozart am Klavier', 1789. Unvollendetes Ölgemälde von Joseph Lange | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Ungeduldig war er schon immer. Kisten stehen gepackt im Hausflur, Notenstapel türmen sich auf dem Fliesenboden, neben Kochutensilien wartet ein Hammerflügel auf den Abtransport. Es wird noch eine Weile dauern, bis der Wagen mit der letzten Fuhre abfahren kann. Mozart nutzt die Zeit, schreibt, singt, summt, schreibt. Punkte, Striche, Fetzen. Die Feder tanzt über die Notenzeilen. Der Umzug in die Wiener Vorstadt ist eine lästige Angelegenheit, doch aus finanziellen Gründen bitter notwendig. Abschied und Abstieg, dessen ist er sich bewusst.

Mozart wünscht sich Anerkennung

Im Frühjahr 1788 wird das Geld knapp. Auch der künstlerische Erfolg macht sich rar. Mozarts letzte Oper "Don Giovanni" ist zwar nicht abgelehnt worden, aber die lässige Gleichgültigkeit des Wiener Publikums schmerzt. Die Anerkennung, die sich Mozart wünscht und die er braucht, bekommt er nicht. Er ist zu vielseitig, zu gut und einfach nicht in Kompositionsschubladen zu stecken. Dass er dabei jedes Genre beherrscht, macht ihn unheimlich.

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Die Jupiter-Symphonie als psychologische Verdrängung?

In den Sommermonaten von 1788 entstehen drei Symphonien draußen in der Vorstadt mit Blick in den Garten. Mozart komponiert hier in völliger Abgeschiedenheit sein letztes und zugleich größtes symphonisches Werk, die Jupiter-Symphonie. Strahlendes C-Dur. Nichts zu merken von den Existenzsorgen, von den seelischen Engpässen. Die klarste und unmissverständlichste Tonart hat Mozart gewählt. Der psychologische Verdrängungsmechanismus eines Workaholics? In einem Brief an seinen Logenbruder Johann Michael Puchberg schreibt Mozart: "Ich bin immer zuhause. Ich habe in den zehn Tagen, dass ich hier wohne, mehr gearbeitet als in anderen Logés in zwei Monaten. Und kämen mir nicht so oft so schwarze Gedanken, die ich nur mit Gewalt ausschlagen muss, würde es mir noch besser vonstatten gehen. Denn ich wohne angenehm, bequem und wohlfeil."

In 14 Tagen ist die Symphonie fertig

Heute kann man nur mutmaßen, wie krisenreich Mozarts letzte Lebensjahre waren. Umso mehr ist zu bewundern, mit welchem Elan, mit welcher Energie er das Ruder noch einmal herumreißen wollte und in Richtung künstlerischer Durchbruch steuerte. Allein das Tempo, in dem Mozart komponierte, war atemberaubend. Für die Jupiter-Symphonie waren es knapp 14 Tage. Eine Arbeitsleistung, die bis heute ihresgleichen sucht.

Die technische Ausführung ist äußerst heikel

Andreas Röhn, der ehemalige Konzertmeister des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, sagt dazu: "Es ist vor allen Dingen, wie immer bei Mozart und Haydn, natürlich die technische Ausführung äußerst heikel, weil alles so offen und transparent geschrieben ist, dass man eigentlich jede Unstimmigkeit hört. Das heißt, wenn das Orchester spielt ausgeglichen, intonationssicher und musikantisch spielt, dann ist es schon mal sehr viel. Dann kann es schon nicht mehr fehlgehen, man kann höchstens noch anderer Meinung sein. Und wenn diese Kriterien erfüllt sind, dass also das Werk atmet, Leben hat, ist fast alles von Mozart ein Meisterwerk."

Der Beiname Jupiter ist nicht original

Der Name Jupiter-Symphonie war natürlich nicht von Mozart. Der göttliche Beiname war erst später hinzugefügt worden, vermutlich als Verkaufsgag eines englischen Konzertunternehmers, der nur zu gut wusste, womit er sein Publikum ködern konnte. Jupiter, der Herrscher der römischen Götterwelt, suggeriert unerreichbare Superlative. Das Beste und das Größte. Und dafür sollte auch alsbald Mozarts letzte Symphonie stehen, als das Beste und Größte, was die Wiener Klassik ausmacht. Es ist unbestritten, dass Mozart hier zeigt, was eine Symphonie bedeuten kann. Nämlich Formvollendung und Ausgewogenheit, harmonische Ausweitung und innere Balance, Staunen machende Ökonomie, vereint mit sprühender Fantasie.

Man findet bei Mozart schon auch sehr vieles, was weit über seine Zeit hinaus geht.
Andreas Röhn

"Trotzdem ist es die Eigenschaft dieser großen Komponisten, dass sie ihrer Zeit meistens weit voraus sind", so Andreas Röhn. "Und so findet man bei Mozart schon auch sehr vieles, was weit über seine Zeit hinaus geht. Also wenn man die Kühnheit der Anwendung der Mitte betrachtet."

Barock prallt auf Klassik

Mozarts größter Clou: Im letzten Satz der Jupiter-Symphonie lässt er zwei Musik-Epochen aufeinanderprallen. Dem polyphonen Stil des Barock und die Galanterie der Wiener Klassik. Ein bis dato buchstäblich unerhörter Geniestreich.

Die Musik besitzt mitreißende Strahlkraft

Mozart, der immer lachende Sunnyboy? Gerade das nicht. Das würde die mitreißende Strahlkraft seiner Musik unerträglich und unglaubwürdig machen. Man erkennt Mozarts musikalische Größe just in den stockenden, suchenden Passagen der Jupiter-Symphonie. Alles geben eben die Götter ihren Lieblingen ganz. Alle Freuden ganz, alle Leiden ganz. Für einen Jupiter gilt das erst recht.

Musik-Info

Wolfgang Amadeus Mozart:
Symphonie Nr. 41 C-Dur KV 551 "Jupiter"


Wiener Philharmoniker
Leitung: Riccardo Muti
Label: EMI

Sendung: "Das starke Stück" am 22. April 2025, 19.03 Uhr auf BR-KLASSIK

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