Amsterdam, 19. Februar 1888: Die Pianistin und Komponistin Rosy Wertheim wird geboren. Ihr Weg führte sie von Amsterdam, über Paris, bis nach Wien. Während des zweiten Weltkriegs veranstaltete sie geheime Salons in ihrem Keller, wo sie auch verfolgte Menschen versteckte.
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"Rosy Wertheim, eine neue Komponistin, fand sich mit einem Divertimento ein; ihre draufgängerische, musikantische Begabung fand recht lebhaften Beifall." Das war alles, was im Mai 1935 über eine Komposition von ihr im Neuen Wiener Abendblatt stand. Das Konzertorchester hatte am Tag zuvor eines ihrer Stücke gespielt.
Die "neue Komponistin" Rosy Wertheim war immerhin schon 47 Jahre alt. Sie hatte am Amsterdamer Konservatorium Klavier unterrichtet, war sechs Jahre in Paris gewesen, wo Komponisten wie Arthur Honegger und Darius Milhaud in ihrem Salon ein- und ausgegangen waren. Bei dem Konzert in Wien saß sie vermutlich im Publikum.
Denn sie hielt sich 1935 für ein Jahr in der österreichischen Hauptstadt auf, um bei dem Komponisten Karl Weigl Kontrapunkt zu studieren. Im benachbarten Deutschland regierten seit gut zwei Jahren die Nationalsozialisten. Weigl war, wie Wertheim Jude. Er sollte wenig später in die USA auswandern.
Auch Rosy Wertheim blieb nicht mehr viel Zeit, um zu lernen, zu lehren und aufzutreten: Im Juni 1940 überfiel die deutsche Wehrmacht die Niederlande. Und wieder, wie schon in Paris, veranstaltete Rosy Wertheim Konzerte, diesmal jedoch nicht in einem gemütlichen Salon, sondern in ihrem Keller. Geheime Kammerkonzerte in demselben Keller, in dem sie auch verfolgte Menschen versteckte. Schon bald aber musste sie sich selbst verstecken. Mal schlüpfte sie bei Bekannten in Amsterdamer Vororten unter, mal bei Familien im ländlichen Gooiland. Rosy Wertheim überlebte – im Gegensatz zu einem Großteil ihrer Familie.
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Sie war eine gebrochene Frau, unterrichtete noch ein wenig an einer Musikschule auf dem Land, wurde bald schwer krank und starb 1949. Dass ihre Musik nach dem Krieg weitgehend vergessen war, auch in den Niederlanden, schmerzte sie. In einem Interview kurz vor ihrem Tod gab sie zu Protokoll: "Während des Krieges fanden in diesem Land noch Aufführungen meiner Kompositionen statt, bei denen ich natürlich nicht anwesend sein konnte, auch in Amerika wurde ich gespielt. Die Deutschen haben meinen ganzen Besitz und alle meine Bücher geraubt – aber nun sind sie weg und ich versuche von meinem Leben in Ordnung zu bringen, was davon noch übriggeblieben ist."
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Sendung: "Allegro" am 19. Februar 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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