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Gedankenspiele zu den Bayreuther Festspielen Das Sängerkarussell dreht sich

Gar nicht so einfach, diesen Sommer den Überblick zu behalten. In Bayreuth ist kaum jemand in der Rolle zu sehen und zu hören, wofür er oder sie eingekauft wurde. Alle singen alles, so scheint es. Warum auch nicht!

Das Bayreuther Festspielhaus | Bildquelle: dpa-Bildfunk/Daniel Karmann

Bildquelle: dpa-Bildfunk/Daniel Karmann

Programme für Opernfestspiele zu basteln, ist keine leichte Aufgabe. Und wenn dann endlich alles steht, ein paar Wochen, bevor es losgehen soll, zeigt das Gebäude plötzlich Risse, beginnt zu wackeln und zu bröckeln: der Dirigent infiziert sich mit Corona, ein Sänger verabschiedet sich mit Stimmbandentzündung, ein Regisseur gibt seinen Auftrag zurück oder der Dirigent schmeißt hin. Dann heißt es: Wer kann übernehmen? In Bayreuth kann einem in diesem Festspielsommer so richtig schwindlig werden. Nicht nur, dass die Festspiele noch nicht ausverkauft sind, sondern das Besetzungskarussell dreht sich auch so rasant wie nie. Vor Katharina Wagners Büro hängt fast täglich eine neue Stellenausschreibung.

Es ist ein Kommen und Gehen

Andreas Schager | Bildquelle: © David Jerusalem Andreas Schager springt für Joseph Calleja als Parsifal ein. | Bildquelle: © David Jerusalem Was bisher geschah: Tomislav Mužek übernimmt im "Fliegenden Holländer" den Erik von Andreas Schager, der wiederum springt für Joseph Calleja als Parsifal ein. Mika Kares und Günter Groissböck übernehmen von Dmitry Belosselsky den Hagen in der "Götterdämmerung" und Landgraf Hermann im "Tannhäuser". Elina Garanca springt für Ekaterina Semenchuk als Venus ein. Stephen Gould musste alles absagen, wofür er schon vor längerer Zeit eingesprungen war. Den Tristan übernimmt jetzt Clay Hilley, den Tannhäuser Klaus Florian Vogt, und den Siegfried gibt Andreas Schager (Sie erinnern sich, das ist der, der für Calleja als Parsifal einspringt). Schon vor Wochen ist John Lundgren als Fliegender Holländer von Bord gegangen; für ihn kommt Michael Volle. Elisabeth Teige übernimmt eigentlich alles – sie ist Sieglinde in der "Walküre", Senta im "Holländer" und Elisabeth im "Tannhäuser". Habe ich jemanden vergessen? Ja, tatsächlich: Aile Asszonyi in der "Götterdämmerung" – sie übernimmt die Gutrune von Emily Magee. Kann man sich eigentlich auch übernehmen beim Übernehmen? Nächste Frage.

Die Bayreuther Festspiele auf BR-KLASSIK

Alle Sendetermine und aktuelle Informationen rund um die diesjährigen Bayreuther Festspiele finden Sie hier.

Neue Rollenmodelle in Bayreuth ausprobieren

Entspannen wir uns ein bisschen und seien wir doch mal ehrlich: Die Welt der klassischen Musik war schon immer ein bisschen anders. Offener. Bunter. Vielfältiger. Frauen sind als männliche Wanderer mit Schuberts "Schöner Müllerin" unterwegs, erwachsene Männer singen mit Engelsstimmen - und Mädels (etwa Mozarts Cherubino) spielen Buben, die sich als Mädels verkleiden.

"Kinder, macht Neues! Neues! Und abermals Neues! Hängt Ihr Euch ans Alte, so hat euch der Teufel der Inproduktivität!" Originalton Richard Wagner. Also lasst Lise Davidsen als Amfortas leiden. Und Klaus Florian Vogt als Fricka das Fähnchen der Ehe hochhalten. Sie haben’s drauf. Garanca, übernehmen Sie!

Cecilia Bartoli als Don Giovanni

Als die Mezzosopranistin Cecilia Bartoli vor ein paar Jahren in Salzburg einen umwerfend attraktiven vollbärtigen Ritter Ariodante von Händel gab, hat sie im Interview verraten, was sie eigentlich am allerliebsten singen würde – jetzt, wo sie sowieso schon testosteronangereichert auf der Bühne stehe: den Don Giovanni!

Wenn sich Bayreuth also dazu durchringen könnte, nicht so besessen nur auf diesen Richard Wagner zu setzen: Cecilia Bartoli würde die Rolle von Mozarts schlimmstem Charmebolzen sofort übernehmen – von wem auch immer. Eine Topbesetzung, und endlich wieder ausverkaufte Festspiele.

Sendung: "Leporello" am 14. Juli ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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