Bruno de Sá ist einer der wenigen männlichen Soprane weltweit. Im BR-KLASSIK-Interview erklärt der Brasilianer mit der einzigartigen Stimme den Unterschied zu Countertenören. Heute ist er in Bayreuth zu erleben.
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BR-KLASSIK: Gerade hat in Basel beim European Song Contest ein Countertenor gewonnen. Sind hohe Männerstimmen jetzt richtig hoch im Kurs?
Bruno de Sá: Ja, das ist wirklich cool, dass wir jetzt Countertenor-Stimmen haben, die nicht nur in der Opernwelt populär sind. Wir hatten vor Kurzem auch viele Männer aus der jüngeren Generation, die diese Stimme zurück in den Mainstream gebracht haben. Ich muss aber betonen, dass ich kein Countertenor bin.
BR-KLASSIK: Genau, Sie sind eben kein Countertenor, singen aber mit hoher Stimme. Sie sind ein Sopran. Erzählen Sie uns, was ist da der Unterschied?
Bruno de Sá: Obwohl wir zwar auch hoch singen können – im selben Register oder sogar im selben Repertoire –, funktioniert die Stimme anatomisch, physisch und musikalisch anders. Deshalb ist es kein Countertenor. Normalerweise sind Countertenöre entweder Tenor- oder Baritonstimmen, die ein höheres Register entwickeln.
BR-KLASSIK: Das tun sie dann über entsprechende Gesangstechnik?
Einer der wenigen männlichen Soprane weltweit: Bruno de Sá | Bildquelle: Marcos Hermes
Bruno de Sá: Genau. Über Falsett oder Kopfstimme erreicht man diese hohen Noten. Aber es gibt eine Grenze, denn auch sehr hohe Countertenöre gehen nicht wirklich in das Sopran-Register. Wenn Sie zum Beispiel einen Mezzo-Sopran mit einem Sopran vergleichen, erreicht ein Mezzo-Soprano zwar die hohen Noten. Aber wo die Stimme am meisten glänzt, ist nicht unbedingt im höheren Register. Meine Sopran-Stimme funktioniert anders, weil ich nie einen Stimmbruch hatte.
BR-KLASSIK: Stimmt es, dass es weltweit nur drei bekannte Männer gibt, die Sopran singen?
Bruno de Sá: Ja, das stimmt. Vielleicht gibt es noch einige, die sich als Sopran bezeichnen, aber eigentlich sind sie es nicht.
Artikel: Besondere Männerstimmen
BR-KLASSIK: Wenn Sie heute Abend in Bayreuth singen: Gibt es da einen Unterschied zu einem Konzert mit einem weiblichen Sopran – außer, dass Sie eben ein Mann sind?
Bruno de Sá: Nein, es funktioniert genau gleich. Das Programm in Bayreuth ist Barockmusik und Opernmusik aus der Klassikperiode, die früher von einem hohen Kastratensopran gesungen wurde. Ein Stück ist zum Beispiel das "Exsultate, jubilate" von Mozart, das damals für Kastraten geschrieben wurde. Aber heutzutage sind 80 Prozent der Sänger, die dieses Stück singen, Frauen-Soprane. Wir haben also nur wenige Countertenöre und männliche Soprane, die dieses Repertoire heute singen können.
Am 30. Mai 2025 ist Bruno de Sá im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth zu erleben. Der Arienabend beginnt um 19:30 Uhr. Mehr Informationen finden Sie hier.
Autorin des Artikels: Kathrin Hasselbeck
Sendung: "Allegro" am 30. Mai 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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