Die Vielfalt an historischen Tasteninstrumenten ist enorm. Virginal, Spinett, Cembalo, Tafelklavier, Tangentenflügel, Hammerflügel und einiges mehr. Selbst für Liebhaber der Alten Musik ist es nicht leicht, die Unterschiede zu kennen oder gar zu beschreiben. Christoph Hammer ist Spezialist auf diesem Gebiet. Er ist Pianist und seit 2017 Professor für historische Tasteninstrumente am Leopold Mozart College of Music der Uni Augsburg. Auf seine Initiative wird die Dauerausstellung im Leopold-Mozart-Haus in Augsburg demnächst einen neuen klanglichen Akzent bekommen.
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BR-KLASSIK: Was ist eigentlich ein Clavichord?
Christoph Hammer: Eine Spezialform der Tasteninstrumente und im 18. Jahrhundert mit das wichtigste Ausdrucksinstrument für jeden Tastenspieler, weil man im Gegensatz zum Cembalo auf diesem Instrument dynamisch spielen konnte…
BR-KLASSIK: …also laut und leise?
Christoph Hammer: Richtig, und zwar lange bevor das Fortepiano, also der Hammerflügel, erfunden wurde. Es war ein höchst expressives, aber sehr leises Instrument.
BR-KLASSIK: Also eher was für den Hausgebrauch?
Experte für Historische Tasteninstrumente: Christoph Hammer | Bildquelle: Michael Johannsen
Christoph Hammer: Ja, aber man muss dazusagen, dass im 18. Jahrhundert auch noch nicht der große Konzertsaal existierte, sondern im bürgerlichen Bereich die Musik Fuß fasste. Mit kleinen Ensembles oder solistisch. Und das Clavichord war das Instrument, um zu Hause zu spielen, sich auszudrücken, seine Leidenschaften, Emotionen auf die Tasten zu übertragen.
BR-KLASSIK: Und man konnte es – und damit konkret zum Projekt in Augsburg – mit auf Reisen nehmen…
Christoph Hammer: Was macht man, wenn man lange in der Kutsche unterwegs ist, so wie Mozart auf seinen großen Reisen quer durch Europa? Man hat ein "Klavierchen" dabei, auf dem man einige Sachen ausprobieren konnte, sich "exerzieren", wie es Mozarts Vater beschreibt. Und das konnte man in der Kutsche bequem auf die Knie legen, oder im Gasthaus, wo man halt gerade war.
BR-KLASSIK: Jetzt stelle ich mir vor, die Straßen waren damals ziemlich schlecht. Schlammig, holprig, dazu Kutschen, in denen es zog und feucht war. Was mussten diese Instrumente aushalten?
Christoph Hammer: Instrumente aus der Zeit haben sehr viel ausgehalten, waren höchst qualitativ. Deshalb hat sich Mozart auch ganz bewusst für Instrumente des berühmten Johann Andreas Stein aus Augsburg entschieden. Natürlich haben sie damals auch unter Klima und Feuchtigkeit gelitten. Wobei die größte Gefährdung eigentlich durch die moderne Zeit kommt, wenn die Heizungen im Winter extreme Luftfeuchtigkeits-Unterschiede produzieren. Also ich glaube damals war es vielleicht sogar noch sicherer als heutzutage.
BR-KLASSIK: Dieses Instrument, das am Ende des Jahres nach Augsburg kommen soll, wird immer wieder als das Clavichord Mozarts bezeichnet. Aber es handelt sich nicht um das Original oder?
Das Leopold-Mozart-Haus in Augsburg | Bildquelle: Leopold-Mozart-Haus; Mozartstadt Augsburg; Christian Menkel
Christoph Hammer: Nein, das Original steht mittlerweile – über mehrere Umwege – in Budapest. Dort, im Nationalmuseum, ist es ein Heiligtum. Wir haben übrigens nur zwei Instrumente aus der Zeit von Mozart überliefert, das ist dieses Clavichord. Und das Fortepiano in Salzburg. Und die sind natürlich nicht zu haben. Aber wir wollen im Leopold-Mozart-Haus ganz bewusst die Geschichte von Leopold Mozart und seinem Sohn erzählen. Und dazu gehört unbedingt auch dieses Clavichord. Das fehlt uns und eine Kopie davon zu haben, auf dem ab und zu auch mal musiziert wird, ist natürlich das Beste, was wir uns wünschen können.
BR-KLASSIK: Wie wird denn so ein Instrument nachgebaut? Gibt es alte Pläne? Man kann das Original ja schlecht in eine Werkstatt stellen, oder?
Christoph Hammer: Es gab Forschungen dazu und es gibt Spezialisten. In diesem Fall hat es der Leiter des Kunsthistorischen Museums in Wien vor einigen Jahren bereits gezeichnet, nachgebaut und erforscht und auf diesen Plänen basierend kann man wunderbar weitere Kopien anfertigen.
Sendung: "Leporello" am 29.01.2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (3)
Dienstag, 30.Januar, 17:26 Uhr
WILDEMANN, Herbert
Der Moderator und auch Prof. Hammer haben wunderbare Stimmen, denen angenehm zuzuhören ist, eine gewählte Sprache ohne ÄHs und HMs, und die Antworten waren extrem interessant!
Kann man das Gespräch nachhören?
Dienstag, 30.Januar, 11:09 Uhr
Susanne Pirola
Christoph Hammer
Was für ein guter Erzähler! Der sonoren Stimme und den höchst informativen Inhalten hätte ich noch länger zuhören können. Was er zur Geschichte der Tasteninstrumente erzählt, was sehr interessant. Ich kannte ihn bisher nicht - was für eine Entdeckung für mich! Danke dafür!
Dienstag, 30.Januar, 10:08 Uhr
Hermann Bergmann
Hammer
Was für ein tolles und informatives Interview! Herr Hammer gab in der kurzen Zeit so viele interessante Informationen - solche Gespräche würde ich mir mehr wünschen.
Auch Herr Schuler stellte gute Fragen. Das Highlight des gestrigen Nachmittags :)