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Making of Sounds of Babylon Videoreihe mit Erina Yashima und dem BRSO

Gershwin, Bartók, Stravinsky – dazu Milhaud und Honegger: Sie alle haben in den 1920er Jahren bahnbrechend Neues komponiert. In einer mehrteiligen Videoreihe geht Dirigentin Erina Yashima gemeinsam mit dem BRSO dem Faszinierenden dieser Werke auf den Grund.

Tanzende Frauen im Stil der 20er Jahre | Bildquelle: BR

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Am Anfang steht eine Idee: ein ganz genauer Blick auf ein ganz besonderes Jahr, es quasi mikroskopisch zu sezieren. Dieser Blick soll dem Jahr 1923 gelten. Es beginnt mit Einzug französischer Truppen ins Ruhrgebiet, ist gekennzeichnet von Hyperinflation, endet mit dem Hitlerputsch und bedeutet mit der Geburtsstunde des Radios als Massenmedium einen Meilenstein für die Rezeption von Musik. Für BR-KLASSIK absolut ideal.

Die Idee wird konkret – und damit die Suche nach einer Persönlichkeit aus der Musikwelt, die mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks sowohl im Konzertsaal als auch im Video ein Programm zu 1923 gestalten kann.

"Sounds of Babylon" in der ARD Mediathek

Sehen Sie hier bei ARD-Klassik in der ARD Mediathek die Videos mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und Erina Yashima:

Die Suche: Wer leitet "Sounds of Bayblon" musikalisch

Orchester und das "Sounds-of-Bayblon-Team" lernen Erina Yashima näher kennen, auf Empfehlung von Yannick Nézet-Séguin, Musikdirektor an der Metropolitan Opera.

Sie ist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks keine Unbekannte: 2018 begleitete sie das Orchester als Assistentin von Zubin Mehta während einer Tournee durch Asien. Erina Yashima ist 36 Jahre alt, für eine Dirigent:in also gerade mal im Teenager-Alter. Sie wirkt ruhig, zurückhaltend und dennoch einnehmend. Und eines wird sofort klar: Wenn sie inhaltlich von einem Werk überzeugt ist, packt sie zu und lässt die Zügel nicht mehr locker. Die Entscheidung fällt: Sie soll es sein, die das 1923-Projekt mit BRSO und BR-KLASSIK musikalisch leitet.

Das Debüt: Erstmals dirigiert Erina Yashima das BRSO

Für die erste Kapellmeisterin der Komischen Oper Berlin ist es also das Debüt beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Bei "Sounds of Babylon" muss sie die Entscheidungen treffen, mit den Spitzenmusiker:innen einen Kurs bestimmen und die Musik interpretieren. Mit Gershwins "Rhapsody in Blue", Bartóks "Tanz-Suite", Honeggers "Pacific 231" und Strawinskys "Oktett für Blechbläser" zeigt sie ein musikalisches Kaleidoskop aus dem Jahr 1923. Und kein kleines. Sie erarbeitet mit dem Orchester ein Konzertprogramm für die experimentelle Reihe "Watch this Space" in der Tonhalle des Münchner Werksviertels – und für die Kameras von BR-KLASSIK.

Die Aufnahme: Musizieren unter Zeitdruck

Erina Yashima Sounds of Babylon | Bildquelle: Astrid Ackermann Erina Yashima. | Bildquelle: Astrid Ackermann Nach Monaten der Vorbereitung ist es schließlich soweit: Innerhalb von nur einer Woche sollen zusätzlich zum Konzert die Videoaufnahmen der fünf ausgewählten Stücke entstehen – in der Tonhalle in München und in den Bavaria Studios. Die Session beginnt mit dem virtuosen Pianisten Kirill Gerstein am Klavier. Wie wenige seines Fachs ist er in der Lage, auch am Klavier zu improvisieren und Jazz-Größen zu zitieren. Er tritt bei den Berliner Philharmonikern in der Waldbühne genauso auf wie bei den Tiny desk concerts von NPR, die bei youtube ein Millionenpublikum erreichen. Gerstein, die Musiker:innen des Symphonieorchesters des BR und Erina Yashima spielen eine frühe Jazz-Fassung der "Rhapsody in Blue" von Gershwin. Schnell wird klar, dass trotz unterschiedlicher musikalischer Erfahrungslevels zwischen Pianist und Dirigentin etwas Besonderes entsteht. Und die Musiker:innen des Orchesters sind im Dialog gerade mit Gerstein so versiert und frei im Spiel, dass sich die Lebendigkeit und Raffinesse dieses Hits sofort überträgt. Ein guter Auftakt für die noch folgenden Stücke.

Das Kamerateam darf – anders als bei normalen Konzertvidoes – ganz nah ran an die Musiker:innen und arbeitet mit einem exzellenten Tonteam von BR-KLASSIK zusammen. Der Anspruch ist hoch, die Anspannung spürbar. In dieser einen Woche muss viel klappen!  Das Programm soll live im Konzertsaal ein junges Publikum überzeugen, und gleichzeitig sollen die Aufzeichnungen für die geplanten Videos fertig werden. Eine Herausforderung für das gesamte Team, doch am Ende ist es geschafft, alle Aufnahmen sind fertig geworden.

Die Produktion: Intensive Tage in Berlin

Pause ist nach der anstrengenden Konzertwoche noch nicht angesagt, es geht weiter zum Studiodreh nach Berlin. In rund einer Woche sollen hier die Moderationen von Erina Yashima mit dem Autoren-Team der 3B – Produktion für bewegtes Bild entstehen. Ein riesiger Studiobau an der Schlesischen Straße in Berlin, bezeichnenderweise einst Sitz des Schallplattenherstellers "Carl Lindström AG".

Die Situation ist ungewohnt für Erina Yashima, ihr Podium ist normalerweise der Konzertsaal. Doch sobald die Kamera läuft, schlüpft sie in ihre neue Rolle, mit perfektem Timing: akribisch geht sie auf jedes Archivbild aus den 20er ein, erklärt die kompositorischen Zusammenhänge in der Partitur und was die notierten Details über die Zeit verraten. Zwischen dem Team und ihr entsteht ein lebhafter Dialog. Die musikalische Zeitreise beginnt bei Bartóks Kühnheit, sich einem politischen Auftrag einfach subversiv zu widersetzen und reicht bis zu Strawinskys Spitzbübigkeit.  

Der wilde Sound der 20er

Wissenswertes rund um die Musik der 1920er Jahre, Edutainment-Videos zu Schlüsselwerken und Musik der Epoche finden Sie hier im BR-KLASSIK-Dossier.

Das Finale: Fünf mal "Sounds of Babylon"

Aus diesem Videomaterial entsteht schließlich das, was ab sofort in der ARD Mediathek zu sehen ist: fünf Schlüsselwerke der 1920er Jahre. Präsentiert vom Symphonieorchester des BR und einer  engagierten jungen Dirigentin, die der Musik und ihrer Zeit intensiv nachspürt und Zusammenhänge herstellt.

Alle an dieser Produktion Beteiligten sind tief eingestiegen in das Jahr 1923, und für alle ist klar geworden: der Fundus an musikalischen Möglichkeiten war damals unglaublich reichhaltig, Komponisten verbanden tradierte Techniken mit neuen Ideen, das Korsett für Konzerte war eher locker geschnürt, die Konzertkultur der goldenen 20er Jahre ganz besonders lebendig und vielfältig.

Pultstar und Komponist Leonard Bernstein zum Beispiel äußerte zum damals  aufblühenden Jazz: "Jazz ist Freude am Spiel und deshalb Unterhaltung im besten Sinne." Musikalische Offenheit, die im Blick zurück erstaunt und begeistert, im Blick nach vorne als Einladung gelten könnte.

Ab sofort in der ARD Mediathek

Die Folgen:   
George Gershwin: Rhapsody in Blue(1923/24) ​ 
Béla Bartók: Tanzsuite(1923)  
Igor Strawinsky: Oktett für Blasinstrumente(1923–1925)  
Arthur Honegger: Pacific 231(1923) ​ 
Darius Milhaud: La création du monde(1923) ​ 

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