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Kritik – "Robin Hood" am Deutschen Theater Safari durch Sherwood Forest

Mit Komponist Chris de Burgh im Publikum erwies sich das Musical über Englands populärsten Helden als ausgesprochen unterhaltsam, wendungsreich und optisch überzeugend. Dank des Elans der Mitwirkenden blieb die dreistündige Safari durch den Sherwood Forest in jeder Hinsicht ein Vergnügen.

Robin Hood | Bildquelle: © Michael E. Werthmüller

Bildquelle: © Michael E. Werthmüller

Dieser Musicalabend hat auf jeden Fall Nachrichtenwert, denn den wenigsten dürfte bisher bekannt gewesen sein, dass Robin Hood nebenbei Verfassungsgeschichte geschrieben hat. Er wirkte offenbar an der Magna Carta mit, dem englischen Grundgesetz aus dem Jahr 1215, jedenfalls in der Fantasie der Autoren Dennis Martin, Kevin Schroeder und Christoph Jilo, und die ist zumindest zeitlich nicht ganz abwegig, denn die Legenden, die sich um Robin Hood ranken, spielen ja in der Ära von Richard Löwenherz, der 1199 starb. Mit dem Faktencheck hatte es das Hochmittelalter ja sowieso nicht so, sondern eher mit Fabeln. Und diese Premiere im Deutschen Theater in München hielt eine weitere Neuigkeit für die Zuschauer bereit: Chris de Burgh, der neben Dennis Martin die Musik für das Musical beisteuerte, hat Familienwurzeln, die tatsächlich ungefähr 800 Jahre zurückreichen.

Chris de Burgh steuert die Musik bei

Geht also völlig in Ordnung, dass der inzwischen 75-jährige Sänger und Komponist einen seiner größten Hits, "Don't pay the ferryman", auf "Freiheit für Nottingham" umschrieb und sich ausführlich dem Helden aus dem Sherwood Forest widmete. Das rund dreistündige Musical, das im Juni letzten Jahres in Fulda herauskam, erwies sich als ausgesprochen unterhaltsam mit seiner kurvenreichen Handlung und unerschrockenen Anspielungen, wie eben der Mitwirkung des Helden an der britischen Verfassungsgeschichte. Dass ein so edler Freibeuter wie Robin Hood für die Abschaffung der Leibeigenschaft und die Wiedereinsetzung verarmter Bauern auf ihren verlorenen Ländereien ist, versteht sich ja von selbst. Zwischendurch wird die englische Nationalhymne und ein Ohrwurm angestimmt, der verdächtig nach "Always look on the bright side of life" klingt – anachronistische Gags, die hier wunderbar passen. Eine Prise "Ritter der Kokosnuss" darf bei einer Mittelalter-Sause ruhig dabei sein.

Gut, dramaturgisch ist das Ganze eher konventionell: Zwei Jugendfreunde, Robin Hood und Guy von Gisbourne, wetteifern darum, der treffsicherste Bogenschütze und der hingebungsvollste Liebhaber zu sein und entscheiden sich als Erwachsene für gegensätzliche Richtungen: Gut und Böse. Das wirkt auf der Bühne allerdings keineswegs so pauschal und vorhersehbar, wie es klingt. Im Gegenteil, die Autoren leisten sich ein paar sehr moderne Akzente, schicken Robin Hood in den Krieg ins Heilige Land, lassen ihn mit einer posttraumatischen Belastungsstörung zurückkehren, einen geradezu freudianischen Vaterkomplex ausleben und, wie erwähnt, als juristischen Berater der englischen Barone auftreten.

Eine perfekt ausgeführte Inszenierung

Dass er vom Galgen herab den Aufstand predigt und am Ende schmählich vergiftet wird, ist zwar nicht ganz kitschfrei, für ein Musical aber durchaus gewagt und von Regisseur Matthias Davids und Choreographin Kim Duddy sehr professionell inszeniert. Da gibt es keine Durchhänger, keine Wackler, keine unfreiwilligen Schrecksekunden. Das Bühnenbild von Hans Kudlich macht viel her mit seiner beweglichen Riesenrampe und Metallgerüsten, auf die im schnellen Wechsel die Schauplätze projiziert werden können - und zwar optisch absolut stimmig. Auch die Soundanlage ließ diesmal keine Wünsche offen. Kostümbildnerin Conny Lüders schwelgte klugerweise nicht im Mittelalter-Chic, sondern zitierte die Kutten und Überwürfe nur. Hätten auch Hardrocker in Lederkluft sein können, die da Nottingham unsicher machen.

Einzig die Langhaarperücke von Marian (Sabrina Weckerlin) wirkte arg struppig und ließ offen, ob sie Wildheit oder Nachlässigkeit signalisieren sollte. Sicher hätte der Abend auch gewonnen, wenn er zwanzig Minuten kürzer gewesen wäre, doch die Mitwirkenden gingen mit so viel Elan und Herzblut in diese Premiere, dass die stehenden Ovationen völlig in Ordnung gingen. Philipp Büttner in der Titelrolle war ein romantischer Rebell wie aus der West Side Story, sein Gegenspieler Thomas Hohler als Guy von Gisbourne ein überraschend gut erzogener Bösewicht. Philipp Hägeli als König John gab den skrupellosen Playboy ganz in Gold und Glitter, der sich ausschließlich für sich selbst interessiert - Ähnlichkeiten mit global bekannten Politikern von heute sind natürlich rein zufällig! Insgesamt ist diese Übernahme aus Fulda eine der besten Produktionen des Deutschen Theaters seit langem. Und Chris de Burgh ließ es sich als Stargast nicht nehmen, denkbar bescheiden für gefühlt mehrere hundert Selfies zur Verfügung zu stehen. Er schien mit sich und Robin Hood höchst zufrieden.

Sendung: Allegro am 13. November ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (3)

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Montag, 13.November, 00:24 Uhr

Robin William Huntingdon

Robin Hood Musical München

Ich habe das Musical jetzt einige Male in Fulda und München ( noch 3 mal ) gesehen. Da ich mich viel mit der Legende um Robin befasst habe und auch diese sehr gut kenne bin ich sehr begeistert von dem wie sie umgesetzt wurde. Das Stück erhält Personen die nachweisbar damals gelebt haben( Baron de vescy und Hubert de burgh) und auch Ereignisse die überliefert sind ( Massaker vor akkon durch Richard Löwenherz mit in Wirklichkeit 2800 töten) Der Charakter Robin wird sehr vielschichtig dargestellt und es dauert erst bis er nach Posttraumatischer Belastungsstörung ( kein Wunder bei dem was die im Krieg erlebten) zu Robin Hood wird. Alle Darsteller liefern hoch professionelle Arbeit ab , gut Sabrina wekerlin, ist erst seit kurzem neu dabei macht ihre Arbeit aber auch sehr überzeugend. Sie spielen mit wahnsinniger Emotionen und Spielfreude die mich voll überzeugt haben. Phillip Büttner gibt dem Robin jede denkbare Emotion und Ausstrahlung, besser geht's nicht und auch Thomas Hohler als Guy ?

Sonntag, 12.November, 12:44 Uhr

Ludger Weber

Robin Hood, eine Story für viele Konzepte

Interessant, auch vor dem Hintergrund, dass letzte Wochenende in Duisburg die Premiere zu "Die Legende von Robin Hood" gespielt wurde. Beide Produktionen wollen gut unterhalten. Und doch gibt es im Erzählfaden Unterschiede. Während das Musical Robin Hood stärker zur historischen Person macht, Stichwort Mitautorenschaft englische Verfassung, gehen die Autoren in Duisburg den Weg, offen zu lassen, wer auf der Bühne der Robin Hood ist. Hier geht es mehr um das Konzept einer königlich kirchlich hierarchischen Ordnung auf der einen Seite und den Hoods, einer Gemeinschaft, die im Sinne der Moderne von Solidarität und Partizipation geprägt ist. Diese Gemeinschaft ist dadurch stärker, weil das Können aller wichtiger ist als die Autorität des einzelnen. Das junge Ensemble KJG-Theater spielte vor großer LED-Wall, die technisch gekonnt eingesetzt sehr schnelle Szenenwechsel ermöglicht. Nach dreistündigem Premierenspiel mit schnellen Choreographien gab es zu recht viel Applaus. https://kjg-theater

Samstag, 11.November, 20:04 Uhr

Greg

Ich war auch da

Ich war auch da. Ein Musical mehr was für Frauen. Wer eine klassische Robin Hood Erzählung erwartete, wurde böse enttäuscht. Dafür viel "Zeitgeist" mit einem Prä-Robin-Hood der ein schlechtes Gewissen wegen den Kreuzzügen hat und dann noch dieses seltsame Ende. Besonders lästig so ein Fotograph der in der Pause von irgendwelchen Leuten ständig Fotos mit sehr hellem Blitz machte. Am ende wurde Geld für arme Inder gesammelt, dabei ist in unmittelbarer Umgebung des Theaters genug Armut am Boden sitzend zu sehen. Irische Tanzmusik passt auch nicht zu England jener Epoche. Das Bühnenbild mit den fließenden Übergängen war super gemacht und auch die Schauspieler haben ihr bestes geben. Das Theater sauber und das Personal auch Einwandfrei.

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