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Kritik – "Die Walküre" bei den Bayreuther Festspielen Tod in Zeitlupe

"Die Walküre" ist der romantischste Teil der Ring-Tetralogie und der beliebteste. Jeder der drei Aufzüge von über einer Stunde Dauer hat Gänsehautmomente und weltberühmte Opern-Hits zu bieten: Siegmunds Winterstürme, Brünnhildes Hojotohos, der Walkürenritt und Wotans Abschied sind nur ein paar daraus. Wie kam das heuer unter der Leitung von Pietari Inkinen beim Festspielpublikum an?

Szene aus "Die Walküre", Bayreuther Festspiele 2023 | Bildquelle: Enrico Nawrath

Bildquelle: Enrico Nawrath

Die Kritik zum Anhören

Ein Sturm, der einen riesigen Baum in ein Wohnhaus mit einer schwangeren Frau einschlagen lässt ist eine brutale Sache. Brutal klingt das Vorspiel zur "Walküre" unter Pietari Inkinen an diesem "Walküren"-Premierenabend aber nicht. Es grummelt zwar in den Bässen, doch die Blitze klingen nicht lebensbedrohlich, und dynamisch hätte das Bayreuther Festspielorchester sicherlich noch etwas mehr zu bieten. Doch Pietari Inkinen bleibt auch im ersten Tag von Wagners Bühnenfestspiel bei seiner nüchtern-kontrollierten Wagner-Interpretation und verzichtet auf große romantische Impulse und markerschütternde Akzente, wie man sie hier durchaus schon gehört hat.

"Die Walküre" anhören

BR-KLASSIK hat die Wiederaufnahme der "Walküre" am 27. Juli aus dem Bayreuther Festspielhaus übertragen. Hier können Sie den kompletten Mitschnitt anhören.

Zögerlich nähern sich auch Siegmund und Sieglinde an. Klaus Florian Vogt und Elisabeth Teige sind stimmlich sehr verschieden, er singt in seinem gewohnt strahlenden, gerade fokussierten, schlanken Ton, sie mit dramatischem Potenzial und erregtem flirren in der großen Stimme. Man ahnt, das wird nichts mit den beiden.

Die Inszenierung in Bildern

Catherine Foster als Rocker-Brünnhilde

Georg Zeppenfeld als Hunding ist wie Vogt eine sichere Bayreuther Bank, wie auch Christa Mayer, die unbeirrbar stabil mit herber, doch durchschlagskräftiger Stimme die Fricka und Schwertleite gibt. Auch Tomasz Konieczny muss als Wotan seine Kondition unter Beweis stellen. Er gibt schauspielerisch alles als sich und seine Familie zerstörender Narziss, und rettet sich mit enormem Gestaltungswillen stimmlich bis in die letzte Abschiedsszene. In der Version dieser "Walküre" von Valentin Schwarz hat Wotan mit seiner Tochter Sieglinde ein Kind gezeugt, das er Hunding unterschiebt. Sohn Siegmund stirbt als Bauernopfer auf Frickas Wunsch durch Wotans Schuss. Chapeau für die szenische und stimmliche Leistung auch von der Bayreuth-erprobten Catherine Foster als Rocker-Brünnhilde in Leder-Leggins. Problemlos folgen sie und Klaus Florian Vogt Inkinens quälender Zeitlupen-Todesverkündigung, bis das Publikum kurz vor der Ohnmacht erstarrt.

Ausbaufähige Koordination zwischen Graben und Bühne

Extremer Leerlauf und erlösendes Tempo charakterisieren musikalisch diese "Walküre" mit wenig musikalischen Facetten und ausbaufähiger Koordination zwischen Graben und Bühne. Szenisch kann man Valentin Schwarz‘ spezieller "Ring-"Version mit gutem Willen schon folgen: Die frisch operierten Walküren in der Beauty-Klinik sind schön fies, und Wotan gibt Fricka nach alldem bei einer mickrigen Kerze zum Feuerzauber den Laufpass. Die Hoffnung liegt nun auf Siegfried, der Catherine Fosters energische Brünnhilde wer weiß wo erwecken wird.

Sendung: "Allegro" am 28. Juli 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (6)

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Montag, 07.August, 02:12 Uhr

Christoph Bayer

Walküre 2023

Fast eine Beleidigung ist für mich das lieblos hingezimmerte Bühnenbild - dumme Kisten, die hin und hergeschoben werden - Netflix style , jaja.
Was möglich gewesen wäre, davon bekommt man eine Kostprobe erst kurz vor Schluß - das schönste Bild der ganzen Oper, wenn sich die ganze Bühne ein einziges mal öffnet und wir wir in die unermessliche Tiefe des Raumes blicken dürfen, spärliches Licht, ein schmaler Kegel nur auf Wotan - das ist auf einmal so schön und tut so gut - bis leider, nur wenige Minuten später wieder das Trennelement abgeseilt wird, wie schade.

Dienstag, 01.August, 13:42 Uhr

Franz Münchinger

A rechter Scheissdreck wars, des wars !

Samstag, 29.Juli, 18:25 Uhr

Herr Kästner

Ring 2023

Die musikalische Darbietung ist entweder zurückgenommen spätromantisch oder zu expressiv. Der Gesang ebenso, vor allem der Baß fürchterlich gepreßt, nasal und aggressiv! Alles kein Wagnerklang.
Für mich sehr enttäuschend..

Freitag, 28.Juli, 17:43 Uhr

Thomas Renger

Wer wird Fosters Brünnhilde wer weiß wo erwecken?

Ich vergaß, auf einen weiteren Lapsus hinzuweisen: Siegfried wird Frau Foster nicht erwecken, weil die Brünnhilde morgen planmäßig von Daniela Köhler gegeben wird.

Freitag, 28.Juli, 17:36 Uhr

Thomas Renger

Blumige, oberflächliche Kurzrezension

Widerspruch und Bitte: Inkinens musikalische Leitung ist der Partitur und (!) der aktuellen Inszenierung sehr wohl angemessen. In welchem Tempo soll denn die Todesverkündung einer Ohnmacht vorbeugen. Ich bitte um qualifizierte Kritik.

Freitag, 28.Juli, 09:53 Uhr

Joachim Kaupp

Walküre gestern abend

Siegmund Vogt zu nasal und zu wenig Machismo im 1. Akt. Besser passend kurz gegen Ende 2. Akt. Hunding sehr gut, fast zu nett. Mehr Salminen wäre gut!
Wotan manchmal stimmlich schwer zu deuten aber strahlend im Ausbruch. Fricka fantastisch.
Sieglinde mit merkwürdiger Vokalfärbung. Die Klangqualität des BR überragend !!!.
Insgesamt eine packende Aufführung am Radio.
Besten Gruß und Hoiho . J.K.

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