BR-KLASSIK

Inhalt

Der Pianist Menahem Pressler Glück ist mein größtes Talent

Über ein halbes Jahrhundert war er das Herz und die Seele des legendären Beaux Arts Trios. Danach startete er noch einmal durch und spielt seitdem mit den besten Orchestern der Welt. Menahem Pressler feiert am Sonntag seinen 95. Geburtstag. Er ist damit der älteste konzertierende Pianist der Welt.

Pianist Menahem Pressler | Bildquelle: Marco Borggreve

Bildquelle: Marco Borggreve

Innigkeit und Eleganz, das sind die Begriffe, mit denen sich Menahem Presslers Klavierspiel wohl am besten beschreiben lässt. Vollkommen fremd sind ihm hingegen plakatives Zurschaustellen seines Könnens und demonstrative Extrovertiertheit. Seinen Konzerten wohnt stets ein Zauber inne: Ein Triller, zum Beispiel, besteht für viele Pianisten nur aus zwei schnöden Noten, über die man unachtsam hinweg spielt, sich drauf setzt oder nur brilliert. Menahem Pressler zaubert ihn. Spielt ihn perlend, locker und ebenmäßig. Liebevoll - so harmonisch und vollendet, als wäre es der David von Michelangelo.

Wenn du liebst, gibst du. Liebst du nicht, nimmst du nur.
Menahem Pressler

Wie es der Zufall will

"Beaux Arts Trio": Antonio Meneses, Menahem Pressler, Daniel Hope | Bildquelle: © Marco Borggreve Antonio Meneses, Menahem Pressler und Daniel Hope vom Beaux Arts Trio | Bildquelle: © Marco Borggreve Menahem Pressler lebt für die Musik. 1955 gründete er in New York, aus einer Laune heraus, das Beaux Arts Trio und legte damit den Grundstein für eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Der Solist wollte Kammermusik machen, Mozart-Trios spielen. Zu Beginn dachten er, der Geiger Daniel Guilet und der Cellist Bernard Greenhouse, sie würden nur sechs Konzerte spielen, eine Platte aufnehmen und sich dann verabschieden. Doch der Zufall wollte, dass das Beaux Arts Trio über Nacht berühmt und sofort über siebzigmal engagiert wurde. Mehrfach wechselte die Besetzung; nur Menahem Pressler blieb und spielte - ob mit Rippenprellung, mit Schnupfen oder gesund.

Meine Kritik ist scharf, aber man wird sich daran erinnern.
Menahem Pressler

Menahem Pressler wurde 1923 als Max Jakob Pressler in Magdeburg geboren. 1939 floh er mit seinen jüdischen Eltern vor den Nationalsozialisten nach Palästina und lebt seit den 50er Jahren in den USA. Seine Familie hatte Glück, und Glück bezeichnet Pressler als sein Haupttalent. Doch das ist wohl die Innenansicht, denn er hat immer selbst etwas daraus gemacht. Nach den weltweiten Kammermusikerfolgen mit dem Beaux Arts Trio startete er 2008 eine erfolgreiche Solokarriere. Bis heute versucht er unermüdlich, zwei Tage in einen zu packen. Er reist um die Welt, konzertiert, nimmt CDs auf und unterrichtet junge Musiker. Charmant im Umgang, ist er unerbittlich gegen sich selbst und andere, wenn es um das Erreichen höchster musikalischer Qualität geht. 

Musik für die Seele

Der Pianist Menahem Pressler | Bildquelle: Lutz Sternstein Menahem Pressler | Bildquelle: Lutz Sternstein

Menahem Pressler vertritt eine Pianistengeneration, die sich selbst wenig inszeniert. Wer das Glück hat, ihn in einem seiner Meisterkurse zu erleben, merkt schnell, wie sehr ihm die Vermittlung der kompositorischen Botschaft am Herzen liegt. Der Komponist steht an erster Stelle, nicht der Interpret.

Er fühle sich wie 50, wenn er Klavier spiele und wie 40, wenn er unterrichte - das sagte Menahem Pressler in einer Radiosendung von BR-KLASSIK. Nur wenn er Treppen steigen müsse, spüre er sein wahres Alter. Darum meide er die Treppen - und suche nach wie vor den Platz am Flügel.

    AV-Player