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Kritik - "Tristan und Isolde" in Bayreuth Düsterer Tristan erstrahlt in musikalischem Glanz

Die düstere "Tristan"-Inszenierung von Katharina Wagner wirkt auch im fünften Jahr auf dem Grünen Hügel nicht besonders ansprechend. Am 1. August feierte das Werk seine Wiederaufnahme bei den Bayreuther Festspielen. Musikalisch war der Abend unter Christian Thielemann jedoch sensationell.

Szenenbilder der Wagner-Oper "Tristan und Isolde", Bayreuther Festspiele 2019 | Bildquelle: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Bildquelle: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Kritik zum Anhören

Zunächst die schlechte Nachricht: Auch im fünften Jahr ist diese Bayreuther "Tristan"-Inszenierung von Festspielchefin Katharina Wagner kein Hingucker. In düsteres Grau-Schwarz getaucht, müssen die Sängerinnen und Sänger im Bühnenbild von Philipp Schlössmann und Matthias Lippert durch ein unwirtliches Treppenlabyrinth irren, aus dem es kein Entkommen gibt. Kein Ausweg. Nirgends. Und auch kein Lichtblick für die Zuschauer. Das ermüdete schon bei der Premiere vor vier Jahren und tut dies noch immer.

Inszenierung von Katharina Wagner: düster und pessimistisch

Die Düsternis und der Pessimismus von Katharina Wagners Inszenierung ist kaum zu überbieten: In dieser klaustrophobischen Szenerie hat die Liebe von Tristan und Isolde keine Chance, noch dazu erstickt die Brutalität von König Marke jedes Fünkchen Liebesglut der beiden im Keim. In der Liebesnacht des zweiten Akts stehen Tristan und Isolde einfach nur nebeneinander mit dem Rücken zum Publikum und singen die schwarzen Wände an. Bis Marke das grelle Licht andreht und das Paar in Fesseln legt. Einen so düsteren und liebelosen "Tristan" wird man wohl so schnell kaum wieder irgendwo sehen.

Musikalisch sensationell

Szenenbilder der Wagner-Oper "Tristan und Isolde", Bayreuther Festspiele 2019 | Bildquelle: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath Sängerisch überzeugendes Liebespaar: Stephen Gould (Tristan) und Petra Lang (Isolde) | Bildquelle: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath Und nun die gute Nachricht: Trotz dieser alles andere als animierenden Szenerie ist die Aufführung musikalisch sensationell. Petra Lang und Stephen Gould haben über die Jahre noch an Intensität und Ausdrucksstärke gewonnen. Gould, der den dritten Akt zu zwei Dritteln allein bestreitet, wächst förmlich über sich hinaus mit nie versiegenden Reserven – ein tenorales Stimmkraftwerk, wie es momentan kein zweites geben dürfte. Gerade im dritten Akt, an dessen Ende Tristan bekanntlich stirbt, wird er stimmlich immer stärker, während er sich Isolde herbeihalluziniert. Und Katharina Wagner lässt ihn stehen und herumgehen als sei er nicht tödlich getroffen, als gäbe es noch einen vierten Akt. Petra Lang hat vor allem im ersten Akt ihre stärksten Momente, wenn sie Tristan ihren ganzen Zorn, ihre ganze Wut aus verratener Liebe entgegenschleudert. Das hat ebenfalls noch an Dramatik, ja Drastik gewonnen.

Die ganze Oper "Tristan und Isolde" vom 1. August aus Bayreuth können Sie hier anhören.

Thielemann sorgt für atemberaubende Spannung und Dramatik

Überragend agiert der Bayreuther Musikdirektor Christian Thielemann am Pult des Festspielorchesters. Er führt die Musiker mit unglaublicher Flexibilität durch diesen musikalischen Kosmos des Begehrens und Aufbegehrens, lässt das Orchester in immer wieder neuen Farben erleuchten und erglühen, vorwärtsdrängen, fiebrig zittern und schmerzvoll leiden, wie man es klangintensiver derzeit sicher nirgends sonst erleben kann. (Die Vorspiele zum ersten und zweiten Akt wirken in ihrem vorwärtsdrängenden Gestus als seien Tristan und Isolde auf der Flucht). Das zeichnet die Qualität von Thielemanns Dirigat aus, dass er in Tempo und Dynamik enorm variiert und dadurch eine schier atemberaubende Spannung und Dramatik produziert.

Bilder von der Inszenierung finden Sie hier.

Wagners Musiktheater findet in dieser Aufführung tatsächlich vor allem in der Musik statt, die so viel mehr ausdrückt als der Text allein. Vom "seelischen Kontrapunkt" hat Richard Strauss einst gesprochen. Ihn bringt Thielemann wie derzeit kaum ein zweiter zum Klingen; mit ihm und von ihm animiert die Riege an hervorragenden Sängerinnen und Sängern dieser Aufführung, mit der phantastischen Brangäne der Christa Mayer, dem etwas hell timbrierten, aber kräftigen König Marke von Georg Zeppenfeld und dem kernig intensiven und doch anschmiegsamen, neu besetzten Greer Grimsley als Kurwenal.

Sendung: "Allegro" am 2. August 2019 ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK.

Kommentare (4)

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Samstag, 03.August, 09:08 Uhr

steffi.fromm@web.de

Kritik TRISTAN

Als Einstimmung...

Freitag, 02.August, 16:50 Uhr

Hans

Tristan und Isolde 1.August 2019 Bayreuth

Fürs Auge schon mal gar nix......
Fürs Gemüt allenfalls Thielemannnnicht aber beide
"Liebenden".....die lieben gar nichts ausser vielleicht sich selbst.
Von beiden möchte ich nicht geliebt werden.....
Frau Langs Finale : Bitte ? Was soll man denn da fühlen!!!
Und der Herr Tristan mag Leichtmetall schneiden können,
in keiner Weise aber Liebe ausdrücken.
Im Ganzen ein weiteres Mißlingen jeglichen Wagner-Werkes auf dem grünen Hügel seit dem Lohengrin des noch knabenhaften Vogt der vorletzten Inszenierung.

Freitag, 02.August, 13:56 Uhr

Stephan Tamino von Pangsy

Überzogene Kritik

Eine der eigentlichen Tragik der Geschichte zeitgemäße und moderne Inszenierung .
Offensichtlich hat Jungwirth diese nicht verstanden !
Tragisch

Freitag, 02.August, 13:38 Uhr

Dennis Fischer

Premiere 2015

Kleiner Hinweis: Im Premierenjahr 2015 sang nicht Petra Lang sondern Evelyn Herlitzius.

BR-KLASSIK: Vielen Dank für den Hinweis, wir haben es ausgebessert.

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