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Sängerjubilare 2024 Wen gibt es heuer zu feiern?

Mit Carlo Bergonzi würde die Autorität in Sachen Verdi-Gesang im Juli 100 Jahre alt: einer der Sängerjubilare 2024! BR-KLASSIK gibt einen Ausblick auf runde Geburtstage von Sängerinnen und Sängern von früher und heute. Dabei wird unter anderem an den cremigen Klang von Kiri te Kanawa, die Händel-Interpretationen von Ann Murray, die Wagner-Strahlkraft von Peter Seiffert, den Belcanto von Renata Scotto oder den legendären Octavian von Hertha Töpper erinnert. Auch Raina Kabaivanska, Deborah Polaski oder René Pape erhalten vorgezogene Glückwünsche.

Carlo Bergonzi | Bildquelle: picture-alliance/ dpa | Bruno_Bebert

Bildquelle: picture-alliance/ dpa | Bruno_Bebert

Vielleicht war es Schicksal, dass er nur wenige Kilometer nördlich von Verdis Geburtsort Le Roncole zur Welt kam, und zwar am 13. Juli vor hundert Jahren. Denn Carlo Bergonzi sollte zu einem der größten Verdi-Sänger des 20. Jahrhunderts werden. Kein tenoraler Kraftprotz, sondern ein feiner Stilist. Dabei fehlte es ihm keineswegs an der nötigen Attacke, aber der auftrumpfende Gestus etwa bei Manrico oder Radames war bei Bergonzi immer Teil eines differenzierten Rollenporträts, das Bergonzi mit seiner überragenden Gesangstechnik ganz aus dem Lyrismus entwickelte. Er hat so gut wie alle großen Tenorrollen von Verdi gesungen und diesem Repertoire seinen Stempel aufgedrückt.

Carlo Bergonzi würde 100

Bereits Anfang der 1960-er Jahre eröffnete Bergonzi in der Verdi-Stadt Busseto ein Hotel mit dem bezeichnenden Namen "I due Foscari". Und sogar seinen Lebenstraum, Otello, hatte er sich mit unglaublichen 75 Jahren noch erfüllt – allerdings eine bittere Pointe zum Karriereende, denn er musste die konzertante Vorstellung in der Carnegie Hall nach der Hälfte abbrechen. Carlo Bergonzi und Verdi – eine schicksalhafte und kongeniale Symbiose.

Gregory Kunde wird 70

Gregory Kunde | Bildquelle: picture alliance/dpa | Markus Scholz Gregory Kunde | Bildquelle: picture alliance/dpa | Markus Scholz Gregory Kunde hat erst vor eineinhalb Jahren in der Mörderpartie des Enée in Berlioz‘ Les Troyens an der Bayerischen Staatsoper schier umgehauen. Genau solche Rollen, die sich in vertrackte Höhen hinaufschrauben und dabei doch oft lyrisch grundiert bleiben, die aber vor allem auch ein Fundament in der Tiefe erfordern, hat Gregory Kunde in letzter Zeit zu seiner Spezialität gemacht. Bei Rossini, einem der zentralen Komponisten seit Beginn seiner Karriere, ist das jener Stimmtyp, den man "Baritenor" nennt. Der Klang ist dramatisch, aber man braucht auch Agilität, vor allem hohe Noten. So ist Gregory Kunde einer der wenigen Sänger, die fast zeitgleich sowohl Rossinis als auch Verdis Otello gesungen haben. Am 24. Februar feiert er seinen 70. Geburtstag.

Peter Seiffert wird 70

Peter Seiffert war oft an der Bayerischen Staatsoper zu erleben, als Siegmund und Florestan, als Max im Freischütz, als Hans in der Verkauften Braut, als Don Ottavio oder im Barbier von Bagdad von Peter Cornelius. Schon mit Anfang 30 hat Seiffert seinen ersten Parsifal gesungen und kurz darauf seinen ersten Lohengrin. Dieser war viele Jahre fast so etwas wie sein Markenzeichen: überirdisch und geerdet zugleich; voller leiser Zwischentöne aber mit ungebrochener stimmlicher Kraft. Und immer mit einem Schuss Italianità. Am 4. Januar feiert Peter Seiffert seinen 70. Geburtstag.

Wolfgang Windgassen würde 110

Wolfgang Windgassen | Bildquelle: picture-alliance/dpa Wolfgang Windgassen | Bildquelle: picture-alliance/dpa Von diesem Heldentenor des 21. Jahrhunderts nun zu einem der wichtigsten Heldentenöre des 20. Jahrhunderts: Wolfgang Windgassen. Es soll an seinen 50. Todestag am 8. September erinnert werden. Zudem würde er am 26. Juni 110 Jahre alt. Windgassen war einer der prägenden Sänger im Bayreuth der Nachkriegszeit. In der Entrümplungsarbeit Wieland Wagners war er der ideale Sängerdarsteller und hat auf dem Grünen Hügel zwischen 1951, den ersten Festspielen nach dem Zweiten Weltkrieg, und 1970 nahezu alle Partien seines Fachs gesungen. Bis zu seinem unerwarteten Tod mit nur 60 Jahren blieb Windgassen ganz besonders seinem Stammhaus treu, der Stuttgarter Staatsoper, deren künstlerischer Direktor er in den letzten Jahren seines Lebens auch war. Hier hatte er sich langsam sein Repertoire erarbeitet, von lyrischen Partien bis hin zu den Wagner-Rollen, mit denen man ihn vor allem in Verbindung bringt.

Hertha Töpper würde 100

Porträt der Sängerin Hertha Töpper | Bildquelle: picture alliance / dpa/Martina Hellmann Hertha Töpper | Bildquelle: picture alliance / dpa/Martina Hellmann Wir bleiben zunächst noch im langsam wieder neu aufblühenden Musikleben der Nachkriegszeit. Ein Teil davon war auch die Mezzosopranistin Hertha Töpper. Für den ersten Bayreuther Ring kam die gebürtige Grazerin 1951 nach Deutschland. Dort sang sie zwar nur die Floßhilde, noch im selben Jahr debütierte sie jedoch in München als Octavian. Die Rolle sollte zu ihrem Aushängeschild werden, die Bayerische Staatsoper zu ihrer künstlerischen Heimat als langjähriges Ensemblemitglied. Und es ist typisch für den Ensemblegedanken jener Zeit, dass sich Hertha Töpper nicht auf ein eindeutiges Stammrepertoire festlegen lässt. Sie sang Eboli und Brangäne genauso wie Dorabella und Cherubino, aber auch die Judith in Herzog Blaubarts Burg oder die Sekretärin in Menottis Konsul. Und allein in München ganze 133 Mal den Octavian, ihre Leib- und Magenpartie. Hertha Töpper würde am 19. April hundert Jahre alt.

Sylvia Geszty würde 90

Und 90 Jahre alt würde am 28. Februar Sylvia Geszty. Auch sie war ab den 1970-er Jahren oft in München zu erleben – an der Bayerischen Staatsoper, aber auch in Konzerten des Bayerischen Rundfunks. Seit ihren ersten Erfolgen in Ost-Berlin in den 1960-er Jahren galt sie als Königin der Koloraturen – so auch der Titel ihrer Autobiographie. Später zog sie dann nach Westdeutschland, wurde ins Ensemble der Stuttgarter Oper engagiert und gastierte weltweit mit ihren Paraderollen. Neben der Königin der Nacht oder Zerbinetta hatte sie aber auch etwas übrig für die Operette. Davon zeugen zahlreiche Aufnahmen. Sie dokumentieren eine Sängerin mit leichter, heller Stimme.

Jochen Kowalski wird 70

In ihrer Anfangszeit hatte Sylvia Geszty einen besonders engen Bezug zu Walter Felsensteins Komischer Oper im damaligen Ost-Berlin. Und dort begann auch die Karriere von Jochen Kowalski als in den 1980-er Jahren Harry Kupfer das Haus leitete. Zu dieser Zeit waren Händel-Opern noch eher die Ausnahme auf den Spielplänen, und es gab auch noch nicht so viele Countertenöre. Jochen Kowalski war also einer der Pioniere dieses Fachs. Ins Theater ist er schon früh hineingewachsen, fing als Requisiteur an der Berliner Staatsoper an und kam dann ins Ensemble der Komischen Oper. Neben Giustino war dort auch sein Giulio Cesare ein früher Meilensteine nicht nur seiner Karriere, sondern auch der Händel-Renaissance. Und mit Rossinis Tancredi hat er die Grenzen des Counterfachs sogar etwas erweitert. Am 30. Januar feiert Jochen Kowalski seinen 70. Geburtstag.

Ann Murray wird 75

Ann Murray | Bildquelle: Sian Trenberth Ann Murray | Bildquelle: Sian Trenberth Die Händel-Renaissance, die unter anderem von Jochen Kowalski mit eingeleitet wurde, ging dann an der Bayerischen Staatsoper unter der Intendanz von Peter Jonas insbesondere mit einer Sängerin weiter, die zu jener Zeit dieses Repertoire geprägt hat wie keine zweite: Ann Murray. Als skurriler und irgendwie drolliger Giulio Cesare vor Dinosaurier-Kulisse, als androgyner Xerxes, als Ariodante oder Rinaldo. Ann Murray wurde in Dublin geboren und einen guten Schuss irischen Humor und bisweilen durchaus einen etwas herben Charme legte sie in alle diese Rollen. Ihren 75. Geburtstag feiert sie am 27. August.

Kiri te Kanawa wird 80

Kiri Te Kanawa | Bildquelle: kiritekanawa.org Kiri te Kanawa | Bildquelle: kiritekanawa.org Wir bleiben noch auf den Britischen Inseln. Denn dorthin kam die Neuseeländerin Kiri te Kanawa bereits zum Studium und startete dann ihre Weltkarriere am Royal Opera House in London. Sie pflegte schon immer eine enge Beziehung zu den Royals, sang sogar auf der Hochzeit von Charles und Diana und hatte für mehrere Jahrzehnte East Sussex zu ihrer Heimat gemacht. 2021 zog sie wieder zurück nach Neuseeland. Als Marschallin, Capriccio-Gräfin und Arabella oder als melancholische Contessa in Mozarts Figaro hat sie bleibende Eindrücke hinterlassen. Ihre cremige, warme und aufblühende Stimme voller Schönheit passte bestens zu diesen Damen, denen sie immer eine gewisse vornehme Zurückhaltung verliehen hat. Am 6. März wird sie 80.

Gabriela Benackova wird 80 (oder 77)

Gabriela Benackova | Bildquelle: picture alliance/dpa/CTK | Tomas Zezulka Gabriela Benackova | Bildquelle: picture alliance/dpa/CTK | Tomas Zezulka Ähnlich wie bei Kiri te Kanawa liegt auch in der Stimme von Gabriela Benackova über dem Wohlklang immer ein gewisser melancholischer Schleier. Das passte besonders gut zum tschechischen Repertoire: Jenufa, Rusalka, Katja Kabanova. Solche Figuren gestaltete die gebürtige Slowakin, die bald die tschechische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, mit ganz besonderer Innigkeit und immer mit einem Hauch von Schwermut. Aber auch Senta, Ariadne, die Maskenball-Amelia, Maddalena in Andrea Chenier oder Margherita in Mefistofele zählten zum breiten Repertoire von Gabriela Benackova. Über ihr Geburtsjahr gehen die Angaben auseinander: 1944 oder 1947. Aber ganz egal, ob sie nun am 25. März ihren 80. oder ihren 77. Geburtstag feiert, soll an eine der zentralen Künstlerinnen der 1980-er und 90-er Jahre erinnert werden, die immer mit Herz und Seele gesungen hat.

Ferruccio Furlanetto wird 75

Und damit zur Bassgewalt von Ferruccio Furlanetto. Mozarts Don Giovanni oder Figaro-Graf, Rossinis Don Basilio oder Mustafá in der Italienerin in Algier, Verdis König Philipp, Banquo oder Fiesco – das sind die Rollen, denen er mit seinem charakteristischen und nuancenreichen Bass bezwingende Intensität verliehen hat. Er ist einer der Publikumslieblinge an der Wiener Staatsoper und hat dort nach seinen Mozart- und Verdi-Partien in jüngerer Zeit das russische Repertoire für sich entdeckt. Mussorgskys Boris Godunov oder Chowanschtschina. Letzteres wird er im Juni auch in einer Neuinszenierung an der Berliner Staatsoper singen, dann jedoch die Partie des Dosifei, nachdem er zuvor immer den Fürsten Iwan Chowanski verkörpert hatte. Ferruccio Furlanetto wird am 16. Mai 75 Jahre alt.

Sabine Hass würde 75

Eine Sängerin, die in den 1980-er und 90-er Jahren besonders eng mit München und der Bayerischen Staatsoper verbunden war, ist Sabine Hass. Sie hat am Münchner Richard-Strauss-Konservatorium studiert, debütierte dann 1976 im Nationaltheater als Senta und war immer wieder Gast an diesem Haus, sehr oft als Chrysothemis oder später etwa in Hindemiths Mathis der Maler. Die Senta, eine ihrer zentralen Rollen, sang sie auch mehrere Jahre bei den Bayreuther Festspielen. Ihr persönlicher Höhepunkt war die Isolde. Seit Sabine Hass 1999 mit nur 49 Jahren starb, ist sie vielleicht etwas in Vergessenheit geraten. Aber es soll dennoch an eine Sängerin erinnert werden, von der gerade im hochdramatischen Fach sicher noch einiges zu erwarten gewesen wäre. Am 8. April würde sie 75 Jahre alt.

Deborah Polaski wird 75

Wir bleiben noch bei Wagner. Für Deborah Polanski ein Schicksalskomponist. 1988 hatte sie im Harry-Kupfer-Ring in Bayreuth ihren großen Durchbruch und sang die Brünnhilde danach viele Jahre auf dem Grünen Hügel und in allen wichtigen Opernhäusern der Welt. Mit ihrer wuchtigen, dunkel getönten Stimme machte sie sich die hochdramatischen Sopranrollen zu eigen: Kundry, Isolde, vor allem Elektra, aber auch die Färberin. Deborah Polaski legte in ihre Partien immer eine große Wärme. Genau das zeichnete später auch ihre Küsterin aus, und ein Meilenstein ihrer Karriere war sicher Les Troyens bei den Salzburger Festspielen, wo sie gleich beide Frauenrollen verkörperte: Cassandre und Didon. Viele Jahre war jedoch gerade die Brünnhilde ihre Visitenkarte. Deborah Polaski feiert am 26. Mai ihren 75. Geburtstag.

René Pape wird 60

Sänger René Pape tritt während der Verleihung des „Dresden-Preis“ in der Dresdner Semperoper auf. | Bildquelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Matthias Rietschel Rene Pape | Bildquelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Matthias Rietschel Am 4. September wird René Pape seinen 60. Geburtstag feiern, einer der großen Bässe der Gegenwart. Eine wichtige Station zu Beginn seiner Karriere war der Sarastro in Salzburg unter Solti Anfang der 1990-er Jahre, danach ging es an allen bedeutenden Opernhäusern der Welt weiter. Mit einer Mischung aus balsamisch und dämonisch, aus Stimmschönheit und kerniger Schwärze ist er heute vielleicht der Gurnemanz und der König Philipp der letzten Zeit. Aber eben auch Mephisto bei Gounod und Boito. Und vor allem immer wieder König Marke.

Rolando Panerai würde 100

Eine gewisse Rolle spielt Wagner auch in der Karriere des nächsten Jubilars, wenn auch nur eine kleine. So ragt als Kuriosität aus Rolando Panerais über 150 Bühnenrollen etwa der Amfortas heraus, verewigt in dem legendären "Parsifal"-Mitschnitt neben Maria Callas – auf Italienisch. Seine dunkle, markante und dabei doch lyrisch flexible Baritonstimme prädestinierte Panerai jedoch vor allem für die Opern von Verdi, Donizetti und auch Mozart. Durch seine vokale Charakterisierungskunst und sein darstellerisches Talent wurden Rollen wie Dulcamara oder Don Pasquale zu komödiantischen Kabinettstückchen. Und vor allem zwei Partien, mit denen man ihn ganz besonders identifiziert: Falstaff und Gianni Schicchi. Beide hat er nicht nur unzählige Male auf den großen Opernbühnen der Welt verkörpert, sondern auch mit dem Bayerischen Rundfunk aufgenommen. Überhaupt war er mehrmals in den Studios des BR zu Gast: Er spielte etwa Don Giovanni unter Kubelik oder Verdis Oberto unter Gardelli ein. Am 17. Oktober würde Rolando Panerai hundert Jahre alt.

Raina Kabaivanska wird 90

Eine Sängerin, die nicht zuletzt wegen des Belcanto ihre Heimat verlassen hat und nach Italien gegangen ist? Raina Kabaivanska! Ein paar wenige Belcanto-Rollen hat sie zwar auch gesungen, sie war aber vor allem die Grande Dame des Verismo. Die Tosca hatte sie bis zum Ende ihrer ungewöhnlich langen Karriere im Repertoire. Nachdem sie insbesondere mit den schillernden Fin de Siècle-Figuren wie Cileas Adriana Lecouvreur oder Zandonais Francesca da Rimini geglänzt hatte, wandte sie sich zunehmend auch dem 20. Jahrhundert zu: Poulencs La voix humaine oder Janaceks Die Sache Makropulos. Allesamt faszinierende Frauenfiguren, die bestens zu dieser eleganten Dame passten. Da in ihrer Stimme immer eine gewisse Zerbrechlichkeit mitschwingt, ist gerade ihre Sour Angelica besonders berührend. Raina Kabaivanska, eine der letzten großen Diven einer glanzvollen Opernvergangenheit, feiert ihren 90. Geburtstag am 15. Dezember.

Renata Scotto würde 90

Renata Scotto | Bildquelle: picture-alliance/dpa Renata Scotto | Bildquelle: picture-alliance/dpa Und eine weitere dieser letzten großen Diven ist erst im vergangenen August verstorben: Renata Scotto. Umso mehr soll nun an ihren 90. Geburtstag am 24. Februar erinnert werden. Von ihrer italienischen Heimat aus hat sie die Bühnen der Welt erobert. Sie feierte Triumphe an der Scala und am Teatro La Fenice zu einer Zeit als Maria Callas noch die Szene beherrschte. In ihren späteren Karrierejahren identifiziert man Renata Scotto vor allem mit Verismo-Rollen von Puccini, Cilea oder Giordano. Von ihrem absoluten stimmlichen Zenit zeugen aber zahlreiche Aufnahmen aus den 1960-er Jahren. Mit hinreißender Phrasierung, schwebenden Piani und wunderbarem Lyrismus singt sie Fundstücke aus dem Belcanto-Repertoire: Donizettis Maria di Rohan, Bellinis Zaira und La Straniera. Als Renata Scotto an der Scala nicht mehr so beliebt war, verlagerten sich ihre Auftritte mehr und mehr nach Amerika, und sie machte ab Mitte der 1960-er Jahre die MET zu ihrem Stammhaus. Ähnlich war es rund ein Jahrzehnt früher bei Renata Tebaldi, deren Tod sich am 19.Dezember zum 20. Mal jährt. Als die Callas zum Star der Scala wurde, ging die Tebaldi an die MET. Dort war sie für viele Jahre die Primadonna des italienischen Fachs – mit berückend schönem Timbre, makellos geführter Stimme und einer zu Herzen gehenden Zartheit in Gesang und Erscheinung. "Voce d’angelo", Engelsstimme, so hat sie Arturo Toscanini einmal genannt, und dieser Name sollte ihr bleiben. Die Domäne der Tebaldi waren weniger die furiosen Opernheroinen, sondern die fragilen Märtyrerinnen der Liebe wie Mimí, Liú, Aida oder Desdemona.

Marilyn Horne wird 90

Und zum Schluss nun zur Mezzowucht von Marilyn Horne: Gerade bei ihren Spezialitäten, bei Händel, Vivaldi und insbesondere bei den großen Hosenrollen von Rossini, überwältigt Marilyn Horne mit ihren phänomenalen Koloraturkaskaden voller gestalterischer Fantasie, mit denen sie durch die Register gurgelt von fast sopranigen Höhen bis in schier unerreichbar profunde Tiefen. Sie war also genau das, was mein einen Contralto nennt. Das war aber nicht immer so, denn sie hat als Sopran angefangen. Der 90. Geburtstag von Marilyn Horne, die mittlerweile in Santa Barbara in Kalifornien lebt, steht unmittelbar bevor, nämlich am 16. Januar.

Sendung: "Sängerjubilare" am 1. Januar 2024 ab 14:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Sonntag, 07.Januar, 21:07 Uhr

Werner Kapp

Sänger-Jahrestage

ja, ich habe sie auch fast alle live gehört, teils mehrfach.
... und trotz allen anderen werde ich so lange ich lebe nicht vergessen, als die größte Sängerin der Welt (Jürgen Kesting über Marily Horne) als Zugabe "Bridge over troubled water" von Simon and Garfunkel sang...nach einem wundervollen Liederabend mit Copland u.a. im Herkulessaal.

Dienstag, 02.Januar, 12:12 Uhr

Fred Keller

Sängerjubilare 2024

Eine eindrucksvolle Liste, ich habe sie alle live gehört.

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