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Johann Sebastian Bach Cello-Suite Nr. 6 D-Dur, BWV 1012

Seit Pablo Casals sie "entdeckt" hat, gelten Bachs sechs Solo-Suiten als Anfang und Ende aller Cello-Musik. Für manch einen gelten sie gar als Bibel des Instruments. "Das ist mit das Schwerste, was wir lernen können, gar nicht nur musikalisch, sondern auch technisch", sagt der Cellist Alban Gerhardt. Mit ihm zusammen stellt Wiebke Matyschok die Suite Nr. 6 vor.

Porträt Johann Sebastian Bach | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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B-A-C-H: vier Töne sind es nur. Klangvolle Initialen eines selbstbewussten Komponisten, die Johann Sebastian Bach auch in einer seiner Solosuiten – der Fünften nämlich – im Verborgenen anklingen ließ. Bach, der wie in Allem Maßstäbe setzte, tat dies auch in seinen Suiten für Cello solo. Anfang und Ende aller Musik? "Cellisten müssen das sagen", so Alban Gerhardt. "Wenn man das nicht sagt, ist man es nicht wert, Cellist genannt zu werden. Ich liebe Bach, aber ich wäre auch Cellist geworden, wenn es die Bach-Suiten nicht gäbe."

Technisch sehr anspruchsvoll

Geschrieben hat Bach seine sechs Solo-Suiten für Cello vermutlich um 1720 für Musiker am Hof in Köthen. Zur letzten Suite, der Nummer sechs in D-Dur, sagt Alban Gerhardt: "Es ist einfach die mit Abstand vielstimmigste Suite, die wir haben. Das technische Limit wird schon sehr ausgedehnt. Deswegen ist sie technisch schon die anspruchsvollste, rein von der linken Hand aus gesehen."

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Cello piccolo oder Viola pomposa?

Cellist Alban Gerhardt | Bildquelle: © Kaupo Kikkias Bildquelle: © Kaupo Kikkias Die sechste Suite ist für ein Instrument mit fünf Saiten geschrieben. Ein Cello piccolo, das Bach in einigen Kantaten besetzt hat. Vielleicht hat er die Suite auch für eine Viola pomposa geschrieben, ein Instrument, das Bach sogar erfunden haben soll. "Es ist ein etwas kleineres Instrument und hat eine fünfte Saite", erklärt Alban Gerhardt dieses Instrument. "Ich habe es einmal  im Konzert gehört. Es klingt sehr nasal. Das macht schon Sinn, wenn eine fünfte Saite oben drüber ist und dann noch mehr Druck auf den Korpus ausübt, damit es gar nicht wie ein Cello klingt. Eher wie eine Bratsche eigentlich."

Für mich kann eine Bach-Suite freier angegangen werden als das Schumann-Konzert.
Alban Gerhardt

Die Original-Handschrift ist verschollen, allerdings sind frühe Kopien überliefert – darunter auch eine Abschrift von Bachs Frau Anna Magdalena. Dieser Notentext verrät nichts zur Dynamik und Artikulation. "Es bleibt dem Spieler sehr viel überlassen. Er muss nur eine Ahnung haben, wie damals gespielt wurde", mutmaßt Alban Gerhardt.

Sämtliche Verzierungen ausgeschrieben

Wie üblich, reiht Bach Tanzsätze zu einer Suite: Prélude, Allemande, Courante, Sarabande, Gavotte eins und zwei, und schließlich die Gigue. Der Cellist Alban Gerhardt findet hier Besonderes: "Die Allemande ist für mich ein ziemlich großes Geheimnis. Da würde ich mich gerne einmal mit jemandem darüber unterhalten, der mehr Ahnung davon hat als ich. Ich habe noch nie eine Aufnahme gehört, die mich wirklich befriedigt. Weil das der einzige Satz von Bach ist, wo er sämtliche Verzierungen ausschreibt!"

Die Quintessenz aller Musik

Nach Bachs Tod waren die Cello-Suiten in Vergessenheit geraten. Die Sechste hatte manch einem sogar als unspielbar gegolten. Hundert Jahre nach ihrer Entstehung, 1824, erschienen die Suiten zum ersten Mal im Druck in Paris – allerdings anonym ohne Nennung ihres Urhebers. Musiker spielten diese Musik bloß als Etüden. Und Robert Schumann komponierte eine Klavierbegleitung. Erst Pablo Casals führte die Suiten als Ganzes auf. Er hat einmal gesagt: "Sie sind die Quintessenz von Bachs Schaffen, und Bach selbst ist die Quintessenz aller Musik." Und wie bringt Alban Gerhardt es auf den Punkt? "Ich bin nicht religiös, aber Bach könnte mich davon überzeugen, dass es doch einen Gott gibt. Und dieser Gott heißt dann Bach."

Musik-Info

Johann Sebastian Bach:
Suite für Cello solo Nr. 6 D-Dur, BWV 1012


Alban Gerhardt (Violoncello)
Label: Ippnw-Concertos

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