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Jacques Offenbach

Der Orpheus vom Rhein

Das Leben des Jacques Offenbach (8) Zwischen den Stühlen

"Dank dem Kaiser, der geruhte, mir das Bürgerrecht zu erteilen, bin ich seit drei Jahren Franzose; vor zwei Jahren wurde ich zum Ritter der Ehrenlegion ernannt." Mit dieser Feststellung beschließt Jacques Offenbach 1864 seine autobiographische Skizze im Figaro.

Jacques Offenbach zwischen den Stühlen | Bildquelle: BR/Alex Naumann

Bildquelle: BR/Alex Naumann

Geboren als preußischer Untertan in Köln, hatte er sich der alten Heimat spätestens seit dem Tod seines Vaters 1850 längst entfremdet. Bis dahin hat er sich oft, teils monatelang in seiner Geburtsstadt aufgehalten, danach nur noch einmal: ein Jahr vor seinem Tod besucht er das Grab der Eltern und nimmt Abschied von seiner Schwester Netta. Schon 1860 hatte er an seinen Berliner Verleger Gustav Bock geschrieben: "Geben Sie nicht Orphée nach Cöln. Sie wissen, dass ich nicht bin sehr entiché in meine Geburtsstadt. Sie wissen auch, warum. Aus diesem Grunde wünsche ich, dass meine Opéras nicht werden gegeben de ce côté-la': Die Einwohner von Cologne haben für ihre Compatrioten, die sich erworben haben la gloire so wenig übrig, und es ist vorzuziehen, sie in Ruhe ihren Schoppen trinken zu lassen." Sein von französischen Wörtern durchsetztes Deutsch ist ebenso typisch für ihn wie der deutsche Akzent seines Französisch. Für Offenbach wird das erst zum Problem, als es 1870 zum deutsch-französischen Krieg kommt. Plötzlich sitzt er zwischen allen Stühlen. In Deutschland gilt er als "Vaterlandsverräter" und musikalischer Verführer, dessen "eigentliches Attentat als Künstler" laut Leipziger Allgemeinen Musikzeitung "in der Composition seiner Operetten besteht. Und durch nichts ist er ein reicher Mann und napoleonscher Ehrenritter geworden, als gerade durch das, wogegen jetzt Krieg geführt wird."

Versöhnung mit "Hoffmanns Erzählungen"

Nach dem verlorenen Krieg sieht man das in Frankreich durchaus ähnlich. Die buonapartistische Zeitung Le Pays schreibt: "M. Offenbach, der für sich allein genommen Frankreich mehr Übel zugefügt hat als alle Spione Bismarcks; M. Offenbach, dieser preußische Jude, der bei uns den Triumph seiner deutschen Brüder vorbereitet hat, indem er die ruhmreiche Armee lächerlich gemacht hat, M. Offenbach, dessen widerwärtige und dummdreiste Musik uns aufs Ärgste zersetzt hat durch den obszönen Irrsinn der Operette." Dass es ihm trotz der polemisch aufgeladenen Atmosphäre mit seinem letzten Werk Hoffmanns Erzählungen gelingt, die deutsche und französische Kultur zu versöhnen, grenzt an ein Wunder.

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