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Radio im Jahr 1949 Eine Orchestergründung als Streitfall

1. Juli 1949. Wiederaufbau, die Währungsreform ist gerade ein paar Monate her. Im Münchner Funkhaus gibt es einen Grund zum Feiern. Eugen Jochum tritt seinen Posten an als Chefdirigent des zeitgleich ins Leben gerufenen "Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks".

Eugen Jochum, 1950er Jahre. | Bildquelle: BR / Historisches Archiv, Foto: Werner Neumeister

Bildquelle: BR / Historisches Archiv, Foto: Werner Neumeister

"Er ist befugt, die Maßnahmen zu ergreifen, die er für den Ausbau und die Erziehung des Orchesters für erforderlich erachtet", so steht es im Gründungsvertrag für Dirigent Eugen Jochum. Und Jochum scheint der richtige Mann am richtigen Ort. Der gebürtige Schwabe ist ein exzellenter Maestro, der sich zudem während des Dritten Reichs von den Nazis ferngehalten hat.

Serie "100 Jahre Radio" auf BR-KLASSIK

BR-KLASSIK feiert "100 Jahre Radio" - mit einer Serie in fünf Teilen von Markus Vanhoefer. Hier gibt's alle Folgen zum Lesen und Anhören.

Klangkörper der Extraklasse

Das neue Orchester versteht sich als ein Klangkörper der Extraklasse. So sitzen die Musiker des renommierten Koeckert-Quartetts an den ersten Streicherpulten. Aber das jungen BR-Symphonieorchester findet nicht nur Zustimmung.

Parvenu-Orchester
Dirigent Hans Knappertsbusch über das BRSO

Der wahre Stein des Anstoßes ist jedoch folgende Pressemitteilung: Kein Orchester und kein Dirigent von Ruf können auf den Kontakt mit dem sichtbaren Publikum verzichten. Deshalb wird Eugen Jochum auf auswärtige Gastspielreisen gehen, darum auch werden von den etwa 150 vorgeschriebenen symphonischen Konzerten des Rundfunks zehn öffentlich sein.

 Konkurrenzkampf der Münchner Orchester

Eugen Jochum | Bildquelle: picture-alliance/dpa Dirigent Eugen Jochum | Bildquelle: picture-alliance/dpa Das Reizwort ist "öffentlich". Bis dahin spielten Rundfunk-Orchester ihre Konzertübertragungen zwar live. Aber vor leeren Rängen, das heißt ohne Publikum. Mit ihrer geplanten Öffnung treten Jochum und seine Musiker in einen direkten Wettbewerb zu zwei weiteren Münchner Spitzenorchestern: Dem Staatsorchester an der Oper und den Philharmonikern. Und das in einer wirtschaftlich prekären Nachkriegszeit. Das sorgt für Ärger. Der "Konkurrenzkampf" der Klangkörper wird zum hitzig diskutierten "Existenzkampf" stilisiert. München habe mehr Orchester als es verkraften kann, schreibt die "Süddeutsche" und spricht von einer empfindlichen Schädigung der Interessen der Philharmoniker.

Um die Wellen zu glätten, treten BR-Intendant Rudolf von Scholz und der Münchener Kulturreferent Walther von Miller – er ist Dienstherr der Philharmoniker – in Verhandlung. Am Ende steht ein Kompromiss: Die Zahl der Publikumskonzerte des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks wird von zehn auf acht reduziert. Zusätzlich erhalten die Philharmoniker eine Kompensation von 200.000 DM.

Der Zwist der Orchester ist nur ein kurzes Strohfeuer. Heute ist das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks eines der führenden Orchester der Welt.  Medial präsent, ob Radio oder Fernsehen, ob Videostreams oder Potcasts. Und zugleich im unmittelbaren Kontakt mit den Menschen vor Ort – in kleinen Gemeineden Bayerns ebenso wie in Tokyo oder New York.

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