Jodeln ist in. Das zeigen Kurse in München, Frankfurt oder Berlin. Aber was macht das Jodeln eigentlich so trendy? Und wie kann man es lernen? In der Schweiz wird sehr fleißig gejodelt – und sogar wissenschaftlich dazu geforscht.
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Da geht einem das Herz auf: Ein echter Naturjuuz aus der Schweiz – ganz archaisch, aber auch anstrengend. Das wissen die Schwestern Cecile und Mirielle Schmiedig aus dem Muoatathal im Kanton Schwyz: "Es ist schon anstrengend für die Stimme", erzählen sie. "Wir jodeln meistens nur zwei Mal hintereinander und dann brauchen wir eine Pause."
Jodeln war ja auch nie gedacht für stundenlange Konzerte, sondern als Verständigung zwischen Menschen von Alm zu Alm oder mit den Tieren. Für Schweine gab es einen eigenen Lockruf, einen anderen für die Ziegen und wieder was andres für die Kühe. Inzwischen hat das Handy die Kommunikation abgelöst, aber das Jodeln lebt trotzdem: "Jodeln hat etwas mit dem Urzustand des Singens zu tun, mit Emotionen, sei es in der Trauer oder in der Freude", sagt Sänger und Performance-Künstler Christian Zehnder. "Wenn man juchzt und dann die Stimme überschlägt, dieser Bruch von der Brust- zur Kopfstimme, das ist etwas Urarchaisches."
Jodeln ist etwas Urarchaisches.
Jodeln gibt es in verschiedenen Formen: mal wild und frei, mal ganz traditionell – gesungen von einem Schweizer Jodelchor. Die gibt es dort zu Hauf, sie sind Teil der eidgenössischen Identität. Und so mag man sich auch nicht wundern, dass es in der Schweiz sogar eine Jodelprofessorin gibt. Nadja Räss arbeitet an der der Hochschule Luzern. "Hier sammle und singe ich zum Beispiel Melodien, die ich auf alten Aufnahmen gehört habe und versuche diese möglichst original wiederzugeben", erzählt Nadja Räss.
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Einsingen um 9 (16.5.24) mit Nadja Räss, Jodeln, Jodel-Lied von Nadja Rässerugg
Effektiv passiert eine ganz kleine Kippbewegung im Kehlkopf.
Zudem widmet sie sich der Jodel-Stimmbildung und Stimmforschung. Die Forschenden haben tief in den Kehlkopf geblickt und gesehen: "Effektiv passiert eine ganz kleine Kippbewegung im Kehlkopf. Aber der Vokaltrakt verändert sich beim Registerwechsel auch. Es ist sehr spannend von den Phoniatern zu hören, dass sie total fasziniert waren von der Präzision der Jodlerinnen. Wie schnell sie die einzelnen Einstellungen der Register mit einer sehr hohen Intonationsgenauigkeit einstellen können."
Berge spielen in vielen Werken klassischer Komponisten eine Rolle: Etwa in Hector Berlioz' "Harold in Italien" oder Modest Mussorgskys "Nacht auf dem kahlen Berge".
Wie schaut es mit den Laien aus, die sich ihr Gipfelglück von der Seele jodeln wollen? Wie fang ich's an? "Für mich ist es wie Schanzenspringen", sagt Christian Zehnder, "ich lasse mich in die Stimme hineinfallen. Oder man versucht zu jammern und das Jammern zu kultivieren." Na dann: Ordentlich Jammern beim anstrengenden Aufstieg! Oben angekommen sitzt die Stimme dann perfekt für den freudigen Gipfeljuchzer.
Sendung: "Allegro" am 22. Mai 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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