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Solidarität mit Hamas-Geiseln Igor Levit spielt das "Gelbe Klavier"

Es war ein bewegendes Konzert mit Pianist Igor Levit in der James-Simon-Galerie in Berlin, unter den Gästen auch die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer. Die Aktion "Das Gelbe Piano" will in mehreren Städten gleichzeitig an die über 100 Geiseln erinnern, die sich noch immer in der Gewalt der Hamas befinden.

Igor Levit spielte am Sonntag (14.01.2024) in der James-Simon-Galerie in Berlin ein Konzert zum Gedenken an die israelischen Hamas-Geiseln. | Bildquelle: picture alliance / epd-bild | Christian Ditsch

Bildquelle: picture alliance / epd-bild | Christian Ditsch

Die drei Intermezzi opus 117 von Johannes Brahms spielte Igor Levit für Alon Ohel und die anderen über 100 Menschen, die seit mehr als drei Monaten von der Hamas als Geiseln gehalten werden. Brahms hatte die drei Intermezzi die „Wiegenlieder [s]einer Schmerzen“ genannt. Entsprechend einfühlsam spielte Levit sie, die Augen geschlossen. "Empathie zu zeigen ist nichts, worauf man stolz sein kann. Es kostet keine große Mühe. Es ist nichts. Allenfalls das pure Minimum", sagte Igor Levit vor rund 230 Gästen. Aber wenigstens das, sein Mitgefühl, wolle er mit seinem Klavierspiel zum Ausdruck bringen, betonte er, der im November schon in einem Krankenhaus in Tel Aviv gespielt hatte und auch einen Solidaritätsabend der Kulturszene in Berlin initiiert hatte. Unter den Gästen waren unter anderem die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer, sowie der Autor und Psychologe Ahmad Mansour.

Mit dabei: Die Mutter eines entführten Pianisten

"You are not alone" steht in großen gelben Lettern auf dem Gelben Flügel. Ihr seid nicht allein. Eine Solidaritätsbekundung für die Geiseln und deren Angehörige. Allen voran: Idit Ohel, die Mutter von Alon Ohel - dem jungen, talentierten Pianisten, der auf dem Nova-Musikfestival in Israel war, als er vor 100 Tagen von dort verschleppt wurde. "Ich vermisse ihn so sehr", so sagt es Idit Ohel über ihren Sohn.

Wir müssen jetzt etwas tun.
Idit Ohel

Idit war es, die die Aktion "Das Gelbe Piano" ursprünglich ins Leben gerufen hat. In Tel Aviv, in Tokyo, in New York und Amsterdam. "Wir müssen jetzt etwas tun. Ich danke allen, die sich dafür einsetzen, dass die Geiseln freikommen. Bitte bemühen Sie sich weiter – bis mein Sohn und all die anderen Geiseln zurück zuhause sind. Aber die Zeit läuft ab." Bei diesen Worten stellte Idit Ohel symbolisch eine große Sanduhr auf das Klavier.

Der Schock sitzt tief seit dem 7. Oktober

Idit Ohel, Mutter des in Israel von der Hamas entführten Alon Ohl, und der Pianist Igor Levit stehen vor dem «Gelben Piano». | Bildquelle: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen Igor Levit und Idit Ohel. | Bildquelle: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen Hermann Parzinger, der Präsident Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der die James-Simon-Galerie gehört, betone, was am 7. Oktober geschehen sei, lasse uns noch immer unter Schock stehen. Auf den Tag genau 100 Tage sei es her, dass dieser "fürchterliche, menschenverachtende Angriff auf Menschen erfolgte, dass Menschen ermordet worden sind, vergewaltigt, verstümmelt, gefoltert, verschleppt. Und das ist der entscheidende Punkt: nur weil sie Jüdinnen und Juden sind. Ich glaube, das erinnert uns an die düstersten Zeiten unserer eigenen Geschichte. Und das ist das eigentlich Verheerende an diesem Tag."

Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte es gebe für den Überfall kein passendes Wort. Denn die Hamas wolle die völlige Vernichtung der Jüdinnen und Juden. In Israel, in Deutschland, überall auf der Welt. Und daraus mache die Terrororganisation auch kein Geheimnis. Jüdische Menschen erlebten derzeit einen Antisemitismus, wie es ihn seit 1945 nicht mehr gegeben habe, so Klein. "Ich bin sehr befremdet darüber, dass so viele Menschen in unserem Land hierzu schweigen, gerade auch aus dem Kunst- und Kulturbetrieb. Künstlerinnen und Künstler, die sich sonst zu vielen Themen zu Wort melden sind gerade erstaunlich still." Umso mehr wolle er Igor Levit danken für dessen Engagement.

Das Leid in Gaza bleibt unerwähnt

Die tödlichen Militärschläge, die seit dem Terroranschlag der Hamas Israel im Gazastreifen verübt, sie wurden bei der Veranstaltung nicht erwähnt. Nur indirekt ging der Israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, darauf ein als er betonte: "Wir haben die Pflicht, aber auch das Recht, unsere Bevölkerung zu verteidigen. Wir haben die Pflicht als demokratischer Staat, die Geiseln wieder alle nach Hause zu bringen. Was jetzt passieren muss, ist die Zerstörung der Hamas-Terrorinfrastruktur sowie ihrer Führungsebene. Beide Ziele, die Zerstörung von Hamas und die Befreiung der Geiseln, haben gleichermaßen oberste Priorität in Israel."

Solidarität zeigen am Gelben Piano

Bis zum 28. Januar wird das Gelbe Piano öffentlich im oberen Foyer der James-Simon-Galerie stehen. Alle, die die Aktion unterstützen und den Geiseln und deren Angehörigen Solidarität bekunden möchten, dürfen auf dem Flügel spielen. Und eines Tages werde auch Alon Ohel hier spielen, sagte Igor Levit – an Alons Mutter gerichtet. "Und nach seinem Auftritt werde ich Ihren Sohn bitten, mit mir 5 Minuten lang am Klavier zu improvisieren. Vierhändig." Er könne es kaum erwarten, mit Alon zu musizieren, so Levit.

Sendung: "Allegro" am 15. Januar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Montag, 15.Januar, 18:05 Uhr

Beate Schwärzler

Die israelischen Geiseln im Gaza-Streifen

Andere Menschen benutzen, - und hier auf besonders grausame Art -
Um sich zu rächen. Oder um Forderungen herauszupressen. -
Wissen Sie, lieber Igor Levit, das verschlägt mir die Sprache.
(Habe es, in abgewandelter Form, selbst erlebt.)
Solche Menschen dürfen nicht mehr, n i e mehr,
das Wort F R E I H E I T in den Mund nehmen.

Könnte ich noch beten...
Und hätte ich noch die Kraft dazu...

Mögen sie zurück nach Hause kommen.
Gesund. und Schnell !

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